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Razzia wegen KinderpornosKölner Ex-Pfarrer wehrt sich gegen Haftstrafe – er wollte Bewährung

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Der frühere Pfarrer mit seinem Rechtsanwalt beim Prozess im Kölner Amtsgericht

Der frühere Pfarrer mit seinem Rechtsanwalt beim Prozess im Kölner Amtsgericht

Der Beschuldigte war als Pfarrer einer evangelischen Freikirche tätig.

Ein ehemaliger evangelischer Pfarrer wehrt sich gegen seine Verurteilung zu zwei Jahren und vier Monaten Haft wegen Besitzes und Verbreitung kinderpornografischen Materials und hat Berufung eingelegt. Das Kölner Amtsgericht hatte es in der vergangenen Woche als erwiesen angesehen, dass sich der Prediger einer Freikirche in der Kölner Innenstadt in einem kriminellen Darknet-Forum bewegt hat. Ein neuer Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) verschärfte hier die Strafandrohung.

Köln: Bundesgerichtshof sieht kriminelle Bande

Die Entscheidung der Karlsruher Richter besagt, dass Teilnehmer an Internet-Foren zum Zweck des Austauschs von kinderpornografischen Videos und Fotos als Bande im Sinne des Strafgesetzbuches handeln. Dass die meisten User in solchen Foren anonym unterwegs sind, ändere daran nichts: „Eine Bandenabrede ist auch zwischen Personen möglich, die sich sämtlich nicht näher kennen, sondern unter Pseudonymen und Decknamen im virtuellen Raum des Internets miteinander handeln.“

Im Fall des verurteilten Pfarrers kam diese neue Vorschrift zum Tragen, die eine Bestrafung von nicht unter zwei Jahren Haft vorsieht und in Verbindung mit weiteren Straftaten eine Bewährungsstrafe nahezu unmöglich macht. So verhielt es sich im Amtsgericht. Der beschuldigte Kölner war im Zuge der Ermittlungen zum weltweit agierenden Darknet-Forum „Alice in Wonderland“ in den Fokus geraten. Laut Anklage soll er dort angemeldet gewesen sein und Links öffentlich geteilt haben.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

Mitglieder stiegen in dem kriminellen Forum im Rang auf, je aktiver sie Inhalte tauschten. Fotos und Videos von schwerstem sexuellen Missbrauch von Mädchen und Jungen jeglichen Alters wurden dort angeboten. Die Ermittler waren über IP-Adressen auf den Kölner Pfarrer gestoßen. Eine Beamtin schilderte, wie sich die Spur vom anonymen Nutzerkonto „PädoASD“ über technische Zuordnungen im Umfeld des Pfarramts in der Kölner Innenstadt bis hin zum Beschuldigten zurückverfolgen ließ.

Köln: Razzia in Wohnung und Pfarramt in der Innenstadt

Bei einer Durchsuchung im Januar des Vorjahres stellten die Fahnder USB-Sticks, Smartphones und Computer sicher. Besonders belastend: Einer der Datenträger mit schwerem kinderpornografischem Material steckte zum Zeitpunkt der Razzia im Fernseher – der Angeklagte hatte über diesen auch Videos angesehen, wie er beim Prozess zugab. Die Richterin betonte in ihrer Urteilsbegründung, dass die sichergestellten Dateien auch „schweren sexuellen Missbrauch von ganz kleinen Kindern“ zeigten.

Konkrete Hinweise auf einen realen sexuellen Missbrauch durch den Angeklagten fanden sich laut Polizei im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung nicht. Verwunderung bei den Ermittlern löste jedoch ein Fund in einem Schrank des kinderlosen Ehepaares aus: Dort entdeckten sie Windeln in Jugendgröße. Auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin erklärte der Angeklagte, diese würden von ihm und seiner Frau lediglich im Rahmen einvernehmlicher sexueller Praktiken verwendet.

Beim Prozess hatte der frühere Pfarrer von pädophilen Neigungen und Pornosucht gesprochen. „Da sind ja auch die vielen hundert Megabyte von normaler Pornografie“, meinte der 31-Jährige. Er habe sämtliche Arten gesammelt und konsumiert, „das ist ja häufig, dass das in immer extremere Formen ausartet.“ Der Angeklagte, der inzwischen nicht mehr als Pfarrer tätig ist und eine Ausbildung zum Elektriker macht, äußerte, eine Therapie machen zu wollen. Doch einen Platz zu finden, sei schwierig.

Köln: Prozess wird vor dem Landgericht wiederholt

Knackpunkt im Berufungsprozess vor dem Landgericht wird die Mitgliedschaft in dem kriminellen Forum sein. Der frühere Pfarrer hatte die Teilnahme daran abgestritten, er kenne es gar nicht. Wäre dem so, fiele die Bandentätigkeit weg und eine Bewährungsstrafe wäre möglich. Der Angeklagte hatte argumentiert, seinen PC auch als Server zur Fremdnutzung zur Verfügung gestellt zu haben. Demnach habe ein anonymer Nutzer auf das Forum zugegriffen. Diese Version glaubte das Amtsgericht nicht.

Nach dem Hafturteil hatten sich der frühere Pfarrer und dessen Ehefrau erschüttert gezeigt. Sie umarmten sich vor dem Gerichtssaal – man wolle in die Zukunft blicken, hatte der Mann kurz vor der Urteilsverkündung gesagt und auf Bewährung gehofft. Im Verfahren kam auch zur Sprache, dass der 31-Jährige geheime Aufnahmen im Badezimmer gefertigt habe – darauf zu sehen seine Schwägerin beim Duschen. Zuvor soll der Mann das Shampoo mit einer Körperflüssigkeit verunreinigt haben.