Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Fraktions-Verhandlungen laufen„Deshalb kann ich mich nicht einfach so den Grünen anschließen“

30.04.2024, Köln: Die Fassade des Historischen Rathauses ist maroder als gedacht. Die Stadt will daher die Sicherungsmaßnahmen an der Gebäudefassade ausweiten und weitere Fangnetze installieren. Ohne Termin. Foto aktuell. Foto: Arton Krasniqi

Das Kölner Rathaus am Alter Markt in der Altstadt

Bis zur ersten Ratssitzung am 6. November soll feststehen, ob und welches Bündnis es geben wird. 

Dreieinhalb Wochen nach der Kommunalwahl am 14. September und anderthalb Wochen nach der Oberbürgermeister-Stichwahl am 28. September ist noch immer unklar, ob sich im Stadtrat eine Mehrheit der Fraktionen zu einem festen Bündnis zusammenschließt oder es möglicherweise nur ein Zweckbündnis für den städtischen Haushalt und die wichtigen Personalien geben wird.

Die Gespräche zwischen den Politikerinnen und Politikern laufen in dieser Woche weiter. „Die Lage der Ratssitze der verschiedenen Parteien ist wirklich komplex“, sagt Claudia Walther, Co-Chefin der Kölner SPD: „Daher wird es noch zahlreiche Gespräche geben müssen. Das wird aber irgendwie klappen.“ Die meisten Mitglieder des Stadtrats und die Parteichefs engagieren sich fast ausschließlich ehrenamtlich und müssen tagsüber in ihren jeweiligen Jobs arbeiten. Zeit für Sondierungstreffen ist daher während der Woche vor allem in den Abendstunden. Erschwerend hinzu kommt, dass einige Ratsmitglieder in dieser Woche nach München gereist waren, um die Immobilienmesse Expo Real und den Kölner Stand dort zu besuchen.

Wie zu erfahren war, werden sich Grüne, SPD und CDU noch vor dem Wochenende zu weiteren Gesprächen treffen. Für die erste Woche der Herbstferien, die am kommenden Montag (13. Oktober) beginnen, haben die Fraktionsgeschäftsführer hingegen eine Pause verabredet. In der zweiten Ferienwoche wollen sie die Sondierungen fortsetzen. 

Kölns Oberbürgermeister ist auf Mehrheiten im Stadtrat angewiesen

Da der Stadtrat in Nordrhein-Westfalen über eine sogenannte Allzuständigkeit verfügt, also über sämtliche wichtigen Angelegenheiten der Stadt entscheidet, sind Mehrheiten im Stadtrat essenziell, um Entscheidungen treffen zu können. Auch der direkt gewählte Oberbürgermeister kann als Chef der Verwaltung und Vorsitzender des Stadtrats ohne Mehrheiten nur wenig ausrichten. 

Grüne und CDU hatten in den vergangenen zehn Jahren gemeinsam ein Mehrheitsbündnis gebildet, zuletzt unterstützt von der Volt-Fraktion. Da beide gemeinsam die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker unterstützten, entstand zumindest in der Theorie eine Konstellation, die Entscheidungen herbeiführen konnte. Tatsächlich waren sich die Fraktionen von Grünen und CDU zuletzt oft uneins und auch jetzt ist ihr Verhältnis dem Vernehmen nach nicht ungetrübt.  

Derzeit mehren sich die Anzeichen, dass der designierte SPD-Oberbürgermeister Torsten Burmester und die SPD-Ratsfraktion unter Führung von Christian Joisten mit wechselnden Mehrheiten arbeiten und nur für Haushalt und Personal auf ein fest vereinbartes Bündnis setzen könnten. Gesprochen wird dennoch erstmal mit allen demokratischen Parteien. „Es gibt ja verschiedene Optionen. Eine davon sind wechselnde Mehrheiten“, sagt Walther, „wir sind bisher noch überhaupt nicht festgelegt“. Die Gespräche erlebe sie bislang als „konstruktiv und offen, alle haben mehrere Optionen im Kopf“. Joisten sagt: „Es schließt bislang niemand etwas aus und alle sind sich ihrer Verantwortung bewusst.“ Auch Volt präferiert wechselnde Mehrheiten, ist aber offen für Gespräche.

