Polizisten wird Misshandlung vorgeworfenSo erlebten Zeugen den tödlichen Polizeieinsatz in Köln-Bickendorf

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Die beschuldigten Polizisten mit ihren Verteidigern beim Prozessauftakt im Landgericht Köln.

Die beschuldigten Polizisten mit ihren Verteidigern beim Prozessauftakt im Landgericht Köln.

Nachbarn und Rettungssanitäter sagten im laufenden Prozess gegen fünf Polizisten vor dem Landgericht Köln aus.

Fünf Polizisten drohen vor dem Landgericht Gefängnisstrafen, nachdem sie bei einem Einsatz in Bickendorf ungerechtfertigt massive Gewalt gegen einen pöbelnden Anwohner angewandt haben sollen. Der 59-Jährige erlitt Rippenbrüche und starb zwei Monate später, weil er eine weitere ärztliche Behandlung abgelehnt haben soll. Am Freitag sagten mehrere Zeugen im Prozess aus.

Köln: Zeuge schildert Polizeieinsatz als „zu brutal“

Ein Anwohner aus der Vitalisstraße berichtete, er habe mehrere Streifenwagen vorfahren sehen. Er habe seine Wohnung verlassen, dann mehrere Polizisten vor seinem Nachbarn stehend gesehen. „Ich wollte zu ihm und helfen“, so der Zeuge. Die Staatsanwältin fragte nach dem Grund, immerhin lief ja ein Polizeieinsatz. Die Antwort: „Weil es mein Nachbar war, sonst hätte ich mich nicht eingemischt.“

„Halt, nicht weitergehen“, habe eine Beamtin ihm aber zugerufen und die Hand an die Waffe gelegt. Er habe die Situation dann aus 25 Metern Entfernung weiter beobachtet. Der Nachbar habe die Beamten seiner Erinnerung nach geschubst, meinte der Zeuge, daraufhin hätten diese ihn zu Boden gebracht. Zu brutal, so der Zeuge, der 59-Jährige sei schmächtig gewesen. „Der wog vielleicht 50 Kilo.“

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Rettungssanitäter: Er fühlte sich ungerecht behandelt

Ein Beamter hätte ausgereicht, um den Nachbarn zu bändigen, sagte der Zeuge. Verteidiger Christof Püschel entgegnete, der Verstorbene habe laut Akte wohl eher um die 110 Kilogramm gewogen. Auch auf dem Boden liegend habe sich der Nachbar gewehrt, als die Beamten ihm Handschellen anlegen wollten, erinnerte sich der Zeuge. Der Mann habe auch eine Platzwunde am Kopf erlitten.

Rettungssanitäter hatten ausgesagt, der 59-Jährige habe sich kooperativ verhalten. „Wir haben die Beamten gebeten, ihm die Handschellen abzunehmen“, so einer der Sanitäter. Der Mann habe geäußert, sich gegenüber den Polizisten auch nicht ganz korrekt verhalten zu haben. Er habe dann am Boden liegend Schläge und Tritte verspürt. Insgesamt habe er sich ungerecht behandelt gefühlt.

Landgericht Köln: Verteidiger will einen Freispruch erreichen

Als eher entlastend entpuppten sich zuvor bereits Aussagen von Anwohnern, die laut Akte gesehen haben wollen, wie die Polizisten den Nachbarn brutal mit dem Kopf gegen einen Betonpfeiler gestoßen hätten. Im Zeugenstand erinnerten sie sich daran nicht und stellten zudem klar, nicht wie zunächst angenommen drei Meter, sondern 30 Meter entfernt vom Tatort gestanden zu haben.

„Hier von einem ungerechtfertigten Einsatz und übertriebener Polizeigewalt zu sprechen, ist absurd“, hatte Verteidiger Christoph Arnold vor Prozessbeginn gesagt, das Ziel sei ein Freispruch. Die aktuellen Zeugenaussagen dürfte er als Bestätigung sehen. Die Staatsanwältin wirft den Beamten vor, nicht deeskalierend agiert zu haben. Dann wäre der Einsatz womöglich nicht so aus dem Ruder gelaufen.

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