„Viele sind frustriert, deprimiert, krank“KVB-Mitarbeiterinnen erzählen, warum sie erneut streiken

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Eine Frau steht vor einer Straßenbahn der KVB. Darauf sind Streik-Plakate zu sehen.

Silke Hackenroich streikt am Donnerstag mit ihren Kolleginnen und Kollegen von der KVB für bessere Arbeitsbediungen.

Wieder legt ein Streik bei der KVB den Kölner Verkehr lahm. KVB-Mitarbeiterinnen erzählen, warum das aus ihrer Sicht nötig ist.

Keine zwei Wochen ist es her, da stand Betül Dietz schon einmal hier vor der KVB-Verwaltungszentrale in der Scheidtweilerstraße. Schon damals streikte sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen für bessere Arbeitsbedingungen, während die Stadt ohne Straßenbahnen im Stau versank.

Am Donnerstag fährt wieder keine Straßenbahn durch Köln, denn Betül Dietz und ihre Kolleginnen und Kollegen streiken erneut, nachdem die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Verdi und den Unternehmen des öffentlichen Nahverkehrs gescheitert sind. „Ich kann den Unmut der Menschen verstehen. Auch ich bin auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen. Aber es geht nicht anders“, sagt Dietz.

Wir müssen immer hoch konzentriert sein. Aber bei der Arbeitsbelastung ist das irgendwann nicht mehr möglich
Betül Dietz, Elektronikerin bei der KVB

Die 25-jährige ist Elektronikerin bei den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB) und Jugendvertreterin im Betrieb. Sie sagt: „Auf dem Papier haben wir eine 39-Stunden-Woche. Aber weil das Personal fehlt, reiht sich eine Überstunde an die nächste.“ In allen Abteilungen kämpfe man gegen Personalmangel und Unterfinanzierung – auch bei ihr: „Wenn es Störungen auf der Schiene gibt, dann müssen die so schnell wie möglich beseitigt werden. Dafür sind wir zuständig. Da können wir dann nicht einfach Feierabend machen.“ Und die Arbeitsverdichtung birgt große Gefahren: „Wir hantieren mit hohen Stromspannungen, da geht es teilweise um Menschenleben. Wir müssen immer hoch konzentriert sein. Aber bei der Arbeitsbelastung ist das irgendwann nicht mehr möglich“, sagt Dietz.

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Bertül Dietz steht in einer gelben Warnweste vor streikenden Menschen

Bertül Dietz arbeitet als Elektronikerin bei der KVB.

Verdi fordert deswegen unter anderem bessere Entlastungsmöglichkeiten für Beschäftigte und eine verkürzte Wochenarbeitszeit. Für Schicht- und Nachtarbeit soll es zudem zusätzliche Entlastungsmöglichkeiten geben. 

Es muss sich etwas ändern, damit diese Stadt den Nahverkehr bekommt, den er verdient
Silke Hackenbroich, Fahrlehrerin bei der KVB

Viele junge Leute bei der KVB würden sich schon nach anderen Arbeitgebern umgucken, die mehr Geld bezahlen und bei denen weniger Arbeit anfällt, so Dietz. „Das kann ich gut verstehen.“ Sie selbst wolle aber trotz der Arbeitsbelastungen bleiben und „bis zum bitteren Ende“ für bessere Bedingungen kämpfen.

Menschen in Warnwesten stehen vor einer Bühne.

Rund 100 Beschäftigte streiken am Donnerstag vor dem Verwaltungssitz der KVB.

Vor allem die Fahrerinnen und Fahren würden unter der Arbeitsbelastung leiden, betonen viele KVB-Beschäftigte am Donnerstag. Davon kann auch Silke Hackenbroich berichten. Die 44-Jährige arbeitete 15 Jahre lang als Fahrerin, bevor sie nach einem Arbeitsunfall zur Fahrlehrerin umschulen musste. „Wenn die Auszubildenden sehen, wie der Arbeitsalltag als Fahrer abläuft, sind viele geschockt“, erzählt sie.

Der Schichtdienst, die Überstunden, die Arbeitstage an Wochenenden und Feiertagen – „und dann wird man noch beschimpft und angegangen, wenn die Bahn nicht pünktlich ist“, zählt Hackenbroich auf. Als sie noch selbst Fahrerin war, war der Personalmangel noch nicht so stark ausgeprägt und die Arbeit damit angenehmer.  „Mittlerweile sind viele der Fahrer, die noch da sind, frustriert, deprimiert und krank.“ Einige gute Kollegen hätten schon gekündigt, so Hackenbroich.

Trotzdem würde Hackebroich gerne weiterhin als Busfahrerin arbeiten. „Als mir die Fahrerlaubnis entzogen wurde, habe ich geweint“, gesteht sie. „Für mich war das ein Traumjob.“ So ginge es vielen der Kolleginnen und Kollegen. „Aber es muss sich etwas ändern, damit diese Stadt den Nahverkehr bekommt, den er verdient.“

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