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Kölle is e Jeföhl86 Kölner Veedel – sieben Liebeserklärungen von Leserinnen und Lesern

Lesezeit 10 Minuten
05.09.2023
Köln:
Sonnenuntergang am Rheinboulevard
mit Blick auf Dom
Kaltgetränk beim Gespräch
Foto: Martina Goyert

Gabriela Rosenbaum sagt: Ein Sundowner auf dem Rheinboulevard – oder wie man in Deutz sagt: „die Treppe“ – mit Blick auf die Altstadt und den Dom ist durch nichts zu toppen. (Archivfoto)

Wir hatten unsere Leserinnen und Leser aufgerufen und gefragt, was sie an ihrem Veedel lieben. Hier präsentieren wir eine Auswahl.

Rund 1,1 Millionen Menschen, neun Stadtbezirke, 86 Veedel – das ist Köln in reinen Zahlen. Aber Köln, das ist doch mehr, „e Jeföhl“, wie die Höhner Anfang der 90er gesungen haben. Wir haben unsere Leserinnen und Leser in der vergangenen Woche gefragt, was sie an ihrem Veedel besonders mögen, welche Geschichte sie mit ihrem Veedel verbinden – denn dort schlägt schließlich das Herz dieser Stadt.

Lesen Sie hier (teils gekürzt) eine Auswahl der eingesandten Veedel-Liebe-Beiträge:

Die ganze Welt kommt zu Besuch: Deutz

Gabriela Rosenbaum

Alles zum Thema Poller Wiesen

Deutz ist nicht gerade hip. Eher so: ein langer, ruhiger Fluss. Ein paar Hipster gibt es schon. Sie sitzen im Schaufenster des „Heimisch“ und nuckeln an ihrer Chai-Latte oder schlürfen ihren Kaffee mit Hafermilch im Liegestuhl vorm „St. Louis“ und können dort gut beobachtet werden. Allzu viele sind es nicht. Gentrifizierung droht uns Deutzer:innen höchstens im Deutzer Hafen.

Aber auch wenn mein Lieblingsschrottplatz schon komplett abgeräumt ist und von der Ellmühle nur noch ein Teil übrig ist, wird noch viel Wasser den Rhein runterfließen, bis hier die ersten überteuerten Wohnungen entstehen. Da das Ganze in der Hand der Stadt liegt, bin ich diesbezüglich komplett entspannt und sehe derweil den Schafen auf den Poller Wiesen in aller Ruhe beim Grasen zu.

Deutz ist kein buntes Veedel, aber schon farbig, doch. Nicht ausgesprochen Multikulti, aber gemischt. Das muss reichen. Für mich fühlt es sich genau richtig an, schon seit knapp 40 Jahren.

Die Mobilität im Veedel funktioniert so: Wer seinen SUV durch die engen Straßen steuert oder damit parken will, hat schlechte Karten. Aber wer die Öffis nimmt, findet hier immer eine Linie, die ihn zum Ziel bringt.

Wenn wir Deutzer:innen die Welt sehen wollen, genügt ein Blick aus dem Fenster, denn die ganze Welt kommt doch zu uns. Ich sage nur: Arena, Jugendherberge, Hyatt, Messe etc. Und auch sonst gibt es keinen Grund in die Ferne zu schweifen. (Nah)Erholung finden wir im schönsten Park Kölns, dem Rheinpark. Das geilste Panorama haben wir vom LVR-Turm aus sowieso und ein Sundowner auf dem Rheinboulevard (wir sagen eher: die Treppe) mit Blick auf die Altstadt und den Dom ist durch nichts zu toppen.

Noch Fragen?


Drinnen und draußen, beim Wärme und Kälte top: Ossendorf

Christian Deile

Vor gut 20 Jahren in Ossendorf angekommen, hatten wir noch nicht viel von diesem Veedel vernommen.

Wir wussten nur, da steht der Knast, aber bald merkten wir, die Lage passt.

Die Stadt hat uns direkt vor die Nase das Monte gebaut, und wir haben Ihnen unsere beiden Kinder anvertraut.

Dahinter, durch den Park, spielt Roland West, ein Fußballverein, die gingen super auf unseren Jungen und allen anderen Kinder ein,

Und will man in der Nähe einen Geburtstag buchen, muss man auch nicht lange suchen.

