„Machen uns das Leben schwer“Kölner Karnevalisten klagen über Festkomitee und Kommerz

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Rolf Pieper und Karsten Kircher von den Lyskircher Junge mit Ludwig Sebus.

Köln – Kann man in Zeiten von Corona, Krieg, Inflation und Energiekrise Karneval feiern? Und – können sich die Menschen den Karneval überhaupt noch leisten? Rund einen Monat vor dem Sessionsauftakt am 11.11. haben die Lyskircher Junge sich diese Fragen gestellt. Die Antwort liegt in einer, für jetzige Zeiten, ungewöhnlichen Methode: Einer drastischen Preissenkung für die eigene Veranstaltung am 11.11. im Lindner Hotel mit Kasalla, Kempes Feinest und Lupo.

„Die Vorverkäufe laufen schleppend, die Menschen haben viele Ängste. Es ist schwer, die Leute aktuell für den Karneval zu begeistern“, sagte Vize-Präsident Rolf Pieper bei der angesetzten Pressekonferenz. „Wir wollen möglichst vielen Menschen den Karneval ermöglichen und das Brauchtum stärken. Deshalb halbieren wir den Eintrittspreis von rund 30 auf 15 Euro.“

Kölner Karneval: So kostengünstig wie möglich

Die üblich aufgerufenen Ticketpreise passten immer weniger in die finanziellen Möglichkeiten vieler Haushalte, sagte auch Präsident Karsten Kircher. „Das fängt schon beim Kölsch in den Sälen an, das oftmals bereits über drei Euro kostet. Wir versuchen, alles so kostengünstig wie möglich zu halten.“

Als besonderen Dank für ihre Arbeit in der Corona-Pandemie vergeben die Lyskircher Jung außerdem 111 Karten an Beschäftigte aus Kliniken, Pflege- oder Altenheimen. „Zum Dank zu Klatschen hat nichts gebracht. Wir wollen so etwas zurückgeben“, so Kircher. Außerdem verlosen die Lyskircher Junge an ein Kind zwischen acht und 16 Jahren einen Platz auf ihrem Wagen im Rosenmontagszug. Als Karnevalsgesellschaft demonstriere man so auch, dass der wirtschaftliche Aspekt nicht im Vordergrund stehe. 

Große Kritik an kommerziellen Veranstaltern und Festkomitee

Ein deutlicher Seitenhieb in Richtung kommerzielle Veranstalter, die besonders in den vergangenen zwei Jahren verstärkt in den Karneval gedrungen sind. „Die machen uns das Leben schwer“, sagte Pieper. Nicht nur könnten die kommerziellen Veranstalter viel höhere Werbebudgets aufbringen, mit denen kleine und mittlere Gesellschaften nicht mehr mithalten können. 

Es ist auch ein Kampf um die besten Daten und die besten Orte entbrannt. „In der letzten Session haben wir innerhalb von drei Wochen eine Sitzung im Dorint-Hotel auf die Beine gestellt, die super angenommen wurde. Nun hat sich den Karnevalssamstag in der Hofburg ein kommerzieller Veranstalter gesichert. Vom Festkomitee kommt keine Unterstützung“, so Pieper. 

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Lyskircher-Junge-Präsident Kircher ergänzt: „Man spricht mit drei, vier Leuten beim Festkomitee, und es kommt nichts zurück. Dass an einem ehrträchtigen Tag wie dem Karnevalssamstag ein kommerzieller Veranstalter in die Hofburg kommt, ist fatal. Das würden wir auch so sehen, wenn es nicht um uns, sondern eine andere Gesellschaft gehen würde.“

Festkomitee hat Verständnis für Dorint

Das Festkomitee sagte auf Anfrage des Kölner Stadt-Anzeigers: „Soweit wir wissen, ist von Seiten der Lyskircher keine ordentliche Buchung für den kommenden Karnevalssamstag, den die Gesellschaft 2022 erstmals belegt hatte, erfolgt. Dass der Raum auf Anfrage dann anderweitig vergeben wird, ist ein völlig normaler Vorgang. Das Dorint ist ein starker Partner des Karnevals, aber eben auch ein wirtschaftliches Unternehmen. Dafür haben wir als Festkomitee Verständnis, auch wenn wir uns insgesamt natürlich weniger Kommerz und mehr Brauchtum wünschen. Den Lyskirchern wurde aber bereits vor Wochen angeboten, den Termin ab 2024 wieder zu übernehmen.“

Karnevalslegende Ludwig Sebus beobachtet die Entwicklung kritisch. „Der Karneval ist auf dem Prüfstand. Fastelovend hat immer von den Amateuren gelebt.“ Die Preissenkung ist nun ein Versuch seitens der Lyskircher Junge, die Feiernden wieder zu den Gesellschaften zu holen. Die Karten für den 11.11. gibt es ab jetzt ausschließlich in der Geschäftsstelle der Lyskircher Junge oder bei Mitgliedern.

Lyskircher Junge, Thieboldsgasse 3, 50676 Köln.

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