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„Würde auf wackeligen Füßen stehen“Kein Bündnis für den Kölner Stadtrat

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06.11.2025, Köln: Vereidigung des neuen Kölner Oberbürgermeisters Torsten Burmester (SPD) auf seiner ersten Ratssitzung durch Alterspräsident Ralph Sterck.  Foto: Thilo Schmülgen

Vereidigung des neuen Kölner Oberbürgermeisters Torsten Burmester (SPD) im November.

Die Verhandlungen von Grünen, SPD und Volt sind gescheitert – Kölns neuer OB Torsten Burmester setzt auf wechselnde Mehrheiten

Im neuen Kölner Stadtrat wird es kein Mehrheitsbündnis geben, das fest zusammenarbeitet – auch nicht für die Aufstellung des städtischen Haushalts: Das ist nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ das Ergebnis der jüngsten Gespräche zwischen Grünen (22 Sitze), SPD (18) und Volt (5). Das Trio hätte gemeinsam 45 von 90 Sitzen vereint. Da die SPD in Torsten Burmester den Oberbürgermeister stellt, hätte ein solches Bündnis mit 46 von 91 Sitzen (inklusive OB) die denkbar knappste Mehrheit gehabt, um seine Politik durchzudrücken.

Wechselnde Mehrheiten

Stattdessen sollen in den kommenden fünf Jahren wechselnde Mehrheiten die Kölner Politik im Stadtrat bestimmen. Zuletzt hatten Grüne, CDU und Volt die vergangenen fünf Jahre in einem Mehrheitsbündnis agiert. Es hätte ebenfalls 45 Stimmen, doch ihm fehlt die OB-Stimme von Burmester. Und zwischen Grünen und CDU gibt es nach zehn Jahren der Partnerschaft inzwischen teils heftige Verwerfungen, die sich nicht zuletzt während des zurückliegenden Wahlkampfs verschärft haben.

Am Mittwochnachmittag informierten die Verantwortlichen die jeweiligen Fraktionen, für den Abend waren auch Mitteilungen für die Öffentlichkeit angedacht. Burmester hatte vorige Woche dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu einem Bündnis von Grünen, SPD und Volt gesagt: „Dieses Bündnis würde auf wackeligen Füßen stehen mit nur einer Stimme Mehrheit. Ich bin nicht sicher, ob wir damit etwas gewinnen. Aber ich weiß, dass wir etwas verlieren werden, weil wir damit automatisch andere Fraktionen ausschließen.“ Er wolle lieber „möglichst viele Fraktionen in die Entscheidungen einbinden“.

CDU-Fraktion muss nicht in die Opposition

Und das dürfte am Ende ausschlaggebender gewesen sein, als andere Vorbehalte, die aus Reihen der SPD gegenüber einem Bündnis mit Volt zu hören waren: Die Fraktion sei sehr unerfahren, die Forderung von Volt, den städtischen Haushalt für 2027/2028 von Grund auf völlig neu aufzustellen, sei eine unrealistische Träumerei, die Mehrheit stehe mit nur einer Stimme auf sehr wackeligen Füßen. Am Ende ging es vor allem darum, die CDU nicht in die Rolle einer Fundamentalopposition zu drängen.

Wechselnde Mehrheiten bedeutet schließlich auch, dass die CDU-Fraktion eine Rolle im Rat spielt und nicht in die Opposition muss. Das wäre der Fall gewesen, wenn sich ein Mehrheitsbündnis aus Grünen, SPD, Volt und Burmester gebildet hätte. Doch nun kann sie zumindest einen Teil der Politik im Rat weiter mitbestimmen. Die Grünen hatten am 21. November verkündet, nach zehn Jahren kein Bündnis mehr mit der CDU eingehen zu wollen. Sie begründete diese Haltung damit, dass die CDU unter anderem das Fairnessabkommen in Wahlkämpfen nicht mehr unterzeichnen will. Es gilt seit 27 Jahren bei Wahlen in Köln.

Das in dieser Form einmalige Abkommen verpflichtet die Parteien, keinen Wahlkampf auf „Kosten von Menschen mit Migrationshintergrund“ zu führen. Vor der Kommunalwahl am 14. September hatte das Abkommen bundesweite Aufregung verursacht, auch weil es teils zugespitzt wiedergegeben worden war. Beide Seiten machten sich gegenseitig Vorwürfe, letztlich kündigte CDU-Parteichefin Serap Güler das Abkommen auf, weil sie sich unfair behandelt sah, etwa von den Grünen. Stattdessen will die CDU Selbstbekenntnisse veröffentlichen, die jede Zusammenarbeit mit extremistischen politischen Akteuren ausschließt.

Die Grünen nahmen das zum Anlass, um eine Zusammenarbeit mit der CDU auszuschließen. Die CDU sei aktuell „kein verlässlicher Partner“. Das dürfte aber nicht für wechselnde Mehrheiten gelten, denn Grünen-Parteichefin Kirsten Jahn kündigte an, dass die Grünen zwar nicht für ein Bündnis mit der CDU zur Verfügung stehen, bei Einzelentscheidungen aber sehr wohl gemeinsame Beschlüsse mit der Union fassen wollen.

Für den Oberbürgermeister bedeutet die Entscheidung weitere Herausforderungen: Burmester wird auch den Haushalt für das Jahr 2027 mit wechselnden Mehrheiten aufstellen müssen. Dafür und für besonders große Entscheidungen hatte er sich ein festes Verantwortungsbündnis gewünscht. Alle anderen Beschlüsse wollte er ohnehin über wechselnde Mehrheiten herbeiführen. Bereits im kommenden Jahr müssen zwei Posten im Verwaltungsvorstand neu besetzt werden. Stadtdirektorin Andrea Blome (Ende Juni) und Baudezernent Markus Greitemann (Ende Mai) gehen in den Ruhestand.