Kita-GebührenZahlten Kölner Eltern jahrelang zu viel?

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Kita Symbolbild

Der Garderobenbereich einer Kindertagesstätte. (Symbolbild)

Köln – Bastelmaterialien, Aufnahmegebühr oder eine „Windelpauschale“ – einige Kita-Träger waren sehr kreativ, wenn es um zusätzliche Einnahmen von den Eltern ging. Offenbar zu kreativ. Denn dass das nicht erlaubt ist und war, hat jetzt das Amtsgericht Köln klar gestellt (130 C 346/20): Die Kita muss das Geld – in diesem Fall 2675 Euro – zurück zahlen.

Dieses Urteil (gegen das die Kita noch Berufung einlegen kann) befeuert eine ohnehin schon aufgeheizte Debatte zwischen Eltern, der Stadt und einer Gruppe von unabhängigen Kita-Trägern. Die betroffenen Eltern ärgern sich, weil sie offenbar jahrelang zu viel bezahlt haben. Die freien Kita-Träger sind genauso verärgert – und verängstigt. Denn ihnen droht jetzt eine Klage-Welle, die sie möglicherweise nicht überleben werden. Das Land verweist bei dem Streit auf die Kommunen. Und die Stadt Köln distanziert sich, so weit sie kann.

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 „Das ist desaströs, denn die kleinen Träger können solche Summen nicht alleine aufbringen“, sagt Markus Bracht vom Deutschen Kitaverband. Hier haben sich die freien, unabhängigen Kita-Träger zusammen geschlossen, um die es bei dem Finanzierungs-Streit geht. In Köln sind das etwa 40.

"Natürlich wusste die Stadt Köln davon"

Markus Bracht meint: „Dass Träger zusätzliche Elternbeiträge genommen haben, ist von der Stadt akzeptiert worden. Natürlich wusste die Stadt Köln davon. Das war ja eine jahrelange Praxis und wurde auch im Jugendhilfeausschuss besprochen.“ Die Stadt habe das Risiko auf die Träger abgewälzt - und dürfe sie jetzt deswegen auch nicht alleine lassen.

Ein Dokument aus dem Jugendhilfeausschuss bestätigt seine Sichtweise. In der Beantwortung einer mündlichen Anfrage aus dem Jahr 2016 heißt es: „Ein ausdrückliches Verbot zur Erhebung von Zusatzbeiträgen ist für den Bereich der Kindertageseinrichtungen nicht gesetzlich geregelt“. So seien Zusatzbeiträge auch „kein Ausschlusskriterium für die Anerkennung“.

Widersprüchliche Informationen

Insofern überrascht es, das Robert Voigtsberger nun – genauso wie auch das NRW-Familienministerium - betont: „Zusatzbeiträge bei Kindertagesstätten waren im Land NRW schon immer untersagt.“ Der Beigeordnete für Bildung, Jugend und Sport sagt: „Wir als Stadt Köln kennen nicht die Inhalte der abgeschlossenen Verträge, dies liegt in der Trägerautonomie begründet.“

Ahnte die Stadt Köln also wirklich nichts davon, dass Kitas - die immerhin mit öffentlichen Geldern gefördert wurden - noch zusätzliches Geld von den Eltern verlangt haben?

Jahrelange Grauzone

Was jahrelang in einer Grauzone passiert ist, wurde erst im Sommer dieses Jahres in seiner ganzen Tragweite offenbar. Da lag bei den unabhängigen Kita-Trägern plötzlich ein Schreiben im Briefkasten. Im neuen Kinderbildungsgesetz (KiBiz) sei das Verbot von Zusatzbeiträgen nun explizit benannt, erklärt Robert Voigtsberger: „Und das Land NRW hat die Kommunen darauf hingewiesen, dies den Trägern nochmal gesondert mitzuteilen.“

Das sorgte für viel Aufruhr. Denn die Stadt übernimmt für die Kitas von unabhängigen Trägern nur 92,2 Prozent der Kosten. Und woher, fragen die sich seitdem, soll denn das restliche Geld kommen - wenn nicht von den Eltern?

Eltern zahlten bis zu 1200 Euro extra

Die Geschichten, die hinter diesen Zahlen stehen, sind genauso vielfältig wie die Kölner Kita-Landschaft. Da gibt es kleine Kitas, die von enthusiastischen Erzieherinnen gegründet wurden und die nie mehr als die fehlenden 7,8 Prozent von den Eltern eingenommen haben.

Aber es gibt auch solche, die von den Eltern absurde Phantasiesummen verlangt haben - bis zu 1200 Euro monatlich, erzählt Heike Riedmann, die  Eltern von Kita-Kindern im „Jugendamtselternbeirat“ (JAEB) vertritt.

"Wer eine Kita eröffnet, kann auch Gesetzestexte lesen"

 „Wer eine Kita eröffnet, kann auch Gesetzestexte lesen. Die Eltern nehmen einen Kita Platz aus gutem Glauben an, dass da alles mit rechten Dingen zugeht. Außerdem sind sie meistens total erleichtert, überhaupt einen Platz gefunden zu haben.“, sagt sie. Für Eltern, die jetzt klagen wollen, hat der JAEB also vollstes Verständnis.

 Aber auch die Stadt will die Elternvertreterin nicht ganz aus der Verantwortung entlassen. Denn für sie ist es ganz klar, dass die Zusatzbeiträge noch nie erlaubt waren. Und auch sie hat diese Aussage schwarz auf weiß: In einem Rundschreiben des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) aus dem Jahr 2015. „Warum das den Behörden trotzdem jahrelang durchgerutscht ist, fragen wir uns auch.“

Niemand will Verantwortung übernehmen

Egal ob Land, Stadt oder Kita-Träger – Verantwortung für dieses Chaos will niemand übernehmen. Zurück bleiben Kitas, die nicht wissen, wie es jetzt weiter gehen soll. Und Eltern, die viel Geld für etwas bezahlt haben, was sich eigentlich alle leisten können sollten: Einen Kita-Platz in Köln.

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