Kölnerin starb an VerletzungenWG-Mitglieder sollen Mitbewohnerin gequält haben – wie Sklavin behandelt

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Das Medieninteresse war groß beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht.

Das Medieninteresse war groß beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht.

Wie eine Sklavin sollen Mitbewohner eine junge Frau in Höhenberg behandelt haben. Die 21-Jährige erlitt schwerste Verletzungen und starb. Nun startete der Prozess.

Eine junge Frau will sich von ihrem Freund trennen und erlebt danach ein Martyrium, das sie am Ende nicht überlebt. Der schreckliche Fall spielte sich laut Anklage der Staatsanwaltschaft in Köln-Höhenberg ab. Dem ehemaligen Lebensgefährten und drei weiteren Personen wird seit Dienstag vor dem Landgericht der Prozess gemacht, ihnen wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Zuletzt sollen sie das spätere Opfer wie eine Sklavin behandelt und immer weiter gedemütigt haben.

Köln: Freund soll nach Trennungsverkündung ausgerastet sein

Als Hauptbeschuldigter gilt der 28-jährige Sven K., der nach der Trennungsverkündung völlig ausgerastet sein soll. Mehrfach soll er die 21-Jährige geschlagen und getreten haben, „mal mit einem Besenstil oder mit meinen Arbeitsschuhen“, so soll er es später selbst gegenüber Polizisten geäußert haben. Beteiligt an den körperlichen Übergriffen sollen sich auch die drei Mitbewohner in dieser Wohngemeinschaft haben, etwa, als das Opfer gewürgt oder in den Unterleib getreten worden sei.

„Alle schlugen mit Hundeleinen auf die Geschädigte ein“, so die Staatsanwältin über die vier Angeklagten. Das Opfer erlitt Knochenbrüche, hatte großflächige Hämatome am ganzen Körper. Einen Arzt habe niemand gerufen. Stattdessen sei die Frau gedemütigt worden. „Sie musste um Erlaubnis bitten, wenn sie Essen, Trinken oder auf Toilette gehen wollte“, heißt es in der Anklage. Auch habe die junge Frau sich vor den Mitbewohnern niederknien und den Boden ablecken müssen.

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Köln: Polizisten finden schwer verletzte Frau

Dass es der 21-Jährigen – laut Anklage wurde ihr auch das Handy abgenommen – gesundheitlich immer schlechter ging, hat die Mitbewohner offenbar nicht gekümmert. Die Taten fielen erst auf, nachdem eine Bekannte des Opfers die Polizei eingeschaltet hatte. Polizisten suchten daraufhin die Wohnanschrift des wegen Drogenkonsums bekannten Sven K. auf. Auf einem Sofa in der Wohnküche der Wohnung, unter einer Wolldecke liegend, fanden sie die schwer malträtierte Frau.

„Ich habe gar keine Bewegungen wahrgenommen, sie war augenscheinlich schwer verletzt“, schilderte ein Beamter im Zeugenstand. Die Gesichtsfarbe der Frau beschrieb er mit lila-blau. Das Opfer habe völlig lethargisch reagiert, habe sich nicht äußern können. Eine Polizistin drückte es so aus: „Als ich die Dame gesehen habe, war ich total schockiert, sie war in einem miserablen Zustand.“ Das Ausmaß der Verletzungen konnten die Prozessbeobachter in Saal 7 des Landgerichts sehen.

Große Hämatome im Gesicht und am ganzen Körper

Fotos zeigten die Frau kurz nach der Entdeckung durch die Polizisten, das Gesicht war völlig zugeschwollen, große blaue Flecke fanden sich auch an den Knien. Die Beamten verständigten den Notarzt, die Frau wurde operiert und kam auf die Intensivstation. Im Krankenhaus verschlechterte sich der Zustand der 21-Jährigen, sie lag mehrfach im Koma, verstarb wenige Wochen später. Ein behandelnder Arzt sprach im Zeugenstand von einem akuten Nieren- und Lungenversagen.

Nach seiner Festnahme sei der Ex-Freund in Tränen ausgebrochen und habe gestanden, die Frau viele Male attackiert zu haben. „Ich liebe sie so sehr und bin ausgerastet“, habe er gesagt. Sven K. hatte auch selbst erhebliche Verletzungen im Gesicht, womöglich zugefügt von den Mitbewohnern. Verteidiger Ingo Lindemann sagte, diese hätten die Kontrolle übernommen und K. völlig manipuliert. Aussagen wolle der Angeklagte vor Gericht nicht, das ließen dessen geistigen Fähigkeiten nicht zu.

Fall aus April 2020 ruhte lange bei der Kölner Justiz

Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts steht vor der schwierigen Aufgabe, den einzelnen Angeklagten konkrete Tathandlungen zuzuweisen. Diese undurchsichtige Ausgangslage hatte nach den Vorfällen im April 2020 schon dafür gesorgt, dass keiner der Beteiligten in Untersuchungshaft gekommen war. Dies führte dazu, dass das Verfahren jahrelang beim überlasteten Kölner Schwurgericht lag. Denn Haftsachen, also Fälle, in denen ein Haftbefehl vorliegt, müssen vorrangig bearbeitet werden.

Zwei der Angeklagten sollen im Ruhrgebiet ähnliche Taten begangen haben. Sie wurden zuletzt vor dem Landgericht Essen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Nun droht ihnen in Köln ein erheblicher Strafaufschlag. Die Verteidiger hatten zum Prozessauftakt ein sogenanntes Rechtsgespräch vorgeschlagen, um mögliche Strafhöhen auszuloten. Darauf ging Richterin Sabine Kretzschmar nicht ein. Zielführender sei es, einfach „zu gestehen, wenn es etwas zu gestehen gibt“.

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