Wir geben einen Überblick darüber, warum Köln schneller als Deutschland klimaneutral werden will – und wie das gelingen soll.
Die wichtigsten Fragen und AntwortenKöln will bis 2035 klimaneutral werden – ist dieses Ziel noch realistisch?
Köln will bis 2035 klimaneutral werden – aber woher kommt dieses Ziel überhaupt? Wir geben einen Überblick darüber, mit welchen Instrumenten die Stadt das schaffen will – und ob die Jahresmarke 2035 überhaupt noch realistisch ist.
Woher kommt das Ziel der Klimaneutralität bis 2035?
Aus dem Bündnisvertrag des Ratsbündnisses aus Grünen, CDU und Volt, den die Fraktionen nach der Kommunalwahl in Köln 2020 schlossen. In der Bündnisvereinbarung ist zum Thema Klimaneutralität als Ziel festgehalten: „Erreichen der gesamtstädtischen Klimaneutralität bis spätestens 2035: Dies impliziert eine konsequente Energiewende in der Stromerzeugung und Wärmebereitstellung sowie das aktive Wirken auf private THG-Emittenten zur Reduktion der energiebedingten THG-Emissionen.“ THG steht für Treibhausgase.
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Köln zeigt sich dabei ambitionierter, als es die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens vorsehen. Dort ist eine Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 festgehalten. Im Klimaschutzgesetz der Bundesregierung ist eine Klimaneutralität für Deutschland bis zum Jahr 2045 verankert, also fünf Jahre schneller, als es das Pariser Abkommen angibt. Bis 2030 sollen zudem die Treibhausgas-Emissionen bereits um 65 Prozent gesenkt sein. Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat sich zum Ziel gesetzt, die Landesverwaltung bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu gestalten. Das bezieht sich allerdings nur auf die Verwaltung, und nicht auf die Emissionen des gesamten Bundeslandes.
Gutachten beziffert Kölns Einsparpotenziale beim Klimaschutz
Wann wurde die Klimaneutralität Kölns bis 2035 beschlossen?
In der Ratssitzung am 24. Juni 2021, also vor drei Jahren. Das Ratsbündnis kommentierte die Entscheidung damals folgendermaßen: „Die Klimakrise ist da. Daher ist es jetzt Zeit, schnell zu handeln“, sagte Denise Abé (Grüne). Natürlich müssten dafür von Land und Bund die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Aber: „Auch wir in der Kommune können und wollen zum Vorbild und Impulsgeber beim kommunalen Klimaschutz werden und beweisen, dass die kommunale Klimaneutralität gelingen kann.“
Constanze Aengevoort (CDU) sagte: „Das ist kein Projekt mit schnellen Erfolgen, sondern erfordert Durchhaltevermögen. Dieses Durchhaltevermögen bringt meine Fraktion mit.“ Christian Achtelik (Volt) kommentierte: „Denn die Schritte, die wir heute nicht gehen, werden in die Grundrechte zukünftiger Generationen eingreifen. Daher ist es dringend notwendig, dass wir einen konkreten Maßnahmenplan vorlegen, der die einzelnen Schritte auf dem Weg zur Klimaneutralität aufzeigt.“ Die SPD hielt die Jahresmarke von 2035 damals für verfrüht und stimmte gegen den Antrag. Fraktionschef Christian Joisten sagte: „Wir wollen, dass die Verwaltung im Einvernehmen mit den Beteiligungsgesellschaften einen verbindlichen Fahrplan entwickelt, wie alle direkt beeinflussbaren Treibhausgasemittenten bis spätestens 2040 das Ziel der Treibhausgasneutralität erreichen.“
Was ist nach dem Beschluss passiert?
Als Handlungsrahmen für Kölns Weg zur Klimaneutralität wurde das Gutachten „Köln klimaneutral 2035“ erstellt, im Dezember 2022 erkannte der Stadtrat es an. Im Gutachten wurde festgehalten, dass eine Klimaneutralität bis 2035 zwar möglich, aber nur unter „erheblichen Anstrengungen“ zu leisten ist. Um die Treibhausgase zu neutralisieren, muss das Emissionsniveau in Köln im Jahr bei unter einer Million Tonnen CO₂-Äquivalenten liegen, im Jahr 2019 wurden in Köln noch 9,5 Millionen Tonnen Treibhausgase ausgestoßen. Im Gutachten ist festgehalten, dass Köln vor allem seinen Energiebedarf senken muss, zwischen 26 und 47 Prozent je nach Verbrauchssektor. Außerdem müssen fossile Energieträger zu 100 Prozent durch erneuerbare Energien wie Wärmepumpen oder Fernwärme ersetzt werden. Der steigende Strombedarf muss auch durch einen „erheblichen Ausbau von Photovoltaik und Windenergie auch auf dem Stadtgebiet Kölns“ gedeckt werden.
Köln muss 1,14 Millionen Tonnen an Treibhausgasen im Jahr einsparen
Was ist aus dem Gutachten gefolgt?
Aus „Köln klimaneutral 2035“ wurde der Klimaschutzaktionsplan extrahiert, der die Grundlage für alle Aktivitäten der Stadt im Hinblick auf die Klimaneutralität bildet. Nach einiger Verspätung wurde der Aktionsplan im November vergangenen Jahres vorgestellt. Im Aktionsplan ist festgehalten, dass die Stadt und die städtischen Unternehmen im Jahr 1,14 Millionen Tonnen an Treibhausgasen durch die festgesetzten Maßnahmen einsparen will. Von den rund neun Millionen Tonnen CO₂ und anderen Treibhausgasen, die Köln jährlich einsparen muss, um bis 2035 klimaneutral zu werden, kann die Verwaltung mitsamt der städtischen und teilstädtischen Unternehmen dem Aktionsplan zufolge realistisch betrachtet nur 30 Prozent (2,7 Millionen Tonnen pro Jahr), maximal aber 39 Prozent (3,5 Millionen Tonnen pro Jahr) beeinflussen. Der Rest entfällt auf private Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger.
Wie läuft die Umsetzung?
Unterschiedlich, vor allem im Energiesektor. Während die geplante Großwärmepumpe im Rhein der Rhein-Energie ein Vorzeigeprojekt ist, das die Stadt als „bedeutenden Schritt der Kölner Wärmewende“ bezeichnet, gibt es noch immer keine Windkraftanlage in der Stadt. Die Stadtentwässerungsbetriebe planen allerdings gerade eine Anlage in Stammheim. Auch beim Photovoltaik-Ausbau gibt es noch Luft nach oben. Bis 2030 soll es in Köln auf ausgewählten Flächen aber sowohl Windräder als auch große PV-Freiflächen geben.
Ist das Erreichen der Klimaneutralität bis 2035 noch realistisch?
„Ist es, aber nur sehr theoretisch“, hatte Anja Bierwirth, Expertin für Stadtwandel am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Juli gesagt. „Wenn wir jetzt alle Kräfte darauf fokussieren würden, könnte man es schaffen. Aber es stehen noch immense Transformationsprozesse an, wie im Verkehrsbereich.“ Der Verkehrssektor ist im Aktionsplan Klimaschutz noch nicht mit seinem Einsparungspotenzial beziffert, weil das Verkehrsdezernat aktuell am nachhaltigen Mobilitätsplan für Köln („Sustainable Urban Mobility Plan“, kurz SUMP) arbeitet. Das Klimadezernat geht unter anderem deshalb davon aus, dass die Stadt weitaus mehr als die bislang im Aktionsplan festgesetzten 1,14 Millionen Tonnen Treibhausgase pro Jahr einsparen kann.