„Ein ganz besonderer Moment“Kölner Dreigestirn bei Blindensitzung – Ein Tag mit Prinz, Bauer und Jungfrau

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Zu 414 Auftritten ist das Dreigestirn in dieser Karnevalssession unterwegs. Wir haben das Trifolium einen Tag lang begleitet.

Es ist nicht alles glamourös. Nicht immer die große Bühne. Oder überhaupt eine Bühne, auf der die kölschen Hoheiten tanzen. Manchmal ist es auch eine Waschstraße. Die Flotte des Kölner Dreigestirns wird in aller Regel täglich gewaschen – ohne Sponsoren geht das nicht. Zum Dank besuchen die Tollitäten die Waschstraße in Zollstock. Überraschte Autofahrer machen begeistert Selfies, auch Chef Volker Radefeld und seine Mitarbeiter lassen sich begeistert mit Prinz Sascha I., Bauer Werner und Jungfrau Frieda ablichten. Eine der begehrten Prinzenspangen bekommt er auch – dann springen die Drei und das Team wieder in die frisch gewaschenen Autos.

Das Dreigestirn steht mit dem Team der Waschanlage zwischen zwei Autos.

Auch ein Besuch in der Waschanlage steht auf dem Plan des Dreigestirns. Standort-Chef Volker Radefeld (ganz rechts) und sein Team machen begeistert Fotos.

Die Uhr tickt, der Zeitplan ist dicht getaktet. Etwas mehr als 15 Minuten bleiben für sieben Kilometer durch die Stadt. Das Ziel der Kolonne ist die Kirche Sankt Anna in Ehrenfeld, das Dreigestirn ist hier für einen Auftritt bei einer Seniorensitzung im Pfarrsaal gebucht. Der zum Nachmittag immer dichter werdende Verkehr lässt sie ein paar Minuten zu spät eintreffen.

Kölner Seniorensitzung: 240 Flaschen Piccolo als Geschenk

Nach einer kurzen Begrüßung wird das Dreigestirn unter Jubel der Seniorinnen und Senioren empfangen. Statt Kölsch stehen auf den Tischen Mineralwasser und Thermoskannen mit Kaffee, die Jecken älteren Semesters haben sich in rut-wiesse oder bunt-gepunktete Schale geworfen. Intime Auftritte wie dieser sind für Prinz Sascha stets etwas Besonderes, sagt er. „Ich finde es tatsächlich ein bisschen schöner, weil wir näher an den Leuten sind. Aber ich muss gestehen, dass ich nervöser bin als im großen Saal, eben weil man die Gesichter so genau sieht.“

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Blick in den Pfarrsaal, das Dreigestirn auf der Bühne, davor ältere Menschen.

Die Seniorinnen und Senioren im Pfarrsaal von St. Anna sind begeistert vom Dreigestirn.

Doch die strahlen. Noch ein bisschen mehr, als das Trifolium einen Gutschein für 240 Flaschen Piccolo für die Damen und Herren überreicht – ein fast schon traditionelles Geschenk auf Seniorensitzungen. „Wir fühlen uns geehrt“, sagt Sitzungspräsident Hans Fey ob des hohen Besuchs. „Ihr seid wichtiger als manch einer, der hochbezahlt wird. Ihr habt den Frohsinn zu verbreiten.“

Termindruck beim Trifolium: Verfolgungsjagd durch die Stadt

Viel Zeit bleibt aber auch hier nicht. Punkt 16 Uhr steht die Damensitzung der KG Luftflotte im Gürzenich an. So eilen Dreigestirn und Team wieder zu den Autos, die Kolonne setzt sich in Bewegung. Immer wieder bleiben Passanten stehen, schauen den Wagen hinterher, machen ein Foto. Am Gürzenich stößt auch das Kinderdreigestirn dazu – Groß und Klein entern den vollbesetzten Saal, im Vergleich zum Pfarrsaal St. Anna schier endlos wirkend, unter frenetischem Applaus der kostümierten Damen gemeinsam. Sie haben sichtlich Spaß daran, das Publikum zum Singen, Tanzen und Schunkeln zu bringen. Nach den obligatorischen Danksagungen für die Adjutantur und der Übergabe eines 200-Euro-McDonald's-Gutscheins an das Kinderdreigestirn geht es zurück in die Autos.

Verspätungen von mehr als fünf Minuten kann sich weder das Dreigestirn, noch die veranstaltende Karnevalsgesellschaft leisten: Lücken müssen irgendwie gefüllt werden, ein Überziehen hingegen bringt den Zeitplan aller Beteiligten durcheinander. Der Sitzungskarneval muss funktionieren wie ein Uhrwerk – hakt ein Rädchen, gerät das ganze System durcheinander. Wieder bleiben 15 Minuten – Ziel: die Sartory-Säle. Es beginnt eine regelrechte Verfolgungsjagd, denn die Kolonne sollte zusammenbleiben. Es ist inzwischen nach 16 Uhr, der Verkehr dicht, das Unterfangen entsprechend schwierig. Nicht nur einmal hupen empörte Autofahrer.

Gerade so pünktlich geht es in die Tiefgarage. 25 Minuten Damensitzung der CDU ziehen großes und kleines Dreigestirn routiniert, aber nicht weniger gut gelaunt durch.

Kleines und großes Dreigestirn winken von der Bühne.

Kleines und großes Dreigestirn bei der Mädchensitzung der CDU

Eine Sechs von Zehn auf der Stress-Skala sei der heutige Tag, urteilt Bauer Werner. „Es ist nie so, dass man sagt: Boah, ich habe keine Lust mehr. Dafür macht es zu viel Spaß“, sagt er im Foyer. Nebenan wartet auf die beiden Dreigestirne ein besonderer Auftritt: die Blindensitzung der Muuzemändelcher.

Blindensitzung: Sehbehinderte ertasten das Ornat des Dreigestirns

Moderatorin Dagmar Eichberg-Weber beschreibt die Szene auf der Bühne für die, die nicht sehen können. Kinderbauer Severin, Träger eines Cochlea-Implantats, gebärdet „Guten Tag“ – Eichberg-Weber übersetzt und beschreibt die Geste, bei der Severin die Arme anwinkelt und die Fäuste zusammennimmt. Für das große Dreigestirn geht es nun hinunter in den Saal: Die blinden und sehbehinderten Gäste dürfen nun das Ornat ertasten.

Eine Frau im roten Kostüm fasst die Zöpfe der Jungfrau an.

Um das Dreigestirn auch für Blinde sichtbar zu machen, dürfen sie es ertasten.

Vorsichtig fährt eine ältere Frau ihre Finger an den blonden Zöpfen von Jungfrau Frieda entlang, eine andere Frau berührt behutsam die Pfauenfedern des Bauern, eine weitere ertastet die Stickereien auf dem Ornat des Prinzen, der ihr dabei die Farben beschreibt. „Man sieht trotzdem die Freude in ihren Augen“, sagt er. „Das ist ein ganz besonderer Moment, ich kann es gar nicht beschreiben.“ Termine wie dieser sind „das, woran man sich erinnert“. Für ihn und seinen Bauern und seine Jungfrau steht nun die erste Pause des Tages an. Ihr Tag wird noch bis in den späten Abend dauern.

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