Kampf gegen StraßenkriminalitätPolizei verhaftet 39-Jährigen bei Razzia gegen Profibanden in der Altstadt

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Polizisten nehmen einen Mann fest, der mit Haftbefehl gesucht wurde.

Polizisten nehmen einen Mann fest, der mit Haftbefehl gesucht wurde.

Die Täter begehen Überfälle und Diebstähle, fielen aber zuletzt auch mit einer ganz neuen Masche auf.

Die Altstadt ist eigentlich ihr Rückzugsgebiet, ihr „Chill-Raum“, wie Kriminalhauptkommissar Günther Korn es nennt. Am Mittwochnachmittag (21. Juni) aber dringen plötzlich Polizisten, Zollfahnder und Ermittler vom Ausländer- und Ordnungsamt in die Ruhezone der Taschendiebe und Kleinkriminellen ein. Hier, im Umfeld des Heumarkts, treffen sich die jungen Männer nach Erkenntnissen der Polizei, um in der Sonne zu sitzen, gemeinsam zu rauchen, zu trinken oder ihre Beute in Spielhallen und Shisha-Bars durchzubringen – bevor sie am Abend zu neuen Diebestouren durch die Stadt aufbrechen.

Am Mittwoch verhaften die Beamten in einer Spielothek einen Mann (39), der mit Haftbefehl wegen Körperverletzung gesucht wurde. Zahlreiche weitere wurden kontrolliert. Für die Polizei sei es wichtig, die „Hoheit auf der Straße“ zu behalten, sagt Günther Korn. Seit etwa drei oder vier Monaten habe sich die Szene aus vorwiegend algerischen und marokkanischen Straftätern in die Altstadt verlagert, berichtet er. Zuvor sei ihr Revier vornehmlich der Bereich auf und um die Kalker Hauptstraße gewesen. Dort sollen die Männer nicht nur ihre Taten begangen haben. Einige von ihnen sind dort offenbar auch bei Landsleuten und Verwandten untergekommen.

Die Kalker Hauptstraße ist weitgehend befriedet, die Zahl der Straftaten dort stark zurückgegangen
Günther Korn, Erster Kriminalhauptkommissar Polizei Köln

Weil die Polizei in Humboldt-Gremberg zuletzt aber wiederholt mit Razzien auf sich aufmerksam gemacht hat, zog es die Täter nun offenbar ins Linksrheinische. „Die Kalker Hauptstraße ist weitgehend befriedet, die Zahl der Straftaten dort stark zurückgegangen“, berichtet Korn.

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Polizisten laufen bei der Razzia über den Heumarkt.

Polizeirazzia gegen Straßenkriminalität in der Altstadt.

Fast 20 Taschendiebstähle täglich wurden der Polizei voriges Jahr in Köln gemeldet, das sind 20 Prozent mehr als im Jahr davor. Eine Vielzahl rechnen die Ermittler den Verdächtigen aus Algerien und Marokko zu. Aber nicht nur das: Auch Ladendiebstähle, Raubüberfälle und Trickbetrug etwa durch Antanzen in Partyzonen gingen auf ihr Konto, ebenso wie eine noch relativ neue Masche: Auf E-Scootern fahren die Täter dicht an Fußgängern vorbei und reißen ihnen ihre Smartphones aus der Hand.

Köln: Viele Täter geben falsche Personalien an

30 mutmaßliche Intensivtäter hätten zuletzt identifiziert werden können, sagt Korn. 21 seien in Haft gegangen. Häufig behaupten die Verdächtigen, noch minderjährig zu sein, um eine harte Bestrafung zu vermeiden. Aber zum Beispiel durch den Abgleich mit Visa-Anträgen in ihren Heimatländern, bei denen auch Fingerabdrücke gespeichert wurden, könne mitunter die wahre Identität der Männer ermittelt werden. In der Regel handele es sich um Erwachsene. Die Zusammenarbeit der algerischen Behörden mit der hiesigen Polizei habe sich zuletzt deutlich verbessert, schildert Korn.

Nach Erkenntnissen der Polizei putschen sich manche Täter mit Medikamenten auf, die Angstgefühle unterdrücken und eigentlich Traumapatienten verschrieben werden. Andere haben Kapseln mit einer Substanz dabei, die epileptische Anfälle auslöst und die die Männer kurz vor einer Festnahme schlucken, „um unsere Maßnahmen zu konterkarieren und den Druck auf uns zu erhöhen“, sagt Korn. Denn sie müssten dann umgehend ins Krankenhaus gebracht und behandelt werden. Gedealt werde mit solchen Medikamente zum Beispiel auf dem Schwarzmarkt am Neumarkt.

Aus ihren Ermittlungen weiß die Polizei, dass die Verdächtigen durch halb Europa reisen und auch etwa in Italien, Spanien und Frankreich Straftaten begehen. In Köln seien derzeit vermutlich mehr als hundert von ihnen aktiv. Auch in den kommenden Monaten will die Polizei mit ihrer Ermittlungsgruppe „EG Atlas“, benannt nach dem Atlas-Gebirge im Nordwesten Afrikas, den Druck auf die Täter in Köln hochhalten. 

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