Entweder im Jumphouse hüpfen wie verrückt, oder auf der Cartbahn aufs Pedal gedrückt.

Und zeigt das Thermometer über 20 Grad, geht man Schwimmen und Planschen im Ossendorfbad.

Und wird es dann wieder richtig kalt, schwitzt man in der dazugehörigen, familiären Sauna halt.

Lässt der Himmel es dann wieder richtig krachen, kann man auch viele Sachen drinnen machen.

Ob im bekannten Möbelhaus shoppen und essen gehen, oder in der benachbarten Motorworld ganz viele Autos ansehen.

Man kann auch in den TV-Studios eine Führung machen, oder lässt im Fitnessstudio die Muskeln krachen.

Während Corona war dann Ende mit diesen Sachen, da konnten wir aber immer noch Ausflüge machen.

Ob picknicken im Rochus-, Blücher- oder Takupark oder eine schöne Runde im Westfriedhof, wer mag.

Und muss man mal aus Ossendorf raus, haben wir direkt die Autobahn vor dem Haus.

Will man Bescheid wissen über Ossendorfs Tradition und das aktuelle Geschehen, muss man nur zum überall im Veedel bekannten und beliebten „Jussi“ ein Kölsch trinken gehen.

Prost und bis bald in Ossendorf!


Das Irgendwo zwischen Großstadt und Provinz: Porz-Eil

Ina Philippsen-Schmidt

Ein Kollege bat mich 1976, ihn nach Eil zu einer Wohnungsbesichtigung zu fahren. Eil? Wo ist das, nie gehört! Nach erstem Augenschein dachte ich, hier könnte es mir vielleicht auch gefallen, und die Wohnung habe ich dann selbst gemietet. 23 Jahre später, auf der Suche nach Wohneigentum, gab es für unsere Pänz nur eine Bedingung: „Wir bleiben in Eil!“ Und dort wohnen wir immer noch gerne – im Irgendwo zwischen Großstadt und Provinz.

Im Osten des ehemaligen Besenbinderdorfs Eil beginnt hinter dem Umweltbildungszentrum Leidenhausen die Wahner Heide, das zweitgrößte und artenreichste Naturschutzgebiet NRWs. Wer hier wohnt, ist schnell auf den Wegen entlang der Lebensräume von rund 700 gefährdeten Arten unterwegs.

Der Ortsring Eil hat einen Eiler Kulturpfad eingerichtet, anhand dessen man sich mit Historischem vertraut machen kann, denn schließlich ist Eil schon mehr als 750 Jahre alt. Aus den 60er Jahren stammt das Autokino – es war das dritte in Deutschland.

Während Corona bot es bei Livekonzerten das Mitbringen des eigenen „Zuschauerraums“ auf vier Rädern. Motorengeschichte lässt sich in Eil gut erleben bei einer Führung durch das Technikum der Deutz AG. Wir mögen die ortsansässigen Handwerksbetriebe, die eben auch mal „flöck ens luure kumme“ und die örtliche Gastronomie, wo du für alle Anlässe von Beerdigung bis Zeugnis gut versorgt wirst. Wer ein Ehrenamt sucht oder sich einem Verein anschließen will, dem wird es in Eil leicht gemacht – die Auswahl ist groß.


Klein, bunt, gemeinschaftlich: Eigelsteinveedel

Uschi Heßbrüggen

Mein Veedel ist das Eigelsteinveedel. Es ist wohl das kleinste Veedel. Bunt, multikulturell und auch Anlass zu vielen Diskussionen! Mitten zwischen Juwelieren und Döner-Restaurants in der Weidengasse liegt „Unser Veedelszimmer“! Der Bürgerverein Eigelstein hat es gemietet. In dem wunderschönen, denkmalgeschützten Haus hat das Veedelszimmer sein Zuhause. Ein wild bewachsener Hofgarten darf mitgenutzt werden.

Im Veedelszimmer hat nicht nur täglich der „Veedelskümmerer“ seine Sprechstunde. Auch Künstler und Künstlerinnen können dort jeweils vier Wochen lang ihre Werke präsentieren. So sieht es immer wieder anders aus.

