Kindheitstraum in Blau und Weiß

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Matthias Krause beim Aufritt (l.) Beim Aufnahme-Ritual hat ein Neuer im einfachen Drillich anzutreten.

Matthias Krause beim Aufritt (l.) Beim Aufnahme-Ritual hat ein Neuer im einfachen Drillich anzutreten.

Sürth – „Unglaublich, aber Du bist jetzt ein echter Blauer Funk“, diesen Satz sagt Matthias Krause immer, wenn er in die nagelneue Uniform schlüpft und sein Spiegelbild betrachtet. Und das passiert häufig, denn für aktive Karnevalisten ist jetzt Hochsaison. Sitzungen, Bälle, Auftritte, Aufmärsche – da kommt so einiges zusammen.

Matthias Krause hat am 13. Januar dieses Jahres unter Handauflegung auf die Kanone den Funkeneid geleistet, und erhielt danach seinen Halsorden als Zeichen der Mitgliedschaft. „Dieses Datum bleibt für mich unvergesslich, im Jubiläumsjahr der Blauen Funken, 150 Jahre nach der Gründung, wurde ich aufgenommen. Jetzt gehöre ich dazu, damit erfüllt sich für mich ein Kindheitstraum“, sagt der 52-jährige Neu-Sürther. Geboren und aufgewachsen ist er in Hürth. Als Kind sei er mit der Familie immer zum Rosenmontagszug gefahren. Seine Mutter, eine echte Kölnerin, habe für ihn immer Karnevalskostüme geschneidert und ihm die kölsche Sproch beigebracht. Als Student sei er dann als Trompeter in der Kapelle der Nippeser Bürgerwehr im Rosenmontagszug mitgegangen. Spätestens da habe er sich mit dem Karnevalsvirus infiziert.

„Natürlich habe ich immer als normaler Jeck gefeiert – eben den üblichen Kneipenkarneval mit Anstehen und Schunkeln. Aber in letzter Zeit habe ich gemerkt, dass der Karneval sich schon stark verändert hat. Dieses Geschiebe und die vielen Betrunkenen, alles wurde mir immer fremder. Ich vermisste die Tradition.“

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Matthias Krause bei der Mädchensitzung, zu der auch seine Frau Marion gekommen ist.

Matthias Krause bei der Mädchensitzung, zu der auch seine Frau Marion gekommen ist.

Der Anstoß für die Bewerbung bei einer Traditionsgesellschaft kam 2017 bei einer privaten Silvesterfeier in Sürth. Hier lernte Matthias einen Blauen Funken kennen, Mitglied im Reservekorps. Aus Bekanntschaft wurde Freundschaft, aus Freundschaft Patenschaft. Denn neue Mitglieder können sich nicht bewerben, sie können nur von einem Paten vorgeschlagen werden. „Im Januar 2018 betrat ich als Gast das erste Mal den Funkenturm, den Stammsitz der Gesellschaft. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen, bin regelmäßig zu den Monatstreffen gegangen. Irgendwann kam dann die Einladung zum Vorstellabend. Ich hatte Respekt und einen trockenen Hals, als der Präsident, der Vorstand und der Mitgliederbeirat in Hufeisenform vor mir standen. Die Aufregung legte sich aber schnell, ich spürte, dass die Chemie stimmte und schließlich verließ ich den Ort mit dem Wunsch nach einer Mitgliedschaft.“

Das Reservekorps mit 140 Mitgliedern ist eine Abteilung der Blauen Funken. Daneben gibt es die Inaktiven Mitglieder, das aktive Korps mit dem Tanzpaar und schließlich den Senat. „Ich bin jetzt Mitglied des Reservekorps. Unsere Aufgabe ist die Unterstützung der Gesellschaft bei Sitzungen. Und wenn es die Zeit zulässt, kann ich natürlich auch in großer Uniform bei den Auftritten dabei sein. Aber das ist keine Verpflichtung. Und, das ist ganz wichtig: Alle sin jlich, egal woher man kütt, wat man häät und wat man es“, zitiert der Maschinenbauingenieur den Präsidenten der Blauen Funken. Der Rekrut Krause besitzt inzwischen zwei Uniformen. Die Litewka, die er anlegt, wenn er den Saaldienst macht. Dann ist er mit für die Jahrbuchauslegung zuständig, die Überreichung von Orden während der Sitzung im Saal, ist Ansprechpartner beim Einlass der Gäste.

