Neue AusrüstungKölner Gerichtsvollzieher berichten von ihren gefährlichsten Einsätzen

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Georgia Papapostolou, Christian Stumpf, Peter Prinz und Katharina Fricke erhalten die ersten Schutzwesten von Dietmar Dumke, dem Präsidenten des Kölner Amtsgerichts (v.l.n.r.).

Georgia Papapostolou, Christian Stumpf, Peter Prinz und Katharina Fricke erhalten die ersten Schutzwesten von Dietmar Dumke, dem Präsidenten des Kölner Amtsgerichts (v.l.n.r.).

Kölner Gerichtsvollzieher leben gefährlich, immer wieder kommt es zu Übergriffen. Nun gibt es eine neue Schutzausrüstung. 

Gerichtsvollzieher Peter Prinz (64) hat bei seinen Einsätzen schon viel erlebt, aber dieser eine Vorfall in Rodenkirchen jagt ihm immer wieder einen Schauer über den Rücken. Ein „Reichsbürger“ soll aus seiner Wohnung geräumt werden. Der sträubt sich, scheint aggressiv, öffnet dann aber doch die Tür. „Und dann hängt da eine Machete“, erinnert sich Prinz und sagt: „Das hätte auch richtig schiefgehen können.“ Es sind Situationen wie diese, denen er und seine Kollegen immer wieder ausgesetzt sind. Nun bekommen sie eine seit langem geforderte Schutzausrüstung.

Köln: Gerichtsvollzieher bekommen Schutzwesten

Der Kölner Amtsgerichtspräsident Dietmar Dumke überreichte am Montag zunächst vier seiner insgesamt 60 Gerichtsvollzieher die frisch eingetroffenen Schutzwesten. „Stich- und schusssicher“ seien diese und könnten auch unter der normalen Kleidung getragen werden. „Die Gerichtsvollzieher haben einen anspruchsvollen und auch gefährlichen Beruf“, sagte Dumke. Gerade bei Zwangsräumungen von Wohnungen oder Kindeswegnahmen sei die Stimmung regelmäßig sehr emotional aufgeladen.

Die Schutzwesten werden individuell an Körpergröße und Statur der Gerichtsvollzieher angepasst.

Die Schutzwesten werden individuell an Körpergröße und Statur der Gerichtsvollzieher angepasst.

NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne), der zum Übergabetermin in Köln nicht erschienen war, hatte allen 950 Gerichtsvollziehern des Landes eine Schutzweste zugesagt. Die Lieferung hatte sich verzögert, nachdem die Bundeswehr nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine beim gleichen Hersteller einen Großauftrag platziert hatte. „Nur auf einen Trabi musste man länger warten“, hatte im Vorfeld der Landeschef des Deutschen Gerichtsvollzieherbundes geunkt. Man habe schon seit Jahren auf die Schutzausrüstung gedrängt.

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Gerichtsvollzieher bekommen auch Pfefferspray

Das Land Nordrhein-Westfalen investiert laut Minister rund 400.000 Euro in die neuen Schutzwesten. Bisher haben 700 Gerichtsvollzieher diese bestellt, das Tragen ist freiwillig. Die Westen werden individuell an Körpergröße und Statur angepasst. Zudem sollen die Gerichtsvollzieher mit Pfefferspray ausgestattet werden. Bereits seit einiger Zeit haben die Beschäftigten auch die Möglichkeit, sich bei der Polizei über die Personen zu informieren, die sie aufsuchen. Etwa darüber, ob diese bereits Gewaltdelikte verübt haben. Das ging vorher nur bei einem konkreten Anlass.

Das Thema nahm an Brisanz zu, nachdem ein Mitarbeiter der städtischen Kämmerei in Köln-Dünnwald von einem psychisch kranken Mann erstochen wurde, als er säumiges Geld eintreiben wollte. „Ich war bei dem Einsatz dabei“, sagt Gerichtsvollzieherin Georgia Papapostolou. Vier Jahre ist das nun her und noch immer beschäftige sie der schreckliche Vorfall sehr. Sie freue sich über die neue Ausrüstung. „Die Schutzwesten geben einem ein Gefühl der Sicherheit“, sagt sie.

Köln-Niehl: Bewohner zog plötzlich ein Messer

Eine Schutzweste hätte sich auch Gerichtsvollzieher Christian Stumpf in der Vergangenheit gewünscht. In Niehl wollte er eine Wohnung öffnen und die Schlösser austauschen lassen – in Abwesenheit des säumigen Mieters, das war zumindest der Plan. „Und auf einmal stürmte der Mann mit gezogenem Messer aus dem Badezimmer und auf mich zu“, erzählt Stumpf. Er habe unverletzt flüchten können. Es kam zum Polizeieinsatz und einer Verurteilung durch das Amtsgericht.

Dass sich niemand über ihren Besuch freue, das wissen die Gerichtsvollzieher nur allzu gut. Sie äußerten auch Mitgefühl gegenüber den Menschen, denen sie im Winter den Strom und die Heizung abstellen müssten, weil Rechnungen viele Monate nicht bezahlt wurden. Die Schuldner würden oftmals ihre Briefe gar nicht mehr öffnen und seien dann beim Auftauchen der Beamten völlig überrascht. „Schlimm ist es, wenn dann noch kleine Kinder anwesend sind“, sagt Peter Prinz. Er informiere dann das Jugendamt.

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