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„Kölner Drogenkrieg“
Das Vorstrafenregister von „Schlüsselfigur“ Sermet A. –  Sicherungsverwahrung droht

3 min
Auch die Explosion an einem Bekleidungsgeschäft in der Ehrenstraße im September 2024 rechnen die Ermittler Sermet A. zu.

Auch die Explosion an einem Bekleidungsgeschäft in der Ehrenstraße im September 2024 rechnen die Ermittler Sermet A. zu.

Der 23-Jährige stand bereits vor Anklageerhebung im aktuellen Komplex mehrfach vor Gericht.

Drogengeschäfte im ganz großen Stil, Geiselnahmen und Sprengstoffanschläge vor diversen Wohn- und Geschäftshäusern. Der Deutsch-Iraker Sermet A. gilt als Schlüsselfigur im „Kölner Drogenkrieg“. Dem 23-Jährigen droht laut Anklage der Staatsanwaltschaft sogar die Sicherungsverwahrung – auch wegen diverser Vorstrafen. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ kennt das Strafregister des mutmaßlichen Drogenbosses – seine letzte Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe liegt erst wenige Wochen zurück.

Köln: Amtsgericht verurteilt Sermet A. wegen Zwangsprostitution

Vor genau einem Monat musste sich Sermet A. unter Aktenzeichen 650 Ls 320/24 wegen schwerer Zwangsprostitution vor dem Kölner Amtsgericht verantworten. Laut Anklageschrift soll er eine damals 16-Jährige auf Internetseiten zur Prostitution angeboten und auch an Freier vermittelt haben. A. soll den überwiegenden Teil des Lohns für sich behalten haben. Auch von einer Drohung, dass dem Mädchen bei Zuwiderhandlung die Zähne ausgeschlagen würden, sprach die Anklage.

Sermet A. wurde zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt, zudem soll er Schmerzensgeld an die Geschädigte zahlen – das bestätigt das Amtsgericht auf Anfrage dieser Zeitung. Mit auf der Anklagebank saß ein naher Verwandter des Beschuldigten, er wurde lediglich verwarnt. Das Verfahren wurde vor dem Jugendgericht geführt, A. war zum Zeitpunkt der Vorwürfe Heranwachsender. Rechtskräftig wurde die Entscheidung nicht, beide Angeklagte legten Berufung ein.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

Köln: Frühere Urteile wegen Straßenrennen und Drogendelikten

In das Hafturteil mit einbezogen wurde eine frühere Verurteilung aus dem April 2024 (Aktenzeichen: 648 Ls 132/23). Laut bereits rechtskräftiger Feststellungen des Amtsgerichts soll Sermet A. ab März 2022 mit Kokain gehandelt haben und bereits Kopf einer Drogenbande gewesen sein. Auch wurde ihm ein sogenanntes Alleinrennen im Straßenverkehr vorgeworfen. A. flüchtete laut Urteil auf der Frankfurter Straße mit Vollgas vor einem Streifenwagen der Polizei und überfuhr eine rote Ampel.

Für dieses Verfahren hatte der heute 23-Jährige anderthalb Jahre Haft erhalten, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Ebenfalls eine Bewährungsstrafe, diesmal zu einem Jahr, soll A. laut Register vor einem Amtsgericht im Kreis Heinsberg erhalten haben. Hier ging es um etwa zwei Kilo Cannabis, die von den Niederlanden nach Deutschland geschmuggelt worden sein sollen. In einem früheren Verfahren wurde A. wegen Drogenbesitzes verwarnt. Auch gab es weitere Delikte im Straßenverkehr.

Köln: Staatsanwaltschaft strebt Sicherungsverwahrung an

In den gesammelten Vorstrafen sieht die Kölner Staatsanwaltschaft einen Baustein ihrer Forderung der Sicherungsverwahrung. Doch viel schwerer wiegen dabei die aktuellen Vorwürfe. In einer Gesamtschau sei hier laut Ermittler eine Neigung zur Begehung schwerer Straftaten zu erkennen, ein fest verankertes Muster. Sermet A. sei daher als gefährlich für die Allgemeinheit einzustufen. Die Entscheidung über die Verhängung einer solchen Maßregel obliegt am Ende aber dem Landgericht.

Aus dieser Lagerhalle in Hürth verschwanden laut Anklage rund 350 Kilogramm Marihuana.

Aus dieser Lagerhalle in Hürth verschwanden laut Anklage rund 350 Kilogramm Marihuana.

Wann genau sich Sermet A. für den Komplex „Kölner Drogenkrieg“ vor Gericht verantworten muss, steht noch nicht fest. Die 14. Große Strafkammer muss zunächst die 315 Seiten starke Anklageschrift auswerten und zur Hauptverhandlung zulassen. A. werden unter anderem Drogengeschäfte mit Marihuana mit einem Volumen von etwa 1290 Kilogramm vorgeworfen. Nach dem Raub von 350 Kilo Cannabis aus einer zweiten Lieferung geriet eine bisher für Köln beispiellose Gewaltspirale in Gang.

Köln: Geiselnahmen und Sprengungen vor Wohn- und Geschäftshäusern

Sermet A. soll laut Anklageschrift zunächst Mitglieder seiner eigenen Drogenbande des Diebstahls der Drogen verdächtigt haben. Zur Einschüchterung seien Sprengsätze vor Häusern gezündet worden, in einer Lagerhalle in Hürth kam es zu Misshandlungen. Auch sollen per Videoanruf Todesdrohungen ausgesprochen worden sein. Tage später wurde ein Pärchen aus dem Ruhrgebiet zu einer Villa in Rodenkirchen verschleppt und traktiert. Die Polizei konnte beide Geiselnahmen unblutig beenden.

In dieser Villa in Rodenkirchen wurde ein Paar aus dem Ruhrgebiet gefangen gehalten und misshandelt.

In dieser Villa in Rodenkirchen wurde ein Paar aus dem Ruhrgebiet gefangen gehalten und misshandelt.

Der mutmaßliche Drogenboss soll seine Geschäfte sogar aus der Auslieferungshaft in Frankreich heraus fortgeführt haben. Sermet A. wurde vergangenen Oktober aus Dubai kommend in Paris festgenommen. Neben A. muss sich im selben Verfahren auch der Iraker Khedir K. verantworten. Der 25-Jährige soll in führender Position direkt unter A. agiert haben. Die Beschuldigten schweigen bisher zu den Vorwürfen. Sie werden von mehreren Kronzeugen und durch Handyauswertungen belastet.