Reker gegen KossiskiWarum die OB-Stichwahl auch entscheidend für das Ratsbündnis ist

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Andreas Kossiski und Henriette Reker beim Duell im Neubaugebiet Widdersdorf-Süd

  • Am Sonntag stehen sich Andreas Kossiski und Henriette Reker bei der Stichwahl um das OB-Amt in Köln gegenüber.
  • Die Wahl ist aber nicht nur eine Abstimmung über das künftige Stadtoberhaupt, sondern auch über ein mögliches neues Ratsbündnis.
  • Denn weder Grün-Rot, noch Grün-Schwarz haben derzeit eine Mehrheit – erst die OB-Stimme wird den Ausschlag geben.

Köln – Die Stichwahl am kommenden Sonntag wird darüber entscheiden, wer in den nächsten fünf Jahren als Oberbürgermeisterin oder Oberbürgermeister an der Spitze der Stadtverwaltung stehen wird. Der Wahlausgang wird darüber hinaus eine entscheidende Auswirkung darauf haben, welche Bündnisse sich im neuen Stadtrat bilden werden. Die Grünen benötigen als stärkste Fraktion mindestens einen Partner, um über eine stabile Mehrheit für wichtige Entscheidungen zu verfügen.

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Doch weder mit der SPD noch mit der CDU reicht es dafür – erst die Stimme der Oberbürgermeisterin oder des Oberbürgermeisters wird den Ausschlag geben. Ohne die OB-Stimme würden die Grünen hingegen einen dritten Partner für eine Kooperation gewinnen müssen. Ein Überblick über die möglichen Konstellationen, die sich bis zur ersten Ratssitzung am 5. November zusammenfinden könnten.

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Grüne-CDU-Reker

Auch wenn das Bündnis die gleichen Farben hätte wie in den vergangenen fünf Jahren, wäre es mehr als eine simple Neuauflage. Denn die Kräfte im Stadtrat haben sich im Vergleich zu 2014 deutlich verschoben. Lag damals die CDU mit 24 Sitzen noch deutlich vor den Grünen (18 Sitze), ist die Union seit dem Wahlsonntag 2020 nur noch dritte Kraft hinter den Grünen und der SPD. In einer Neuauflage wäre die CDU also der kleinere Partner. Das dürfte dafür sorgen, dass die Verhandlungen über ein erneutes Ratsbündnis aus Sicht der CDU nicht gerade ein Selbstläufer werden. Ziemlich sicher wären vor allem beim Verkehr und beim Klimaschutz größere Zugeständnisse der Union erforderlich als bisher.

Wesentlich für ein gutes Gelingen ist zudem die persönliche Komponente. Können die Protagonisten beider Parteien miteinander? CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau und Christiane Martin, die neue Frau an der Spitze der grünen Ratsfraktion, müssen sich erst kennenlernen – Martin betrieb Politik bislang in der Bezirksvertretung Ehrenfeld. Unabdingbar für ein Gelingen ist, dass die beiden schnell belastbare Formen der Zusammenarbeit entwickeln. Und: Nicht nur Martin sitzt erstmals im Stadtrat, sondern auch der größere Teil ihrer Fraktion besteht aus Neulingen. Bindungen zu den Kollegen der vergleichsweise etablierten CDU-Fraktion müssten also auch auf dieser Ebene erst einmal geknüpft werden.

Grüne-SPD-Kossiski

Sollte SPD-Oberbürgermeisterkandidat Andreas Kossiski die Stichwahl für sich entscheiden, wäre die SPD automatisch ein realistischer Bündnispartner. Als größte Fraktion im Stadtrat gegen den Oberbürgermeister zu arbeiten, wäre wohl kaum sinnvoll. Dem Vernehmen nach gab es bereits erste, lockere Gespräche, um sich kennenzulernen.

In vielen Bereichen wäre eine Zusammenarbeit zwischen Grün und Rot sicher problemlos denkbar, wenngleich beide auch deutlich unterschiedliche Positionen vertreten. So wollen die Grünen die Versiegelung weiterer Flächen verhindern, während die SPD möglichst viele neue Wohnungen bauen lassen will. Beide Ziele sind durchaus vereinbar, erfordern aber auch viele Kompromisse. Auch bei der Frage, ob die Stadtbahntrasse auf der Ost-West-Achse zwischen Heumarkt und Aachener Weiher oberirdisch oder unterirdisch ausgebaut werden soll, ist man unterschiedlicher Ansicht. Die Grünen wollen oben bleiben, die SPD will einen Tunnel. Der identische Konflikt besteht allerdings auch bei einem Bündnis der Grünen mit der CDU, die ebenfalls einen Tunnel unter der Aachener Straße favorisiert.

Schwieriger wird es im zwischenmenschlichen Bereich. Seit das einstige rot-grüne Ratsbündnis beendet ist, herrscht zwischen vielen Grünen und Sozialdemokraten eine vergiftete Atmosphäre. Ein Neuanfang wäre wohl nur denkbar, wenn die Fraktionen von neuen Gesichtern angeführt werden. Bei den Grünen ist das mit Fraktionschefin Christiane Martin und Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer der Fall. Bei der SPD hängt viel davon ab, ob Christian Joisten Fraktionschef bleibt oder von Parteichefin Christiane Jäger abgelöst wird, die erstmals der SPD-Fraktion angehört. Eine Entscheidung fällt in der kommenden Woche nach der Stichwahl.

Bündnisse mit einem dritten Partner

Um sich nicht von der Stimme der künftigen Oberbürgermeisterin oder des künftigen Oberbürgermeisters abhängig zu machen, wäre es auch möglich, einen dritten Partner wie etwa die neue Volt-Fraktion an Bord zu holen. Das gilt allerdings als unwahrscheinlich, da die neuen, jungen Ratsmitglieder von Volt noch zu unbekannt und unerfahren sind, um direkt eine so große Verantwortung zu übernehmen.

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