Tod nach Polizeieinsatz in KölnTochter gab sich selbst die Schuld – emotionale Aussage vor Gericht

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Im Vordergrund ist der Rücken eines Beamten mit der Aufschrift „Justiz“ zu sehen, im Hintergrund ist unscharf der Sitzungssaal im Kölner Landgericht.

Fünf Polizeibeamte stehen unter anderem wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung im Amt vor dem Kölner Landgericht.

Im Zeugenstand berichtete die Tochter vom Tod ihres Vaters nach dem Polizeieinsatz in Köln-Bickendorf.

In einer emotionalen Zeugenaussage schilderte eine Krankenschwester am Montag im Landgericht, sich zunächst selbst die Schuld am Tod ihres Vaters gegeben zu haben. Sie hatte den Polizeieinsatz im April 2021 in Bickendorf ausgelöst, an deren Spätfolgen der 59-Jährige verstorben war. Heute wisse sie: „Die sind daran schuld.“ Die 32-Jährige schaute dabei in Richtung der fünf angeklagten Beamten.

Köln-Bickendorf: Polizeieinsatz nach Fahrerflucht

Zwei Wochen habe sie den Führerschein gehabt, als sie beim Ausparken gegen ein anderes Auto gefahren sei. „Ich habe lange auf den Besitzer gewartet, wollte das ohne Versicherung klären und den Schaden selbst zahlen“, erklärte die 32-Jährige. Aus Angst, direkt hochgestuft zu werden. Es sei aber niemand aufgetaucht, daher habe sie einen Zettel am Auto angebracht und sei gefahren.

Sie habe gewusst, dass das Ärger geben könnte und so kam es dann auch. Zeugen hatten Anzeige wegen Fahrerflucht erstattet, Polizisten suchten daher die Halteradresse auf. Hier trafen die Polizisten nicht auf die Unfallverursacherin, sondern auf deren Bruder. Der stellte den Kontakt zu seiner Schwester her, alles schien geklärt – der Einsatz hätte an der Stelle beendet werden können.

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Köln: 59-Jähriger starb nach einer Lungenentzündung

„Warum sind die Polizisten dann nicht einfach gefahren?“, fragte sich die 32-Jährige und weinte. Stattdessen hätten sie noch Nachfragen an den völlig unbeteiligten Bruder gehabt, der sich schikaniert fühlte. Dann tauchte der Vater auf, wurde aufbrausend. Der 59-Jährige fand sich später nach einer Fixierung auf dem Boden mit zwei gebrochenen Rippen im Krankenhaus wieder.

Die Tochter sagte, dass der Vater sich Wochen nach dem Einsatz plötzlich schlecht gefühlt habe. Er habe hohes Fieber bekommen und die Ärzte hätten gesagt, es sei kritisch. Er sei ins künstliche Koma versetzt worden und daraus nicht mehr erwacht. Zum Tode hätte eine Lungenentzündung geführt – wohl aufgrund schlechter Belüftung, weil der Mann durch die Rippenbrüche flacher geatmet hatte.

Kölner Landgericht: Tochter gibt den Polizisten die Schuld

Sie habe Selbstmordgedanken gehabt, da sie den Polizeieinsatz durch ihren Fehler ausgelöst habe. „Aber ich war es nicht, der ihm die Rippen gebrochen hat“, sage sie sich heute. Ihr Vater habe vor seinem Tod berichtet, die Polizisten hätten auf ihn geschlagen und getreten, als er bereits am Boden gelegen habe. Eine Anzeige habe er nicht stellen wollen und gesagt: „Das bringt ja eh nichts.“

Im Prozess geht es darum, ob die Polizisten unnötig Gewalt angewendet haben. Zeugen haben ihre Aussagen bereits teilweise relativiert. Die Beamten sollen auch Gewaltverherrlichungen („Gerade einen umgeklatscht“) verbreitet haben. Das sei in privaten Chaträumen geschehen und daher dienstrechtlich nicht zu beanstanden, sagt Verteidiger Christoph Arnold. Der Prozess wird fortgesetzt.

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