Urteil am Landgericht Köln„Folter-WG in Höhenberg“: Lebenslange Haftstrafen für drei Beschuldigte

Lesezeit 3 Minuten
12.12.2023, Nordrhein-Westfalen, Köln: Die Angeklagten warten mit ihren Rechtsanwälten auf den Beginn des Prozesses. Zwei Männer und zwei Frauen sollen eine WG-Mitbewohnerin über Wochen geschlagen, gequält und gedemütigt haben.

Wie eine Sklavin sollen Mitbewohner eine Frau in Köln-Höhenberg behandelt haben. Die Frau starb. Nun endete der Prozess am Landgericht.

Wie eine Sklavin sollen Mitbewohner eine Frau in Köln-Höhenberg behandelt haben. Die Frau starb. Nun endete der Prozess am Landgericht.

Mit drei Verurteilungen wegen Mordes an ihrer Mitbewohnerin endete am Montag vor dem Landgericht der spektakuläre Prozess um die sogenannte „Folter-WG von Höhenberg“. Neben lebenslangen Haftstrafen verhängte die Schwurgerichtskammer für zwei Beschuldigte noch die Sicherungsverwahrung. Richterin Sabine Kretzschmar äußerte ihr Entsetzen darüber, dass „Menschen sich solche Gewalthandlungen ausdenken und in die Tat umsetzen können“.

Köln-Höhenberg: Mitbewohnerin gedemütigt und misshandelt

„Am Ende des Verfahrens blickt die Kammer auf ein Geschehen, das einen menschlichen Abgrund offenbart“, sagte Richterin Kretzschmar. Ein Mensch sei zu Tode gequält worden. Über mehrere Tage hätten die Mitbewohner das 21-jährige Opfer gedemütigt und misshandelt. Die zierliche Frau habe um Erlaubnis bitten müssen, wenn sie duschen oder auf die Toilette gehen wollte. Auch die Nutzung von Hygieneartikeln während ihrer Periode sei ihr untersagt worden.

„Die Geschädigte musste auf den Boden urinieren und den Urin aufwischen“, sagte die Richterin. Auch habe sie mehrfach den Boden ablecken müssen. Die 21-Jährige war laut Urteil mehrfach an den Haaren durch die Wohnung gezogen worden. Immer heftiger sei auf die Geschädigte eingewirkt worden. Die Frau sei immer wieder geschlagen und mit Stahlkappenschuhen getreten worden, die Folge waren Knochenbrüche und Hämatome im Gesicht und am ganzen Körper.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

Köln: Auch großer Flüssigkeitsmangel führte zum Tod

Einen möglichen Tod der Frau hätten drei der Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommen. Zum Versterben des Opfers hatte vor allem der große Flüssigkeitsmangel beigetragen, dem auch die Aufnahme von Wasser und Nahrungsmitteln verweigert worden sei. Nach einem Polizeieinsatz konnte die Geschädigte zwar schwer verletzt aus der Wohnung gerettet werden. Die Nieren waren aber so sehr geschädigt, dass die Frau Wochen später im Krankenhaus an den Folgen verstarb.

Auch der Ex-Freund der Verstorbenen hatte sich an den Misshandlungen beteiligt. Der an einer Intelligenzminderung leidende Angeklagte sei aber ebenfalls ein Opfer, so hatte es Verteidiger Ingo Lindemann formuliert. Richterin Kretzschmar sagte, die übrigen Mitbewohner hätten ihn gegen seine Lebensgefährtin aufgehetzt und behauptet, diese habe ihn „jahrelang verarscht“. Dann sei er auch selbst misshandelt worden. Der Mann erhielt lediglich eine Strafe wegen gefährlicher Körperverletzung, muss viereinhalb Jahre in Haft.

Köln: Übrige Angeklagte wollten die Wohnung übernehmen

Erst kurz zuvor hatten die drei übrigen Angeklagten die Wohnung in Höhenberg bezogen, das spätere Todesopfer und ihr Freund lebten dort bereits. Durch einen Freundschaftsdienst seien die zwei Frauen und der Mann in der Wohnung aufgenommen worden, dann hätten sie die Kontrolle übernommen, den Bewohnern das Schlafzimmer genommen.

Die beiden mussten fortan in der Küche auf einer kleinen Couch und auf dem Boden schlafen. Die Angeklagten hätten ausgenutzt, dass die eigentlichen Bewohner ihnen geistig komplett unterlegen gewesen seien. Letztlich hätten sie dem Freund der Toten alles in die Schuhe schieben wollen.

Das Geschehen datiert aus dem April 2020. Die Beteiligten blieben auf freiem Fuß, auch weil es widersprüchliche Angaben der Beteiligten gab. Das Verfahren lag lange unbearbeitet bei der Kölner Justiz. In der Zwischenzeit nisteten sich zwei der nun wegen Mordes Verurteilten abermals in einer Wohnung ein, wieder kam es zu Misshandlungen. Dafür kassierte das Paar bereits dreieinhalb Jahre Gefängnis. Ein Urteil in einem weiteren Fall ist noch nicht rechtskräftig. Aufgrund der neuen Geschehnisse liegt die Voraussetzung zur Verhängung der Sicherungsverwahrung vor.

Mit dem Urteilsspruch wurde auch die bis zuletzt auf freiem Fuß befindliche Angeklagte verhaftet. Daraufhin brach sie in Tränen aus.

KStA abonnieren