Auf einer Liste der Verwaltung stehen 122 Großprojekte. Der Rat soll evaluieren, welche gestrichen werden könnten. Vier riesige Projekte könnten tatsächlich scheitern.
Stadtrat diskutiert seit MonatenDiese Kölner Großprojekte könnten tatsächlich gestrichen werden
Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte im August vergangenen Jahres angekündigt, der Politik eine Liste mit Großbauprojekten vorzulegen, um den Rat entscheiden zu lassen, welche gestoppt werden können, um angesichts unterschiedlicher Krisen Kosten und Ressourcen zu sparen. Die Liste liegt seit etwas mehr als einem Vierteljahr vor – die Fraktionen im Stadtrat beraten seitdem hinter den Kulissen darüber, was verzichtbar sein könnte und was unbedingt realisiert werden muss. Am Montagnachmittag war die Liste Thema im Bauausschuss.
122 Projekte mit einem Volumen von jeweils zehn Millionen Euro oder mehr finden sich dort wieder, doch nur wenige sind verzichtbar. An den Schulbau traut sich niemand heran, denn hier sind seit einiger Zeit Erfolge zu verzeichnen und niemand will für fehlende Schulplätze verantwortlich sein. Laufende Sanierungen wie die der Mülheimer Brücke oder der Oper kommen ebenfalls nicht infrage. Das gilt auch für Neubauten wie das Jüdische Museum und die Modernisierung des Römisch-Germanischen-Museums. Die Entscheidung wird am Ende vor allem das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt treffen, das über eine Mehrheit verfügt. Wie aus dem Rathaus zu hören ist, drehen sich die Diskussionen um vier Großbauprojekte, die sich theoretisch noch stoppen lassen. Ein Überblick.
Kölner Großbauprojekt 1: Die Neue Historische Mitte
Die Planer der Neuen Historischen Mitte wollen den Baubeschluss unbedingt eintüten, bevor das Projekt aufgrund des knappen Haushalts auf den letzten Metern doch noch infrage gestellt wird. Die Details zu dem Projekt, das mit einem neuen Stadtmuseum auf der Domplatte das Zentrum Kölns für insgesamt rund 183 Millionen Euro aufwerten soll, hat der „Kölner Stadt-Anzeiger“ zuletzt erstmals vorgestellt. Vor dem nächsten Jahreswechsel soll nun der Baubeschluss her. Die gute Nachricht: Noch hat niemand aus dem Ratsbündnis Bedenken angemeldet. Außerdem will die CDU an dem Prestigeprojekt, das seit 2014 in Planung ist, unbedingt festhalten.
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Der Vorteil: Der Zeitrahmen ist überschaubar, es scheint durchaus realistisch, den Bau bis 2030 fertigzustellen. Bedenken äußert bislang nur die FDP, die sich innerhalb der Gremien alternativ für eine Wiederherstellung des alten Stadtmuseums im Zeughaus, das derzeit wegen eines Wasserschadens nicht genutzt werden kann, stark macht. Die Bedenken der Liberalen: Die Projektkosten und mögliche statische Probleme wegen der Beschaffenheit der Domplatte. Wegen der Diskussionen um die Großbauprojekte haben die Planer die vorzeitige Verlegung von Stromleitungen vorerst gestoppt. Das muss allerdings kein entscheidendes Signal in Richtung Planungsstopp sein. Sollten die Grünen es sich nicht bald anders überlegen, wird die Neue Historische Mitte kommen.
Kölner Großbauprojekt 2: Die Stadtbibliothek am Neumarkt
Die Modernisierung der Zentralbibliothek am Neumarkt wird in den Kostenprognosen stetig teurer – aus anfangs 15 Millionen Euro sind inzwischen 81 Millionen Euro geworden. Die Skepsis in Reihen der Politik wächst, ob ein Abriss und Neubau nicht kostengünstiger sein könnte.
Dann ließe sich das Projekt vorerst zurückstellen, um es von Grund auf neu zu planen. Die Bibliothek dürfte ein möglicher Streichkandidat sein.
Kölner Großbauprojekt 3: Die Erweiterung des Wallraf-Richartz-Museum
Wie im Rathaus zu hören ist, gibt es einige wenige Politiker, die darüber nachdenken, ob der Erweiterungsbau für das Wallraf-Richartz-Museum eingespart werden könnte. Seit fast einem Jahrzehnt soll das Museum mit einem Neubau auf der gegenüberliegenden Straßenseite erweitert werden, um dort die ewige Leihgabe des 2017 verstorbenen Schweizer Sammlers Gérard Corboud unterzubringen, die dieser der Stadt bereits vor 20 Jahren übergeben hatte.
Nach einem Vergabestreit hatten sich Planung und Bau bereits mehrfach verzögert. Im vergangenen Jahr stellte sich heraus, dass sich im Baugrund größere Hohlräume befinden – das Areal war nach dem Kauf der Stadt nie richtig untersucht worden. Mehr als ein Gedankenspiel dürfte es aber nicht sein, auf den Erweiterungsbau zu verzichten. Der Image-Schaden für Köln wäre immens, wenn man den Bau für eine so bedeutende Kunstsammlung stoppen würde.
Kölner Großbauprojekt 4: Das Zentraldepot
Es soll das große Prestigeprojekt von Kulturdezernent Stefan Charles werden: Auf 50000 Quadratmetern soll am Stadtrand das kulturelle Erbe der Stadt gepflegt und gesichert werden, auch Schülerinnen und Schüler sollen beteiligt werden. So charmant die Idee auch klingt: 280 Millionen Euro Kosten, eine bislang unkonkrete Planung und der noch weit entfernte Baubeschluss könnten den Stadtrat, wie man hört, noch dazu bringen, es noch vor Beginn der Detailplanung wieder einzustampfen.