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Kölner SeniorenheimAnklage gegen Altenpfleger – Richter ratlos: „Einer lügt uns hier die Hucke voll“

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Eine Dame am Rollator mit einer Pflegekraft.

Das Kölner Amtsgericht verhandelte über Vorwürfe der Misshandlung in einem Seniorenheim (Symbolbild).

Eine überraschende Wendung nahm der Prozess gegen einen Kölner Altenpfleger, dem Misshandlung von Schutzbefohlenen vorgeworfen wurde.

Ein Altenpflegehelfer aus Köln soll zwei Bewohner einer Senioreneinrichtung misshandelt haben, so lautete die Anklage der Staatsanwaltschaft. Beim Prozess vor dem Kölner Amtsgericht nahm der Fall allerdings eine unerwartete Wendung. „Einer lügt uns hier die Hucke voll“, konstatierte der Richter. Am Ende gab es daher einen Freispruch nach dem Grundsatz: „Im Zweifel für den Angeklagten.“

Köln: Seniorin laut Anklage den Arm verdreht

Im Dezember 2021 soll der 24-jährige Angeklagte einer demenzkranken Bewohnerin den Arm auf den Rücken gedreht haben, sodass diese vor Schmerzen geschrien habe. Im Zimmer soll der Altenpfleger die 90-jährige Dame dann an deren Jacke hochgezogen und wuchtig aufs Bett geworfen haben. Die Kölner Staatsanwaltschaft wertete das als Misshandlung von Schutzbefohlenen.

Eine Kollegin des Mannes, die in besagter Nacht ebenfalls anwesend war, bekräftigte ihre Vorwürfe im Zeugenstand. Es hätten sogar noch zwei weitere Kolleginnen dabei gestanden. „Die fanden das witzig“, sagte die 44-Jährige. Sie habe den groben Kollegen dann aus dem Zimmer der Bewohnerin geschickt und sich weiter um diese gekümmert. „Sie war danach sehr ängstlich“, so die Zeugin.

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Die Kolleginnen bestätigten diese Version allerdings nicht. „Wir gehen respektvoll mit unseren Bewohnern um, das könnte auch meine Oma sein“, sagte eine Angestellte des Seniorenheims. Weder sei der Kollege brutal geworden, noch habe die Bewohnerin vor Schmerzen oder um Hilfe geschrien. Warum der Angeklagte von der weiteren Kollegin belastet würde, sei den Zeuginnen ein Rätsel.

Freispruch in Köln: Im Zweifel für den Angeklagten

Die Betreiber der Einrichtung hatten dem Mann gekündigt, dabei ging es auch um einen weiteren Vorfall aus dem Oktober. Hier soll der Altenpfleger einem Senior mit einem Deo ins Gesicht gesprüht und diesen geschlagen haben. Die Kollegin, die das beobachtet haben will, hatte dies allerdings erst Wochen später gemeldet. Sichtbare Verletzungen wurden in beiden Fällen nicht festgestellt.

Aufgrund der widersprüchlichen Angaben entschied der Amtsrichter auf Freispruch. „Dieser Fall lässt mich ratlos zurück“, sagte der Richter, denn definitiv wäre er im Prozess belogen worden. Doch von welcher Seite, könne er nicht feststellen. Und auf dieser Grundlage könne er niemanden verurteilen. Die betroffenen Bewohner konnten aufgrund ihres Krankheitsbildes nicht aussagen.

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