Daneben besitzt er auch die „große“ Uniform für die offiziellen Aufmärsche. Dazu gehört der Mannschafts-Waffenrock, eine weiße Reithose, zwei Kopfbedeckungen, das Krätzchen und der Dreispitz mit dem Federbusch und die Schaftstiefel. „Die Reitstiefel wurden extra für mich angefertigt. Da es nicht immer einfach ist, aus diesen hohen Stiefeln hinein- und herauszukommen, habe ich das Modell mit Reißverschluss bestellt. Die Uniform habe ich bei einer Firma in Korschenbroich anfertigen lassen, wo auch das Dreigestirn schneidern lässt“, berichtet der Sürther nicht ohne Stolz. So eine Grundausstattung ist nicht günstig, aber sein Kindheitstraum ist ihm das wert. Matthias Krause ist nun für alle Situationen gewappnet; er kann einfach nur im Saal Dienst tun oder auf der Bühne den Funkentanz und das Stippeföttche tanzen, die er in zehn Tanzstunden gelernt hat. Beides macht er mit Leidenschaft. Höhepunkte im Sitzungskarneval sind natürlich die Auftritte auf der Bühne. Bei der Mädchensitzung der Blauen Funken tanzt er unter dem Blick von 1300 jecken Weibern, darunter auch seine Frau Marion, und bei der leisen Sitzung „janz höösch“ in der Flora werden seine Eltern dabei sein und bestimmt ein Tränchen verdrücken.

Die Krönung kommt für den Neuen dann am Rosenmontag, wenn rund eine Million Zuschauer den Zugweg säumen und den Blauen Funken zujubeln: „Ich marschiere in der zweiten Fußtruppe, denn die Blauen Funken „han de Spitz“. Und – auch wenn ich nie gedient habe, marschieren kann ich gut, denn als Trompeter bin ich in verschiedenen Kapellen bei vielen Schützenzügen mitgegangen. Das schult“, sagt der Mann, der es in seiner Freizeit sportlich angeht.

Radfahren, Wandern und Skifahren gehören zu seinen Leidenschaften. Dabei ist sein Kölsches Hätz immer für alle offensichtlich dabei, denn auf seinen neusten Ski ist das Köln-Panorama aufgedruckt, ein Geschenk seiner Frau Marion zum 50. Geburtstag. Vielleicht lässt sich zum 55. Geburtstag ja noch ein Dreispitz mit blauweißem Federbusch nachträglich platzieren, dann wäre alles perfekt.

Matthias Krause ist Neu-Mitglied bei den Blauen Funken – Das Aufnahmeritual ließ seine Knie zittern

„Unglaublich, aber Du bist jetzt ein echter Blauer Funk“, diesen Satz sagt Matthias Krause immer, wenn er in die nagelneue Uniform schlüpft und sein Spiegelbild betrachtet. Und das passiert häufig, denn für aktive Karnevalisten ist jetzt Hochsaison. Sitzungen, Bälle, Auftritte, Aufmärsche – da kommt so einiges zusammen.

Matthias Krause hat am 13. Januar dieses Jahres unter Handauflegung auf die Kanone den Funkeneid geleistet, und erhielt danach seinen Halsorden als Zeichen der Mitgliedschaft. „Dieses Datum bleibt für mich unvergesslich, im Jubiläumsjahr der Blauen Funken, 150 Jahre nach der Gründung, wurde ich aufgenommen. Jetzt gehöre ich dazu, damit erfüllt sich für mich ein Kindheitstraum“, sagt der 52-jährige Neu-Sürther. Geboren und aufgewachsen ist er in Hürth. Als Kind sei er mit der Familie immer zum Rosenmontagszug gefahren. Seine Mutter, eine echte Kölnerin, habe für ihn immer Karnevalskostüme geschneidert und ihm die kölsche Sproch beigebracht. Als Student sei er dann als Trompeter in der Kapelle der Nippeser Bürgerwehr im Rosenmontagszug mitgegangen. Spätestens da habe er sich mit dem Karnevalsvirus infiziert.

„Natürlich habe ich immer als normaler Jeck gefeiert – eben den üblichen Kneipenkarneval mit Anstehen und Schunkeln. Aber in letzter Zeit habe ich gemerkt, dass der Karneval sich schon stark verändert hat. Dieses Geschiebe und die vielen Betrunkenen, alles wurde mir immer fremder. Ich vermisste die Tradition.“

Der Anstoß für die Bewerbung bei einer Traditionsgesellschaft kam 2017 bei einer privaten Silvesterfeier in Sürth. Hier lernte Matthias einen Blauen Funken kennen, Mitglied im Reservekorps. Aus Bekanntschaft wurde Freundschaft, aus Freundschaft Patenschaft. Denn neue Mitglieder können sich nicht bewerben, sie können nur von einem Paten vorgeschlagen werden. „Im Januar 2018 betrat ich als Gast das erste Mal den Funkenturm, den Stammsitz der Gesellschaft. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen, bin regelmäßig zu den Monatstreffen gegangen. Irgendwann kam dann die Einladung zum Vorstellabend. Ich hatte Respekt und einen trockenen Hals, als der Präsident, der Vorstand und der Mitgliederbeirat in Hufeisenform vor mir standen. Die Aufregung legte sich aber schnell, ich spürte, dass die Chemie stimmte und schließlich verließ ich den Ort mit dem Wunsch nach einer Mitgliedschaft.“

