Sermet A. will sich zum großen Komplex „Kölner Drogenkrieg“ äußern – aber erst nächstes Jahr.
Mutmaßlicher Kölner DrogenbossBesuch in der JVA nur hinter Trennscheibe – das ist der Grund

Sermet A. beim Prozessauftakt im Landgericht Köln zwischen seinem Anwalt Wolf Bonn und seiner Anwältin Franziska Ernst
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Die mit Spannung erwartete Aussage des mutmaßlichen Kölner Drogenbosses Sermet A. lässt weiter auf sich warten. Beim zweiten Verhandlungstag bekräftigte Verteidigerin Franziska Ernst zwar das Vorhaben einer ausführlichen Einlassung – sie und ihr Kollege Wolf Bonn benötigten aber mehr Vorbereitungszeit. Für den Angeklagten geht es dabei um alles: Dem 24-jährigen Deutsch-Iraker drohen nicht nur 15 Jahre Gefängnis, sondern auch die anschließende Sicherungsverwahrung.
Köln: Anwältin will „Trennscheibenbesuch“ aufheben lassen
Erschwert worden sei die Arbeit der Verteidigung durch die Unterbringung des Beschuldigten in der JVA Bielefeld. Auf Antrag der Anwälte wurde Sermet A. inzwischen nach Wuppertal verlegt. Dort habe er aber noch keinen eigenen Laptop, um die Akten selbstständig studieren zu können. Aufgrund der baldigen Weihnachtspause könne eine Einlassung mit dem Mandanten erst im neuen Jahr abschließend erörtert werden, so Anwältin Ernst. Frühestens Mitte Januar werde A. wohl aussagen.

Der Mitangeklagte Khedir K. mit seiner Verteidigerin Pina Klara
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Die Verteidigerin wandte sich in Saal 112 des Kölner Landgerichts auch mit der Bitte an den Vorsitzenden Richter Ralph Ernst, die Besuchsregeln für ihren Mandanten zu lockern. Sermet A. würde hinter einer Trennscheibe platziert, auch bei Besuchen seiner Verlobten. „Die Gründe sind bekannt, da sehe ich keinerlei Möglichkeit“, sagte Staatsanwalt Tilman Reiner. Seine Kollegin Heike Nöldgen wurde deutlicher und sprach von „konkreten Erkenntnissen für geplante Übergaben“.
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Was womöglich zu Sermet A. ins Gefängnis geschmuggelt werden sollte, wurde nicht erwähnt. Auch Richter Ernst sah keine Veranlassung, den „Trennscheibenbesuch“, wie es die Anwältin formulierte, aufzuheben. Perspektivisch sei das möglich, sagte der Richter, etwa nach einer erfolgten Aussage des Angeklagten. Die Verlobte von A. verfolgte auch den zweiten Prozesstag als Zuschauerin. Das Paar wolle heiraten, so die Anwältin. Eine Hochzeit nach islamischem Recht habe bereits stattgefunden.
Köln: 35 Fälle werden in dem Mammut-Prozess verhandelt
Die 14. Große Strafkammer verhandelt insgesamt 35 Vorwürfe gegen Sermet A. und den Mitangeklagten Khedir K. – der gilt als rechte Hand des mutmaßlichen Drogenbosses, ihm droht ebenfalls die Sicherungsverwahrung. Noch sei nicht absehbar, wann man sich einlasse, sagte Verteidiger Bernhard Scholz am Dienstag im Landgericht. Offenbar wollen die Anwälte von Khedir K. die Aussage des Mitangeklagten Sermet A. abwarten und sich erst danach positionieren.
Während es in anderen Verfahren üblich ist, sich auf die schwersten Vorwürfe zu konzentrieren, soll im Prozess um die Schlüsselfigur im „Kölner Drogenkrieg“ offenbar jeder Tatkomplex ausführlich behandelt werden. Los geht es laut Richter mit Fall 2 der Anklage. Auf Weisung von Sermet A. soll im Januar 2024 ein Mittäter 24 Kilogramm Ecstasy, sechs Kilogramm Marihuana, 1,4 Kilogramm Haschisch, 1,1 Kilogramm Heroin und zwei Gramm Kokain in seiner Wohnung und im dazugehörigen Keller gelagert haben.
Jeder einzelne Fall gilt laut Prozessbeobachtern als Puzzleteil, um den Gesamtkomplex beurteilen zu können. Am meisten kommt es hier auf den psychiatrischen Sachverständigen Stephan Roloff-Stachel an. Der Leiter der LVR-Klinik für Forensische Psychiatrie in Essen muss die aktuelle Gefährlichkeit von Sermet A. bewerten. Bei einer Verurteilung bildet sein Gutachten die Grundlage für die Verhängung einer möglichen Sicherungsverwahrung, der einschneidendsten Maßregel im deutschen Strafrecht.
Köln: Einlassung soll „vielleicht das ein oder andere in ein anderes Licht zu rücken“
Neben Drogengeschäften – die Rede ist auch von Marihuanalieferungen im Tonnenbereich – werden Sermet A. auch zwei Geiselnahmen zur Last gelegt. Nachdem laut Anklage 350 Kilogramm Marihuana aus einer Lagerhalle in Hürth geraubt wurden, soll A. seine eigenen Leute und weitere Personen verdächtigt haben. Auftragstäter aus den Niederlanden bedrohten danach mehrere Mitglieder der Kalker Bande, auch wurde ein Paar aus Bochum in einer Villa festgehalten und schwer misshandelt.
In den allermeisten Fällen soll Sermet A. im Hintergrund agiert haben. Laut Anklage soll er auch Sprengstoffanschläge an Wohn- und Geschäftshäusern in Köln und Umgebung in Auftrag gegeben haben. Diese sollten laut den Ermittlern der Einschüchterung dienen. Die geplante Einlassung will Sermet A. laut Verteidiger Bonn nutzen, um „vielleicht das ein oder andere in ein anderes Licht zu rücken“. Ein Urteil in dem Mammut-Prozess soll frühestens nächstes Jahr im Juni fallen.