Einmal im Monat wird zu einem Pasta-Abend eingeladen. Anwohner treffen aufeinander, die selten Berührung hatten, aber bei diesem „Dinner“ die interessantesten Gespräche führen und einfach nur Freude empfinden, sich kennengelernt zu haben!

Grade fand der erste Kinoabend statt. Die Aufnahme des Theaterstücks „Die Kellerkinder“ aus dem Ateliertheater lockte so viele Interessierte an, dass „Unser Veedelszimmer“ komplett gefüllt war. Didi Jünnemann, der Hauptdarsteller, war persönlich anwesend. So ist immer etwas los im „Veedelszimmer“ am Eigelstein!

Ich denke, dass kein anderes Veedel ein solches Kleinod besitzt, in dem die Anwohner sich informieren, sich begegnen und feiern können. Etwas ganz Besonderes in unserem Veedel. Ich liebe „Unser Veedelszimmer“!


Ein kleines Dorf, in dem es alles gibt: Klettenberg

Christine Kramer

In „meinem Veedel“ Klettenberg gibt es viele schöne Dinge: Da wäre der Blick von den drei Kastanien an der Ecke Stenzelbergstraße/Siebengebirgsallee in Richtung Luxemburger Straße, mit all den schönen Altbauten, gesäumt von Bäumen und Vorgärten. Wer an dieser Ecke in die Heisterbachstraße schaut, sieht – einzigartig in Köln – wunderschöne Bäume Catalpa, auch Trompetenbäume genannt. Wenn diese im Juni weiß blühen, wünscht man sich, dass der Zustand immer so bleiben würde.

Klar, die kleine grüne Oase des Filetstückchens Klettenberg: Klettenbergpark mit angrenzendem Rosengarten. Der Blick vom Rosengarten hinunter auf den Weiher des Parks. Schön, dass der Rosengarten durch bürgerliches Engagement erhalten bleibt. Vor zehn Jahren stand der Erhalt auf der Kippe.

Klettenberg ist wie ein kleines Dorf. Man kennt sich, man grüßt sich. Auch der Wochenmarkt auf dem Klettenberggürtel erfreut sich großer Beliebtheit. Vieles liegt gleich vor der Tür und ist zügig zu erreichen, wenn man nicht gerade alle paar Meter nette Bewohner des Veedels trifft, mit denen man sich unterhält oder schnell auf einen Kaffee oder Wein einkehrt.

Einkehrmöglichkeiten gibt es zahlreiche, für jeden Geschmack gibt es etwas. So auch noch viele inhabergeführte kleine Läden. Überquert man die Luxemburger Straße, ist man gleich im Stadtteil Sülz. Es ist nicht erforderlich, für die kleinen Dinge des Lebens oder den täglichen Gebrauch in die Stadt zu fahren. Dankbar bin ich für den guten Metzger und Bäcker hier im Veedel. Da steckt noch echtes Handwerk drin. Überhaupt können wir uns hier nicht beklagen: Fachärzte, Physiotherapeuten, Schulen, Kitas, Kultur und vieles mehr.

Zwei schöne Adressen – allerdings im Stadtteil Sülz – gilt es noch zu erwähnen: Das schöne alte Weißhaus-Kino, welches sich gerade wieder großer Beliebtheit erfreut. Dort laufen die neuesten Filme. Liebevoll wird man empfangen, es gibt ordentliche Sitze mit ausreichend Platz und ansonsten viel gepflegte Nostalgie. Das Café Osterspey existiert schon ewig, rund 100 Jahre. Anfang vorigen Jahres übernahm eine junge Konditormeisterin, Lea Schlosser, das Café. Seither werden wir hier mit den tollsten Torten und kleinen Kunstwerken verwöhnt. Schade nur, dass sie nach hinten heraus keine Plätze im ruhigen Garten hat.