Das Reservekorps mit 140 Mitgliedern ist eine Abteilung der Blauen Funken. Daneben gibt es die Inaktiven Mitglieder, das aktive Korps mit dem Tanzpaar und schließlich den Senat. „Ich bin jetzt Mitglied des Reservekorps. Unsere Aufgabe ist die Unterstützung der Gesellschaft bei Sitzungen. Und wenn es die Zeit zulässt, kann ich natürlich auch in großer Uniform bei den Auftritten dabei sein. Aber das ist keine Verpflichtung. Und, das ist ganz wichtig: Alle sin jlich, egal woher man kütt, wat man häät und wat man es“, zitiert der Maschinenbauingenieur den Präsidenten der Blauen Funken. Der Rekrut Krause besitzt inzwischen zwei Uniformen. Die Litewka, die er anlegt, wenn er den Saaldienst macht. Dann ist er mit für die Jahrbuchauslegung zuständig, die Überreichung von Orden während der Sitzung im Saal, ist Ansprechpartner beim Einlass der Gäste.

Daneben besitzt er auch die „große“ Uniform für die offiziellen Aufmärsche. Dazu gehört der Mannschafts-Waffenrock, eine weiße Reithose, zwei Kopfbedeckungen, das Krätzchen und der Dreispitz mit dem Federbusch und die Schaftstiefel. „Die Reitstiefel wurden extra für mich angefertigt. Da es nicht immer einfach ist, aus diesen hohen Stiefeln hinein- und herauszukommen, habe ich das Modell mit Reißverschluss bestellt. Die Uniform habe ich bei einer Firma in Korschenbroich anfertigen lassen, wo auch das Dreigestirn schneidern lässt“, berichtet der Sürther nicht ohne Stolz. So eine Grundausstattung ist nicht günstig, aber sein Kindheitstraum ist ihm das wert. Matthias Krause ist nun für alle Situationen gewappnet; er kann einfach nur im Saal Dienst tun oder auf der Bühne den Funkentanz und das Stippeföttche tanzen, die er in zehn Tanzstunden gelernt hat. Beides macht er mit Leidenschaft. Höhepunkte im Sitzungskarneval sind natürlich die Auftritte auf der Bühne. Bei der Mädchensitzung der Blauen Funken tanzt er unter dem Blick von 1300 jecken Weibern, darunter auch seine Frau Marion, und bei der leisen Sitzung „janz höösch“ in der Flora werden seine Eltern dabei sein und bestimmt ein Tränchen verdrücken.

Die Krönung kommt für den Neuen dann am Rosenmontag, wenn rund eine Million Zuschauer den Zugweg säumen und den Blauen Funken zujubeln: „Ich marschiere in der zweiten Fußtruppe, denn die Blauen Funken „han de Spitz“. Und – auch wenn ich nie gedient habe, marschieren kann ich gut, denn als Trompeter bin ich in verschiedenen Kapellen bei vielen Schützenzügen mitgegangen. Das schult“, sagt der Mann, der es in seiner Freizeit sportlich angeht.

Radfahren, Wandern und Skifahren gehören zu seinen Leidenschaften. Dabei ist sein Kölsches Hätz immer für alle offensichtlich dabei, denn auf seinen neusten Ski ist das Köln-Panorama aufgedruckt, ein Geschenk seiner Frau Marion zum 50. Geburtstag. Vielleicht lässt sich zum 55. Geburtstag ja noch ein Dreispitz mit blauweißem Federbusch nachträglich platzieren, dann wäre alles perfekt.

DIE BLAUEN FUNKEN

Die Blauen Funken feiern dieses Jahr ihr 150-jähriges Bestehen. Entstanden sind sie als Abspaltung der Roten Funken von 1823. Dass sie an der Spitze des Rosenmontagszuges marschieren, fußt auf einer Begebenheit aus dem Gründungsjahr 1870. Damals wollte das Festkomitee, dass nur eine Funkentruppe im Zug mit ging. Das wollten die „Neuen“ nicht akzeptieren. Als sich der Rosenmontagszug in Bewegung setzte, preschten die Blauen aus ihrem Versteck und setzten sich an die Spitze. Und dort sind sie geblieben. Die Gesellschaft hat 560 Mitglieder, davon 15 im Kölner Süden. Dieses Jahr wurden 43 neu aufgenommen. Sie alle schworen den Funkeneid: „Auf das Zündloch der Kanone schwört der Vater mit dem Sohne, schwört mit durchgedrücktem Knie treu der Funkenartillerie, schwört mit Witz und Humor treu dem blau und weißen Korps.“ (swo)

Matthias Krause, Neu-Funk

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