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Eklat beim „Kölner Drogenkrieg“Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt

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Die drei Angeklagten mit Verteidigern, Dolmetscherin und Wachtmeister beim Prozess im Kölner Landgericht

Die drei Angeklagten mit Verteidigern, Dolmetscherin und Wachtmeister beim Prozess im Kölner Landgericht

Das Verfahren um die Geiselnahme in einer Lagerhalle stand eigentlich kurz vor dem Abschluss. Nun gibt es Streit um einen Zeugen.

Der Prozess um die Geiselnahme mutmaßlicher Mitglieder einer Kölner Drogenbande erlebt seinen ersten Eklat. Auf Anraten der Anwälte lehnten zwei Angeklagte den Vorsitzenden Richter Tilman Müller wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Die Niederländer werfen Müller vor, gegen das Prinzip des fairen Verfahrens zu verstoßen – weil er angeblich wichtige Beweismittel ignoriere.

Köln: Mutmaßliche Mitglieder von Drogenbande als Geisel genommen

Der Prozess gegen die drei Beschuldigten aus Amsterdam läuft seit April und lief bisher ohne größere Konflikte ab. Die Vorwürfe: Die Angeklagten sollen als Auftragstäter mehrere Männer in einer Hürther Lagerhalle gefesselt und malträtiert haben. Ziel soll es gewesen sein, Informationen über einen Drogenraub zu bekommen. Der mutmaßliche Drogenboss Sermet A. soll seine eigenen Leute verdächtigt haben und hinter der Geiselnahme stecken.

Die Angeklagten hatten bereits umfangreiche Geständnisse abgelegt. Sie seien kurz zuvor von Hintermännern in Holland angesprochen worden, ob sie für etwa 2000 Euro einen Job in Deutschland erledigen wollten. Aus dem geplanten „Tagesausflug“ wurde nichts – die Männer wurden nach einem Zeugenhinweis noch am Tatort festgenommen und sitzen seit Juni in Untersuchungshaft.

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Köln: Befangenheitsantrag bremst das Verfahren aus

Der Vorsitzende Richter wollte eigentlich die Beweisaufnahme schließen und zu den Plädoyers übergehen – dann hätte bereits kommende Woche ein Urteil gesprochen werden können. Doch nun bringt der Befangenheitsantrag das Verfahren ins Stocken. Eine andere Strafkammer des Landgerichts muss entscheiden, ob Richter Müller und seine Kollegen weitermachen dürfen. Geht der Antrag durch, dann platzt der Prozess und müsste mit anderen Richtern neu starten.

Die Verteidiger Maximilian Eßer und Tim Weller wehren sich gegen die Weigerung des Richters, Handyauswertungen und eine Anklageschrift bezüglich des wichtigen Zeugen J. beizuziehen. Der hatte die Angeklagten schwer belastet, gilt aufgrund seiner eigenen Verstrickung in den Komplex „Kölner Drogenkrieg“ aber nicht unbedingt als glaubwürdig. Handydaten könnten weitere Widersprüche aufdecken, so die Anwälte.

Köln: Strafkammer will Unterlagen nicht beiziehen

Der Vorsitzende hatte hingegen geäußert, die geforderten Unterlagen seien zur Urteilsfindung nicht erforderlich. Die Staatsanwältin sagte, selbst wenn der Zeuge in anderen Zusammenhängen falsche Angaben gemacht haben sollte, sei dies für die Glaubwürdigkeit im aktuellen Verfahren nicht entscheidend. J. hatte im Zeugenstand bekundet, von den Angeklagten gefesselt, geschlagen und mit einem Messer geschnitten worden zu sein.

Auch eine Schusswaffe soll eine Rolle bei der Geiselnahme gespielt haben, die den drei Angeklagten vorgeworfen wird. Die Niederländer sprachen lediglich von Schlägen. Auch von Todesdrohungen oder der Androhung, die Geisel mit kochendem Wasser zu übergießen oder ihr die Fußnägel zu ziehen, könne laut den Angeklagten keine Rede sein.

Die Anwälte sprechen von einer bewussten Falschaussage des Zeugen. Wäre dem so und die Handlungen in der Lagerhalle seien nicht so schwerwiegend wie angeklagt, dann könnte auch die Strafe milder ausfallen. Ursprünglich hatte das Gericht für die erwachsenen Angeklagten Strafen bis etwa neun Jahre Gefängnis angedacht. Die Verteidiger bewerten das als völlig überzogen.