Der 28-Jährige soll Teil einer Kalker Drogenbande gewesen sein. Er spricht von Folter in einer Lagerhalle.
Neue Anklage im „Kölner Drogenkrieg“Vom Täter zum Opfer – Kronzeuge droht Gefängnisstrafe

Die drei angeklagten Niederländer mit Verteidigern, Dolmetscherin und Wachtmeister beim Prozess im Kölner Landgericht
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Der Komplex „Kölner Drogenkrieg“ ist verworren. Nach einem Verrat innerhalb einer Kalker Drogenbande gibt es Täter und gleichzeitig viele Geschädigte. Die Kölner Staatsanwaltschaft hat aktuell Anklage gegen den 28-jährigen Amad J. erhoben. Der Mann soll an einer Lieferung von 700 Kilogramm Marihuana beteiligt gewesen sein – Tage später wurde er laut eigener Aussage gefoltert.
Köln: Nach Drogenraub in Hürther Lagerhalle gelockt
Mit zwei weiteren mutmaßlichen Mitgliedern der Drogenbande soll der Beschuldigte J. das Cannabis an einer Lagerhalle in Hürth in Empfang genommen und bewacht haben. Da ein Revolver im Spiel gewesen sein soll, spricht die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage vom bewaffneten Handeltreiben, das im Normalfall bereits mit einer Gefängnisstrafe von mindestens zwei Jahren geahndet wird.
Zum Opfer wurde J., nachdem 350 Kilogramm des Marihuanas aus der Lagerhalle geraubt wurden. Der mutmaßliche Bandenboss Sermet A. soll danach innerhalb seiner Gruppierung „ermittelt“ und mehrere Verdächtige erneut in die Hürther Halle gelockt haben – darunter Amad J. Laut Akten wurden dort drei Niederländer eingesetzt, Druck auf die Männer auszuüben. Notfalls mit Gewalt.
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Köln: Angeklagte streiten mehrere Foltervorwürfe ab
Die drei Beschuldigten müssen sich bereits vor dem Kölner Landgericht verantworten. Beim laufenden Prozess gaben die Angeklagten zu, von Hintermännern in den Niederlanden engagiert worden zu sein. In Hürth hätten sie die mutmaßlichen Mitglieder der Drogenbande mit Kabelbindern an Stühle gefesselt. Ihr Auftrag sei es gewesen, Informationen zu dem Drogenraub zu erlangen.
Amad J. hatte als Zeuge ausgesagt, man habe ihm zusätzlich den Mund zugeklebt. Die Geiselnehmer hätten ihm mit einem Gegenstand auf den Rücken geschlagen und mit einem Messer in den Oberarm geschnitten. Dann habe man ihm die Socken ausgezogen und gedroht, ihm die Zehnägel zu ziehen. Auch mit dem Übergießen mit kochend heißem Wasser aus einem Wasserkocher sei gedroht worden.
Köln: Prozess gegen Niederländer vor dem Abschluss
Ein Niederländer räumte im Prozess ein, eines der Opfer mit einem Stock auf den Rücken geschlagen zu haben. Ansonsten habe man mit bloßen Händen zugeschlagen. Dass ein Messer im Spiel war, bezweifeln die Verteidiger. Sie wiesen auf widersprüchliche Angaben von J. hin. Der habe sich durch eine dramatischere Schilderung womöglich Vorteile im damaligen Zeugenschutzprogramm erhofft.
Während der Prozess gegen die drei Niederländer vor dem Abschluss steht, ist die Anklage gegen Amad J. noch nicht zugelassen. Er soll sich nach dem Willen der Staatsanwaltschaft bald mit drei weiteren Beschuldigten vor Gericht verantworten. Ihnen wird in unterschiedlicher Beteiligung die Mitwirkung an einer Lieferung von 586 Kilo Marihuana nach Leverkusen und ein Raubgeschehen vorgeworfen.