Erzbistum KölnMitarbeiterin erstreitet wegweisendes Urteil gegen die Kirche

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Eine leitende Mitarbeiterin des Erzbistums Köln hat ein wegweisendes Urteil gegen ihren Arbeitgeber erstritten. Unser Bild zeigt den Dom vor dunklen Wolken.

Eine leitende Mitarbeiterin des Erzbistums Köln hat ein wegweisendes Urteil gegen ihren Arbeitgeber erstritten.

Das Landesarbeitsgericht Köln verurteilt das Erzbistum dazu, eine leitende Mitarbeiterin nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beschäftigen.

Eine leitende Mitarbeiterin des Erzbistums Köln hat ein wegweisendes Urteil gegen ihren Arbeitgeber erstritten. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln verurteilte das Erzbistum dazu, die Frau in ein beamtenähnliches Verhältnis zu übernehmen. Nach dieser besonderen Konstruktion im kirchlichen Arbeitsrecht genießt die Mitarbeiterin künftig bestimmte Vorzüge der Beamtenbesoldung wie zum Beispiel den Anspruch auf Pension.

Erzbistum Köln: Gericht hebt Urteil der Vorinstanz auf

Die 4. Kammer des LAG mit dem Vorsitzenden Richter Joachim Lennarz hob das Urteil der Vorinstanz vom August 2022, das dem Erzbistum recht gegeben und die Klage abgewiesen hatte, im wesentlichen Punkt auf. Auch die Kirche unterliege im Arbeitsrecht den Prinzipien des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes, führte die Kammer aus. Lennarz nannte dies den „Knackpunkt“ des Falls. Mehr als 40 andere Mitarbeitende des Erzbistums hätten auf Antrag den Beamtenstatus erhalten. Einen Sachgrund, ihn einzig der Klägerin vorzuenthalten, konnte das Erzbistum nicht vortragen.

Für die Kirche argumentierte Rechtsanwalt Axel Groeger mit einer – inzwischen geänderten – Bestimmung der kirchlichen Mitarbeiter-Ordnung, die jeweils auf den Einzelfall abhebe und damit „Anspruch vernichtenden Charakter“ habe. Dies beurteilte das Gericht anders. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu. (Az 4 Sa 371/23)

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Bundesarbeitsrichter a.D.: Mutiges Urteil mit weitreichenden Folgen

Der frühere Bundesarbeitsrichter Christoph Schmitz-Scholemann sprach von einem mutigen Urteil mit weitreichenden Folgen. „Es läuft darauf hinaus, dass die Gerichte die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsrechts auf die Kirche anwenden und deren eigene Bestimmungen daran messen.“ Schmitz-Scholemann verwies auch auf das Willkürverbot. Der Arbeitgeber könne nicht einerseits eine bestimmte betriebliche Übung pflegen und - wie hier - leitende Mitarbeitende - auf deren Wunsch regelmäßig mit dem Beamtenstatus versehen und sich dann andererseits auf eine Einzelfall-Regelung berufen. 

In der Verhandlung berichtete Kläger-Anwältin Maren Henseler über ein Angebot des neuen Amtsleiters Frank Hüppelshäuser, ihrer Mandantin in der neuen Führungsstruktur des Generalvikariats einen Leitungsposten zu geben. Dafür müsse sie aber ihre Klage fallen lassen. Das Gericht und Bistumsvertreter Groeger gingen auf den Vorschlag eines solchen Deals nicht weiter ein.

Kuriosum vor Gericht: Prozessvertreter des Erzbistums Kölns wurde vor Kurzem verbeamtet

Kuriosum: Als Prozessvertreter des Erzbistums saß der Klägerin ein Kollege gegenüber, der selbst erst unlängst in den Genuss des Beamtenstatus gekommen war. Anwältin Henseler zeigte sich darüber verwundert, weil der Mann immerhin auch als potenzieller Zeuge in Frage gekommen wäre. Bistumsanwalt Groeger hob darauf ab, dass das Bistum im einen wie im anderen Fall erst gar nicht anfangen wolle, in die persönlichen Details zu gehen.

Bei allem Pochen auf den Einzelfall war Groeger erkennbar bemüht, gerade keine Einzelfälle darzulegen. „Wir vermissen einen Sachvortrag“, monierte Richter Lennarz an die Bistumsvertreter gewandt. Welche Abwägungen es – wenn überhaupt - gegeben habe, der Klägerin den Beamtenstatus nicht zu gewähren. „Das müsste man vergangene Generalvikare fragen“, antwortete Groeger. Dazu gebe es nichts Schriftliches. Er könne sich aber ein gewisses „Sounding“ vorstellen - eine Art Stimmungs- oder Gefühlslage, nach der Personalien auch in anderen Unternehmen entschieden würden.

Der Verzicht auf nähere Ausführungen zur Sache sei jedenfalls kein Versehen und auch kein Mauern, versicherte Groeger. Er kenne vielmehr die Motivation gar nicht, aus der heraus das Erzbistum dem Wunsch der Klägerin nicht entsprochen habe, und werde dazu auch „bewusst nichts vortragen“. Insbesondere, so Groeger weiter, „werden wir nichts Negatives über die Klägerin äußern“.

Erzbistum Köln: Mitarbeiterin erhält nachträglich höhere Bezüge nach Urteil

Relevant für die Beurteilung der Klage sei allein, dass „eine Person aufseiten des Bistums“ jeweils Einzelfallentscheidungen über eine Verbeamtung treffe – und dass dies durch die Mitarbeiter-Ordnung gedeckt sei. Die Übernahme in ein beamtenähnliches Verhältnis „ bedeutet viel – für die Klägerin, aber auch für das beklagte Erzbistum“, betonte Groeger. Ein Punkt, in dem ihm am Ende alle Prozessbeteiligten Recht geben dürften.

Das Erzbistum muss der Klägerin neben einer Änderung ihres Arbeitsvertrages auch entgangene höhere Bezüge ab dem 1. Januar 2021 nachzahlen. In einem nachgeordneten Punkt gab das Gericht der Berufung nicht statt: Es lehnte den Antrag der Klägerin auf Eingruppierung in der höchsten Besoldungsstufe ab. Das Erzbistum kann stattdessen zwei Stufen darunter bleiben.

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