Gravierende MängelKölner Polizei legt zwei schrottreife Schulbusse still

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Der marode Schulbus

Der marode Schulbus

Köln – Wer die Fotos der verrosteten Karosserie betrachtet und dazu die zweiseitige Mängelliste des Tüv Rheinland liest, muss keine Ahnung von Autos haben, um zu verstehen, dass dieser Bus eher in die Schrottpresse gehört als auf die Straße.

Tragende Teile des Busses neben dem Radkasten sind an manchen Stellen komplett durchgerostet

Tragende Teile des Busses neben dem Radkasten sind an manchen Stellen komplett durchgerostet

Dennoch brachte ein Fahrer vorigen Dienstag mit dem 32-Sitzer eine ganze Schulklasse zum Schwimmunterricht ins Ossendorfbad. Dort geriet der Fahrer gegen zehn Uhr zufällig in eine Polizeikontrolle. Die Beamten legten den Bus sofort still, dem Fahrer und dem Unternehmer droht ein Bußgeld – und nun ermittelt nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ auch noch die Staatsanwaltschaft. Der Verdacht: „mittelbare Falschbeurkundung“.

Gravierende Mängel

Die Polizisten halten es schlicht für undenkbar, dass die gravierenden Mängel bei der letzten Hauptuntersuchung im Dezember nicht aufgefallen sein sollen. „Andererseits können diese massiven Schäden auch nicht erst im vergangenen halben Jahr entstanden sein“, sagt ein Beamter.

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Hat der zuständige Prüfingenieur dem Bus also im Dezember etwa trotz dessen desolaten Zustands eine gültige Plakette verpasst? Falls ja, warum? Hat er dafür womöglich Geld bekommen? Wenn ja, von wem? All diese Fragen müssen Polizei und Staatsanwaltschaft jetzt klären.

Zweiter Fall

Die Behörden ermitteln noch in einem zweiten, ganz ähnlichen Fall: Am 11. Juni zog die Polizei in Widdersdorf einen voll besetzten Schulbus aus dem Verkehr. Auch er wies schwere Mängel auf, 63 insgesamt. Auch er wurde wegen Verkehrsuntauglichkeit stillgelegt, obwohl er im Oktober 2017 die letzte Hauptuntersuchung bestanden hatte.

Rost am Unterboden

Rost am Unterboden

Die wiederkehrende Hauptuntersuchung (HU) von Fahrzeugen nehmen in Deutschland außer dem Tüv noch weitere staatlich anerkannte Prüforganisationen ab. Eine ist die Gesellschaft für Technische Überwachung GTÜ mit Sitz in Stuttgart. Sie hat die beiden Kölner Busse seinerzeit begutachtet.

Eine gebrochene Manschette

Eine gebrochene Manschette

„Wir müssen die Vorwürfe natürlich erst innerbetrieblich aufarbeiten und überprüfen“, sagt Axel Sprenger, stellvertretenden technischer Leiter und Verantwortlicher des Qualitätsmanagements bei GTÜ in NRW. „Sollten sie sich bewahrheiten, wäre ich fassungslos. Obwohl ja auch die Betreiber der Busse hier mit in der Pflicht sind, wäre es sehr betrüblich, wenn wir hier Fehler gemacht hätten.“

Nachdem die Polizisten den Bus am Dienstag vor dem Schwimmbad stillgelegt hatten, ließen sie ihn von Experten des TÜV Rheinland untersuchen. Die zählen in ihrem Bericht 60 teils gravierende Mängel auf. „Tragende Teile mitte links durchgerostet mit unmittelbarer Verkehrsgefährdung“ heißt es zum Beispiel in dem Dokument. Oder: „Bodengruppe mitte stark beschädigt – Struktur instabil“. Oder auch: „Batterie Polabdeckung fehlt – Kurzschlussgefahr.“ Im Ergebnis kommen die Prüfer zum Ergebnis: „verkehrsunsicher“. Der Betreiber muss die Mängel beheben oder den Bus verschrotten lassen.

Betreiber ist nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ eines von mehreren privaten Unternehmen, die im Auftrag der Stadtverwaltung unterwegs sind. Organisiert sind diese Unternehmen in der Kölner Schulbusverkehr GmbH (KSV), die zu 51 Prozent den Kölner Verkehrs-Betrieben gehört. Die übrigen Anteile hält die IG Kölner Busunternehmen GmbH. Die Firma organisiert mit Hilfe von Subunternehmen im Auftrag der Stadtverwaltung den Bustransport von Schülern. Verwaltung und Organisation der Aufträge erledigen die Verkehrs-Betriebe, Busse und Fahrer werden von den Unternehmen gestellt. Zum Vorfall in Ossendorf sagt KVB-Sprecher Matthias Pesch: „Der Unternehmer bekommt eine Abmahnung von uns.“

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Es waren offenbar nicht die ersten Vertragsverstöße der KSV. Stadtsprecherin Inge Schürmann: „Wir nehmen die jüngsten Prüfungen zum Anlass, kurzfristig einen Gesprächstermin mit den Geschäftsführern der KSV zu vereinbaren.“ Die Verwaltung wolle sicherstellen, dass die KSV ihre Subunternehmer besser kontrolliert. „Unabhängig davon prüfen wir, wie hoch diesmal die Vertragsstrafe ausfallen wird.“ Ratsherr Walter Wortmann von den Freien Wählern spricht von einer „ungeheuren Schlamperei“. Er fordert die Stadtverwaltung auf, den Vertrag mit der KSV zu kündigen und neu auszuschreiben.

Obwohl die Polizei immer wieder auch auf Extremfälle wie in Ossendorf und Widdersdorf stößt, weist doch die Masse der Reisebusse offenbar keine oder nur kleinere Mängel auf. Etwa jeder zehnte, so die Polizei, gebe Anlass zu Beanstandungen.

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