Ein Projekt, das offenbar ins Stocken geraten ist, würde Köln voranbringen, sagt Messechef Gerald Böse (63) und macht sich dafür stark.
100 Ideen für KölnMesse-Chef Gerald Böse wirbt für den Bau einer Seilbahn

Die Seilbahn in Koblenz wurde 2010 eröffnet.
Copyright: Thomas Frey/dpa
Gerald Böse (63) ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse GmbH. Wir haben mit ihm im Rahmen unserer Serie „100 Ideen für Köln“ gesprochen.
Was ist meine Idee für Köln?
Ich greife eine bereits vorhandene Idee auf und möchte dafür werben, weil sie Köln wirklich voranbringen würde: eine moderne Stadtseilbahn. Schauen wir in die bolivianische Metropole La Paz: In der weltweit höchstgelegenen Verwaltungshauptstadt, mehr als 3.500 Meter über dem Meeresspiegel in den Anden gelegen, wächst seit 2014 „Mi Teleferico“ heran – das größte städtische Seilbahnnetz der Welt.

Gerald Böse (Archivbild)
Copyright: Martina Goyert
Bislang zehn Linien durchziehen die Bergstadt, verbinden sie mit dem Nachbarort El Alto und befördern täglich rund 300.000 Fahrgäste. Zugegeben, vergleichbare Höhenmeter wie La Paz wird Köln trotz Dom nie erreichen. Aber eine moderne Stadtseilbahn, für die der Stadtrat bereits eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben hatte, die stünde auch uns gut zu Gesicht! Leider geht es mit dem Projekt nicht voran.
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Warum wäre das gut für die Stadt?
Neukunden oder Autofahrer, die auf das neue Verkehrsmittel im ÖPNV-Angebot umsteigen, würden die häufig überfüllten Kölner Straßen deutlich entlasten. Vorausgesetzt, dass die Seilbahn mit Strom aus regenerativen Energiequellen betrieben würde, fielen nicht einmal Emissionen an. Insofern wäre der Seilbahnbetrieb ein weiterer Schritt zu einer nachhaltigeren Stadt.

Visualisierung einer Haltestelle für eine Rheinpendel-Seilbahn am Ebertplatz. (Archivbild)
Copyright: Mehdi Yassery
Neben diesen rein praktischen Vorzügen böte der Rheinpendel zudem einen fantastischen Ausblick. Mein Traum ist, dass Messebesucher nach Veranstaltungsende entspannt zur Seilbahn schlendern und über den Rhein gen Innenstadt schweben. Der Ausblick könnte eines der meistfotografierten Stadtpanoramen der Welt werden. Das Schönste wäre es sowieso – und zwar nicht allein für unsere Messegäste, sondern natürlich auch für alle Pendler und Touristen.
Wie könnte die Umsetzung gelingen?
Denkbar wäre eine Gondelbahn, die den neuen Deutzer Hafen mit dem Linksrheinischen verbände. Aber wir haben doch bereits eine Seilbahn, die zwischen Zoo und Rheinpark verkehrt, mag nun mancher denken. Das stimmt natürlich, aber die vorhandenen Seilbahnkabinen können lediglich eine Handvoll Menschen transportieren und sind vor allem eine Touristenattraktion. Was mir vorschwebt, ist eine schrittweise Ausweitung von Kölns Öffentlichem Personennahverkehr in neue Höhen, integriert und eingetaktet in das bestehende Netz.
Die Seilbahn würde im Zickzack über den Rhein verkehren und nach Abschluss mehrerer Ausbaustufen sechs innerstädtische Haltepunkte bedienen: Zoo/Flora, Rheinpark, Messe Nord (während Messeveranstaltungen), Breslauer Platz – dadurch Anbindung des Hauptbahnhofs an die Messe – Deutzer Freiheit und Deutzer Hafen. Die Anbindung des Ebertplatzes, des Mülheimer Hafens und der Linien 15 und 16 am Ubierring wären als Erweiterung perspektivisch möglich. Das linke Rheinufer am Dom bliebe ausgespart, sodass der Blick auf das Weltkulturerbe nicht durch „Kabelsalat“ beeinträchtigt würde.
Was braucht es dafür?
Den bisherigen Planungen gemäß würden sogenannte Dreiseil-Umlaufbahnen mit Gondeln für jeweils maximal 26 Personen zum Einsatz kommen, die pro Stunde den Transport von 1.500 Personen ermöglichen. Auf der Strecke Rheinpark–Messe Nord führe etwas niederfrequenter eine Pendelbahn für 35 Personen pro Kabine. Das entspricht einer Förderleistung von 930 Personen pro Stunde.
Die geschätzte Gesamtinvestitionssumme betrüge nach Berechnungen der Stadt rund 230 Millionen Euro. Das ist nicht wenig Geld, aber das Gute ist: Seit 2020 sind urbane Seilbahnen förderfähig, sowohl im Rahmen von Bundesprogrammen als auch auf Landesebene. In meinen Augen sind das wirklich tolle Aussichten für dieses innovative Mobilitätsprojekt.
Zur Serie „100 Ideen für Köln“
„100 Ideen für Köln“ ist die neue Serie des „Kölner Stadt-Anzeiger“, die der Stadt neue Impulse verleihen soll: „100 Ideen für Köln“. Was muss passieren, damit die viertgrößte Stadt Deutschlands mit ihrer Strahlkraft in die Region zukunftsfähig bleibt? Was ist dringend zu verbessern? Was fehlt in dieser Stadt? Im Vorfeld der Kommunalwahl am 14. September sammeln wir besten Vorschläge, Lösungen und Visionen – auch als Inspiration für die künftige Stadtspitze.
Dazu fragen wir nicht nur prominente Vertreter der Stadtgesellschaft, sondern auch Sie, liebe Leserinnen und Leser: Wenn Sie an die Stadt Köln und die aktuellen Probleme und Herausforderungen denken: Was ist aus Ihrer Sicht das Wichtigste, was passieren müsste, dass sich etwas zum Besseren wendet? Wir möchten von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, erfahren, welche gute Idee Sie für Köln haben. Je konkreter, desto besser! Unsere Online-Umfrage finden Sie hier.