Grüne wollen weiter Kernbündnis im Stadtrat bilden

Die Grünen bemühen sich weiterhin darum, mit der SPD ein Kernbündnis zu bilden. „Wir Grünen als stärkste Fraktion und die SPD, die den Oberbürgermeister stellt, haben eine besondere Rolle. Von uns wird erwartet, dass wir die Verantwortung für eine Mehrheitsbildung übernehmen“, sagt Fraktionschefin Christiane Martin. Wer darüber hinaus zu welchen Konditionen zur Zusammenarbeit bereit sei, müsse in weiteren Gesprächen ausgelotet werden.

Bei den bisherigen Treffen ist es dem Vernehmen nach noch nicht um konkrete Inhalte und Konfliktthemen gegangen, das soll sich jetzt ändern, um auszuloten, in welche Richtung es geht: Festes Bündnis oder wechselnde Mehrheiten. Zumindest das könnte bis zur konstituierenden Ratssitzung am 6. November möglicherweise geklärt sein. Wenn es nach der SPD geht, steht bis dahin sogar schon fest, welches Bündnis, sei es ein festes oder eines für Haushalt und Personal, es werden soll. Danach wolle man sich dann mit den Details befassen.  

Auch aus der CDU ist zu hören, dass im Idealfall nach einer kurzen Herbstpause bis zur ersten Sitzung des neuen Rates Eckpunkte einer Einigung mit möglichen Bündnispartnern stehen – wenn die CDU denn Teil eines neuen Bündnisses ist, was aber einige Vertreter anstreben. CDU-Parteivize Florian Braun wollte sich aktuell öffentlich nicht äußern.

Zunächst tagt in drei Wochen die 18-köpfige Fraktion in einer Klausurtagung am 31. Oktober/1. November, eine Woche später folgt der erweiterte Parteivorstand mit einer Klausur am 7./8. November. 

Die Linke war bislang noch nicht in Gespräche mit anderen Parteien eingestiegen, dazu will sie diese Woche erst formell eine Verhandlungsgruppe per interner Abstimmung beauftragen.

Peter Jüde von Gut und Klima-Freunde will im Kölner Stadtrat Einzelmandatsträger bleiben

Im neuen Kölner Rat sitzen zwei Mitglieder, die jeweils als einzige für ihre Wählergruppe ein Mandat gewonnen haben: Roberto Campione für die Kölner Stadtgesellschaft und Peter Jüde für Gut und Klima-Freunde. Campione schloss sich bereits mit der FDP zu einer Fraktion zusammen. Jüde hingegen sagte der Redaktion, er wolle Einzelmandatsträger bleiben. Mit etwa den Grünen hätte er inhaltliche Schnittmengen, aber er ist Sprecher des „Bündnis für die Felder“ in Neubrück und vertrat im Wahlkampf die Position, die dortigen Felder am Rather See nicht bebauen zu wollen. Die Grünen haben sich nach Jüdes Ansicht nicht ausreichend gegen diese Bebauung positioniert. Er sagt, „deshalb kann ich mich nicht einfach so den Grünen anschließen“.

Wann ein Mehrheitsbündnis im Stadtrat seine Zusammenarbeit beschließt, hängt von der Dauer der Verhandlungen ab. Im Corona-Winter 2020/2021 stellten Grüne, CDU und Volt ihren Kooperationsvertrag am 17. Februar 2021 vor – fünf Monate nach der Wahl. Formal stimmten die drei jeweiligen Parteien dem Bündnis erst am 6. März auf Parteitagen zu. Einig sind sich alle darin, dass es dieses Mal schneller gehen soll.