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Kölner „Drogenkrieg“„Ich will ein besserer Mensch werden“ – Geiselnehmer gesteht

Lesezeit 3 Minuten
Die drei Angeklagten mit Verteidigern, Dolmetscherin und Wachtmeister beim Prozess im Kölner Landgericht

Die drei beschuldigten Niederländer mit Verteidigern, Dolmetscherin und Wachtmeister beim Prozess im Kölner Landgericht

Mit zwei Komplizen war der Niederländer als Auftragstäter ins Rheinland gereist.

Mit einem weiteren Geständnis startete am Freitag im Landgericht der nächste Verhandlungstag gegen drei Angeklagte aus den Niederlanden. Die Beschuldigten wurden von unbekannten Hintermännern in eine Lagerhalle in Hürth gelockt und sollen dort laut Anklage mehrere Männer gefesselt und misshandelt haben. Teil einer Bande wollen sie aber nicht sein.

Köln: Geiselnehmer will besserer Mensch werden

Wer ihn beauftragt hat, darüber schwieg sich der 21-jährige Wesley S. in Saal 112 des Kölner Justizgebäudes aus. „Als ich gefragt wurde, ob ich nach Deutschland fahre, war ich sehr verletzlich“, berichtete der Beschuldigte. Seine Mutter hatte kurz zuvor einen Selbstmordversuch unternommen und kam in eine Klinik. „Ich habe viele Joints geraucht, wollte mich kaputt rauchen“, sagte Wesley S.

Er habe direkt zugesagt, den Job in Hürth zu übernehmen. Worum es genau ging, habe er erst vor Ort erfahren. „Ich habe die Opfer mit Kabelbindern gefesselt, auch mit Fäusten geschlagen“, so der Angeklagte. In der Untersuchungshaft – dort sitzen Wesley S. und seine Komplizen seit vergangenem Juni – habe er viel nachgedacht. Der Angeklagte: „Ich will jetzt ein besserer Mensch werden.“

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Köln: Niederländern drohen mehrjährige Haftstrafen

Eines der Opfer, das sich offenbar im Zeugenschutzprogramm befindet und von vermummten Polizeibeamten in den Gerichtssaal geführt wurde, sagte am Freitag als Zeuge aus. Man habe ihn auch mit einem Messer verletzt und gewürgt, sagte der Mann. Laut Anklage sollen die drei Täter gedroht haben, ihre Geiseln mit kochend heißem Wasser zu übergießen oder ihnen die Zehennägel zu ziehen.

In einem Rechtsgespräch hatten die Prozessbeteiligten bereits mögliche Strafhöhen diskutiert. Nach den umfassenden Geständnissen drohen den erwachsenen Angeklagten etwa neun Jahre Haft. Durch angestrebte Geldzahlungen im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs könnten die Strafen aber geringer ausfallen. Wesley S. fällt noch unter das Jugendstrafrecht – er muss mit rund vier Jahren Haft rechnen.

Köln: Polizei befreit Geiseln aus Lagerhalle

Die Niederländer sollten Informationen über den Raub von 350 Kilogramm Marihuana erlangen. Ihre Geiseln sollen Mitglieder einer Drogenbande sein, die vom Boss der Gruppierung verdächtigt wurden. In einem Parallelprozess will die Staatsanwaltschaft einen der „Verräter“ ausgemacht haben. Der Beschuldigte bestritt jedoch über seinen Verteidiger Wolfgang Kutsch jede Beteiligung an dem Raub.

Nach einem Hinweis stürmte die Polizei die Lagerhalle in Hürth, die Geiseln wurden befreit. Wenige Tage später wurde ein Pärchen aus Bochum in eine Villa in Rodenkirchen verschleppt – erneut unter Raubverdacht. Auch hier griff die Polizei rechtzeitig ein. Derzeit läuft der Prozess gegen Botan I., der den Geiselnehmern mutmaßlich Pistolen beschafft haben soll. Eine Beihilfe zur Geiselnahme wies er über seine Verteidigerin Julia Stab jedoch zurück. Er habe nicht gewusst, wofür die Waffen verwendet werden sollten.