„Mich wollte niemand“Wie sich der Kölner Musiker Jörg P. Weber immer neu erfindet

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Musiker und Entertainer Jörg P. Weber

Köln – „Nix es esu schläch, dat et nit för jet jot es!“ Diese rheinische Redensart trifft die Lebensphilosophie von Jörg P. Weber ziemlich gut. Die Corona-Pandemie legt natürlich auch dem Musiker und Sänger Fesseln an. Ausbremsen lässt er sich davon nicht. „Ich beschäftige mich grundsätzlich nicht so sehr mit der Frage, was alles nicht geht, sondern überlege mir lieber, welche anderen Möglichkeiten es gibt. Warum nicht mal etwas Neues ausprobieren“, sagt Weber.

Eingefallen ist ihm zum Beispiel die Dokumentation „Bliev zo Huss un maach Kultur“. Für den in Zusammenarbeit mit Michael Knipprath gerade fertiggestellten Film hat Weber elf neue Lieder geschrieben und mit seiner Leica-Kamera ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Fotos gemacht. Alles aufgenommen im und aus dem eigenen Wohnzimmer(fenster).

Wo sich das befindet, verrät ein Hinweis zum Film: „Blues über Taschenmacher“. Die Produktion wurde gefördert durch das nordrhein-westfälische Ministerium für Kultur und Wissenschaft und ist auf Youtube zu sehen.

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Jörg P. Weber hat sich ständig neu erfinden müssen

Die Situation, alte Gleise verlassen und neue Wege gehen zu müssen, kennt Jörg P. Weber gut. Der Künstler hat sich während seiner bisherigen Karriere ständig „neu erfinden“ müssen. „Ich war als Studiomusiker bei unzähligen Produktionen im Einsatz.“ Er hätte die Rolle als Zuarbeiter gern gegen ein Engagement als festes Bandmitglied eingetauscht. Es gab durchaus vielversprechende Gespräche mit einigen Musikgruppen, aber „mich wollte niemand“. Das stimmt nicht ganz. Ein paar Mal wollte er nicht. „Wenn ich das Gefühl hatte, es passt nicht, dann habe ich das gelassen.“

Weber ist ein sehr vielseitiger Künstler, in eine bestimmte Schublade passt er nicht. Völlig ausgeschlossen, dass er sich aus freien Stücken in eine setzen würde, nur weil sie offen ist. „Ich verstelle mich nicht. Das gefällt nicht jedem. Aber dann ist das eben so.“ Falsch einsortiert wurde der 46-Jährige in der Vergangenheit auch mitunter. 2014 stellte er sich als Solist beim Literarischen Komitee des Festkomitees vor. Ergebnis: „Die Verantwortlichen Karl Becker und Nadine Krahforst haben mich abgelehnt. Meine Art des Auftritts sei nix für den Karneval.“

Mit Mix aus Musik und Rede auf die Karnevalsbühnen

Das sieht das Publikum anders. Seit gut drei Jahren erobert Jörg P. Weber mit einem Mix aus Musik und Rede die Karnevalsbühnen. Auch das Festkomitee Kölner Karneval revidierte sein Urteil. 2020 trat Weber bei der Prinzenproklamation im Gürzenich auf und wurde begeistert gefeiert. Er schreibt und komponiert Lieder, arbeitet als Produzent und spielt virtuos Gitarre und Mandoline. Diese „Flitsch“ ist ein Geschenk von Hans Süper. „Der Hans ist eine Art musikalischer Ziehvater für mich. Nit wäje der Flitsch, sondern üvverhaup“, sagt Weber.

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Hochachtung hat er auch vor einem weiteren Großmeister der kölschen Musikszene. „Ich eifere Ludwig Sebus nach. Der Mann ist einfach großartig. Wir haben mitten in der Corona-Zeit gemeinsam ein Lied aufgenommen. Die Zusammenarbeit war sensationell.“ Die beiden Musiker haben den nahezu vergessenen Klassiker „Eu-Eu-Eugenie“ von Willi Ostermann neu interpretiert. Erschienen ist das Stück, das es zuvor nur als knisternde Aufnahme aus Schellack-Zeiten gab, auf der aktuellen Ausgabe der Musikreihe „Kölsche Heimat“ .

Drei weitere Kreativbereiche dazugekommen

Für Jörg P. Weber sind zuletzt drei weitere Kreativbereiche dazugekommen. Er moderiert Musikveranstaltungen und die Talk-Runde „Loss mer schwade“. Alles online, Fortsetzung nicht ausgeschlossen. „Das ist super, ich wusste vor der Corona-Zwangspause gar nicht, dass ich das kann und gut finde.“ Das gilt auch für seinen Einsatz als Schauspieler.

Für ein Autohaus in Pulheim hat er sieben Videoclips realisiert, einschließlich Drehbuch, Filmmusik und Produktion. Die Story: Ein Geheimagent begibt sich in Köln und Umgebung auf die Suche nach dem Jeck-Sein. Hauptdarsteller Weber spielt den Agenten, aber nicht irgendeinen: „Sein Name ist Jeck. 00Jeck“. 

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