Mit der Familiengeschichte verbunden: Nippes

Kathrin Botta

2018 bin ich mit meinem damaligen Freund aus der Innenstadt nach Nippes gezogen. Wir haben uns sofort in das Veedel verliebt, weil es alles hat, was man sich wünscht: nette Menschen, Innenstadtnähe, Gemütlichkeit (Schillplatz), charmante Gastronomie (wirklich viel), feine Lädchen (zum Beispiel „mooii“, „Nipps 49“, „Rapunzel“, „Schlawindelchen“, „Aktion Grün“, „Bücherladen Neusser Straße“), tolle Bäckereien (zum Beispiel „Grüttner“, „Adolphs“, „Wiens“) schöne Parks, besonderes Handwerk (zum Beispiel „Than Thuy“, „Livia Wachsmuth“), vielfältige Einkaufsmöglichkeiten (Neusser Straße, Sechzigviertel), gute Ärzte, ein vielfältiges Freizeitangebot (zum Beispiel Kulturkirche, Sportvereine, Altenberger Hof), täglicher Wochenmarkt, Veedel-Feste und wechselnde Angebote.

Während unserer Nippes-Zeit beginnt unsere Familiengeschichte: unsere Corona-Hochzeit in 2021 und die Geburt unserer beiden Kinder 2021 und 2024. Zu viert wurde unsere schöne 3-Zimmer-Wohnung leider zu eng und auf der Suche nach einem größeren Zuhause hat es uns im Mai dieses Jahres schweren Herzens aus Nippes heraus – gen Westen – verschlagen.

Trotz des Umzugs werden wir immer mit Nippes verbunden bleiben, weil dort unsere Familien-Geschichte begann, wir viele liebe Freunde kennengelernt haben und es ganz einfach ein „Veedel met Hätz“ ist. Und mit dem räumlichen Abstand, sind unsere Nippes-Besuche zu etwas Besonderem geworden, bei denen man das Vergangene noch mehr zu schätzen lernt.

Auf das schönste Veedel – Nippes!


„Uns Kunibätsveedel“ – das spirituelle Zentrum der Stadt

Helmut Meyer

Wie fluchten wir Anfang der 60er Jahre über das Straßenbauamt, als man sich dort entschloss, die Tunisstraße oder „Nord-Süd-Fahrt“, treffender „Schnellstraße“, anzulegen, die das Eigelsteinviertel durchschnitt, Machabäerstraße, Dagobertstraße und Thürmchenswall durchtrennte und das urige „Unter Krahnenbäumen“, wo einst der Urjels Palm sein Örgelchen drehte, völlig zerstörte. Hatte man doch 1945 im Wiederaufbauprogramm geäußert, dass man die typische Veedelsstruktur in der Altstadt unbedingt einhalten wolle.

Wir fühlten uns vom Leben am Eigelstein abgeschnitten. Wer hätte gedacht, dass sich der damals östlichste Teil des Eigelsteinviertels zu unserem heutigen Kunibertsviertel entwickeln würde. Lang im Schatten des größeren Bruders, rückte jetzt seine besondere Vergangenheit wieder ins Licht: die Erinnerung an die einst großartige Johannisstraße, die Machabäerstraße als Perlenkette der Klöster St. Machabäer, Kapuzinerkloster, Ursulinenkloster, St. Jakorden bis hin zum Stift St. Kunibert, insgesamt ein spirituelles Zentrum der Stadt, wenn auch heute, neben St. Kunibert, nur noch die beachtliche Fassade der Fronleichnamskirche von dieser Vergangenheit zeugt.

Die Vergangenheit lebt in der Erinnerung fort, aber Neues trat hinzu. So hat sich das Veedel mit den über tausend Schülerinnen und jetzt auch Schülern sowie mit den Studentinnen und Studenten der Musikhochschule erheblich verjüngt. Dabei entwickelte sich die Musikhochschule in dem beachtenswerten Bau von Peter Busmann und seinem Team mit ihrem vielfältigen Konzertangebot zugleich zu einem neuen kulturellen Zentrum des Viertels.

Und letztlich möchten wir auch die neu gestaltete Rheinpromenade dem Kunibertsviertel zurechnen. Sie ist, mit dem Blick auf Hohenzollernbrücke und Groß St. Martin, mit dem Blick auf das alte Messegelände mit Staatenhaus und Messeturm und dem Rheinpark sowie mit dem Blick auf die hier am Ufer anlegenden Kreuzfahrtschiffe der KD eine Flaniermeile besonderer Art.

Es ist schon erstaunlich, wie sich das negative Bild von der Zerstörung des östlichen Eigelsteinviertels nach einigen Jahrzehnten zum positiven Bild des heutigen Kunibertsviertel gewandelt hat.