Parallel zum „Kölner Drogenkrieg“-Urteil startete am Landgericht ein Prozess um 40 Tonnen Kokain.
Paar in Kölner Villa entführtUrteil gefallen: Erst Lockvogel, dann Retter – Strafrabatt für „Goldpaten“

Der Angeklagte Fauzi K. („Goldpate“) mit seiner Verteidigerin Funda Bicakoglu im Kölner Landgericht
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Mit hohen Haftstrafen endete am Donnerstag im Landgericht Köln der Prozess gegen sieben Männer, die an der Misshandlung eines Bochumer Pärchens in einer Villa in Rodenkirchen beteiligt waren. Als zentrale Figur gilt neben dem mutmaßlichen Auftraggeber auch Fauzi K., der sich „Goldpate“ nannte. Der Vorsitzende Richter Achim Hengstenberg stellte heraus, dass es sich bei K. zum einen um den Lockvogel, aber letztlich auch den Retter gehandelt habe. Dafür gab es einen deutlichen Strafrabatt.
Köln: „Eine Tat, bei der es einem eiskalt den Rücken herunterläuft“
Fauzi K. kannte die späteren Opfer der Geiselnahme, denen und deren Umfeld er und die Kalker Drogenbande um den mutmaßlichen Chef Sermet A. einen Drogenraub unterstellt hatten. Mit allen Mittel sollten 350 Kilogramm Marihuana oder der Gegenwert von 1,5 Millionen Euro wiederbeschafft werden. Der „Goldpate“ – so nannte sich K. dem Vernehmen nach, weil er im Internet mit einer goldenen Pistole posiert haben soll – stellte den Kontakt zu dem Pärchen aus dem Ruhrgebiet her.

In dieser Villa in Rodenkirchen wurde ein Pärchen festgehalten und misshandelt.
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Was dann an einem Junitag im vergangenen Jahr folgte, nannte Richter Hengstenberg „eine Tat, bei der es einem eiskalt den Rücken herunterläuft“. Das Pärchen sei in einen Transporter verfrachtet und schwer malträtiert worden. Einer der Täter habe eine Axt geschwungen und angedeutet, der männlichen Geisel das Bein abzuhacken. Panisch habe sich dessen Freundin über ihn geworfen. Auch sei gedroht worden, dem Mann die Zehnägel zu ziehen. Dann habe er sich nackt ausziehen müssen.
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Köln: „Goldpate“ erst Lockvogel, dann Retter
In der Kölner Villa sei der Mann mit einer Eisenstange geschlagen worden, Videos an dessen Bruder wurden verschickt – damit dieser das vermeintliche Drogenversteck offenbare. Fauzi K. habe sich zunächst beteiligt. Doch schon sehr früh sollen dem Mann Skrupel gekommen sein. Noch vor der Ankunft soll er einen Kontaktmann bei der Polizei angerufen, diesen aber nicht erreicht haben. Mehrere Stunden später setzte sich der „Goldpate“ dann vom Tatort ab. Dann erreichte er die Polizei. Das SEK befreite die Geiseln.
„Er war derjenige, der an allem Schuld war, er war aber auch Ihre Rettung“, sagte der Richter an die Opfer gerichtet, die bei der Urteilsverkündung anwesend waren. Sechs Jahre Gefängnis erhielt Fauzi K., seine Aufklärungshilfe wurde angerechnet. Mit elfeinhalb Jahren Haft erhielt ein Niederländer als engagierter Auftragstäter die höchste Strafe. Für das Bereitstellen der Villa erhielt der Mieter vier Jahre und drei Monate Haft. Er sei in den Plan eingeweiht gewesen – der Mann hatte das bestritten.
Richter Hengstenberg sprach von einer erschreckenden Empathielosigkeit der Geiselnehmer. Während des Gewaltaktes hätten die Täter „gechillt“ oder sich angeregt über geplante Urlaube unterhalten. Die Opfer, denen 100.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen wurde, seien bis heute psychisch schwer gezeichnet. Als mutmaßlicher Auftraggeber muss sich bald Sermet A. vor dem Landgericht verantworten. Der Prozess gegen ihn soll nach jetzigem Stand Ende November starten.
Köln: Parallelprozess um 40 Tonnen Kokain
Ein Parallelprozess in Saal 210 des Kölner Justizgebäudes beschäftigte sich am Donnerstag auch mit Drogengeschäften, aber in noch größerem Stil. Sieben Männer müssen sich wegen eines großangelegten Kokain-Schmuggels verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, sich ab dem Jahr 2022 zusammengeschlossen zu haben, um die Droge im Auftrag eines Hintermanns in Dubai auf dem Seeweg nach Deutschland zu bringen – Ziel war zunächst der Hamburger Hafen.
Die Anklage lautet – je nach Beteiligung – auf bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Beihilfe dazu. Der zentrale Vorwurf: Die Gruppe soll geplant haben, das eingeschmuggelte Kokain – unter anderem aus dem südamerikanischen Ecuador – gewinnbringend weiterzuverkaufen. Insgesamt geht es laut Anklageschrift um zehn Lieferungen zwischen Mai 2022 und September 2023 mit einem geschätztem Gesamtvolumen von rund 40 Tonnen Kokain.
Kölner mit Spedition gilt als eine Schlüsselfigur
In den meisten Fällen wurden die Drogen allerdings bereits bei zollrechtlichen Kontrollen entdeckt – entweder im Versendehafen, auf Zwischenstationen oder direkt im Hamburger Hafen. Die Kokainmengen waren demnach in Containern zwischen legaler Ware versteckt. Eine Schlüsselrolle soll laut Anklage ein 46-jähriger Kölner gespielt haben. Er gilt als faktischer Geschäftsführer einer Spedition mit Sitz in Köln, über die Teile der Lieferungen abgewickelt worden sein sollen.
Ein weiterer Beschuldigter wird als Betreiber von Hamburger Logistikfirmen geführt. Ihm wird vorgeworfen, für die Abwicklung der Zoll- und Frachtformalitäten zuständig gewesen zu sein. Drei weitere Männer sind angeklagt, weil sie die Gruppierung in Einzelfällen logistisch unterstützt haben sollen – etwa als Lkw-Fahrer oder beim Entladen. Offenbar wegen der Komplexität des Falles sind bisher 33 Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil soll frühestens im März kommenden Jahres fallen.