„Intransparente Planung“Wie der Abbruch des Kölner Justizzentrums noch kippen könnte

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Das Justizzentrum mit Land- und Amtsgericht
von weiter weg fotografiert.

Das Justizzentrum mit Land- und Amtsgericht an der Luxemburger Straße 101 soll eigentlich abgerissen und neu errichtet werden.

Der Abbruch des Justizzentrums in Köln könnte durch eine überraschende Entwicklung nun doch verworfen werden.

Das Justizzentrum in Köln-Sülz soll nach dem Willen der Landesregierung abgebrochen und neu errichtet werden. Doch die bisherige Planung für einen Abbruch und den Neubau an der Luxemburger Straße könnte durch die Ergebnisse eines Gutachtens womöglich ins Wanken geraten.

Hintergrund ist der Einspruch, den Helmut Röscheisen von der Kölner Ortsgruppe der Naturschutzorganisation BUND im November vergangenen Jahres beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eingereicht hat. Ende Januar 2023 hatte das Bund-Vorstandsmitglied angekündigt, „wegen der intransparenten Abrissplanung für das Justizzentrum Köln“ auf Basis des Umweltinformationsgesetzes Einblick in die Unterlagen zu fordern. Eine entsprechende Anfrage hatte der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW zunächst abgelehnt.

Kölner BUND erhält Einblick in Unterlagen

Im Rahmen seines Widerspruchs hat der Kölner BUND nun aber Auskünfte zur Sanierungsfähigkeit des mit 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern größten Justizgebäudes in NRW erhalten. „Das war eine enorme Überraschung, denn der BLB hat Untersuchungen dazu in Auftrag gegeben, die eindeutig die Sanierungsfähigkeit der Bestandsgebäude an der Luxemburger Straße zum Ergebnis haben“, sagte Röscheisen am Montag.

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Der BUND setzt sich auch aus Klimaschutzgründen für einen Erhalt und die Sanierung von Bestandsgebäuden ein. „Denn bei einem Abriss geht die graue Energie – also die Energiemenge für die Herstellung der Baustoffe wie Beton, Stahl und Steine sowie für ihren Transport, die Lagerung und den Bauprozess – verloren“, so Röscheisen.

Sanierung des Kölner Justizzentrums könnte „machbar und sinnvoll sein“

„Das Ergebnis der Nachuntersuchung zur Kernsanierungsfähigkeit des Justizzentrum Köln aus Juli 2023 ist, dass in allen 17 Unterpunkten des Gutachtens die Sanierung entgegen des bereits beschlossen Abrisses uneingeschränkt machbar und sinnvoll sein könnte“, sagte der Architekt und ehemalige Hochschulprofessor der Fachhochschule Aachen, Thomas Scheidler. Bewertet und geprüft worden sei demnach der „bautechnische Istzustand“ sowie die „Investitions- und Beschaffungskosten“ des im Jahr 1981 errichteten Gebäudes mit 23 Stockwerken.

Der BUND will mit seinem Widerspruch und der Veröffentlichung der Zusammenfassung des Gutachtens im Auftrag der BLB nun eine „Signalwirkung“ erzielen, wie das Vorstandsmitglied sagt. Die Vorbildfunktion öffentlicher Gebäude und die wichtige Rolle des Gebäudesektors insgesamt bei der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft seien immens, sagt Helmut Röscheisen. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens erwarte der Verein „die detaillierte Gegenüberstellung der Kernsanierung mit dem Neubau“.

Pressestelle des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW gibt keine Auskunft

Dem Stadtentwicklungsausschuss im Kölner Stadtrat sei die Möglichkeit zur Entscheidung für eine komplette Sanierung des Bestandsgebäudes vorenthalten worden, sagte Jörg Frank. Der ehemalige Fraktionschef der Grünen ist inzwischen in der BUND-Abteilung für Politik und Stadtentwicklung aktiv. Der Beschluss vom Juni 2022 und die Folgeentscheidungen seien „in Unkenntnis einer realistischen Alternative zum Neubau“ getroffen worden, so Frank.

Ob dieser Informationsmangel auch die inzwischen gewechselte Landeregierung von NRW betreffe, sei dem BUND nicht bekannt. Laut Röscheisen und Frank stehe „zumindest zu befürchten“, dass der neue Bauherr, Justizminister Benjamin Limbach (Grüne), nicht umfassend informiert worden sein könnte.

Die Pressestelle des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW beantwortete am Montag bis Redaktionsschluss die Fragen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ nicht, auch seitens des nordrhein-westfälischen Justizministeriums als Bauherrin war am Montag zunächst keine Stellungnahme zu bekommen.

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