Unterirdische Fluchtrouten für EhemännerLegenden, Gerüchte, Prominente – das Schmitze Lang wird 125 Jahre alt

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Zwei Männer stehen an einer Theke im Schmitze Lang.

Wirt Jürgen Mertes und Geschäftsführer Alexandro Pereira vom Schmitze Lang.

Am Samstag feiert das Schmitze Lang Jubiläum. Jürgen Mertes und Alexandro Pereira wollen das Brauhaus wieder zum Wohnzimmer des Vringsveedels machen. 

Im Schmitze Lang gebe es drei Probleme, erzählt Wirt Jürgen Mertes in gewohnter kölscher Direktheit. „Die Nachbarn, die Nachbarn und dann haben wir noch ein großes Problem, und zwar die Nachbarn.“ Seit 125 Jahren ist die Kneipe in der Severinstraße 62 beheimatet, und das wird an diesem Samstag gefeiert. Und obwohl das Schmitze Lang vor allen Nachbarn hier war, gebe es oft Beschwerden. An Rosenmontag habe jemand um 23 Uhr die Polizei gerufen – wegen Ruhestörung. Vermutlich ist das mit ein Grund, warum hier zuvor so oft der Betreiber wechselte.

„Aber wir sind keine Aufgeber-Typen“, sagt Mertes. „Wir“ sind er und Geschäftsführer Alexandro Pereira, die das Lokal erst im Juli 2022 übernommen haben. Das Schmitze-Lang sei ein „geiler Laden“ und ein „echt kölsches Brauhaus“; damals, also 1898, gegründet als „Em Löffel“ von Josef Schmitz.

Ein Zeitungsausschnitt von 1922, der das Em Löffel bewirbt.

Ein Zeitungsausschnitt von 1922.

Dessen Sohn, Heinrich, war ausschlaggebend für den heutigen Namen. Denn er war großgewachsen: „Der 1,98 Meter, 160 Kilo, und hatte so 'ne Giraffenhals. Und wie das früher in Kölle war, war der dann ‚Dä Lang‘“ erzählt Mertes. „So wurde der Laden dann in Schmitze Lang umbenannt und war so viele Jahre erfolgreich.“

Unterirdische Fluchtrouten für Ehemänner im Schmitze Lang

Da gebe es etliche Legenden und Geschichten, nicht alle jugendfrei, sagt Mertes, andere werden bei Brauhaustouren verzällt.

Schwarz-weiß Foto vom Schmitze Lang.

Eine alte Aufnahme vom Schmitze Lang ohne genaue Datierung.

Er erzählt: „Da war es mal im Dach am Durchregnen, da ist der Schmitze Lang hinjejange, hätt da einen Teller drunterjepackt und mit einem Besenstiel festjehalten. Da kam ein Gast, eine Frau, vorbei, fragt, ob sie helfen kann. Da sacht der: Halt ma' kurz! Und drückt ihr den Besenstiel in die Hand. Dann hat der die da über Stunden stehenlassen.“ Eine weitere Legende führt gar in Kölns Untergrund.

Früher habe es einen unterirdischen Gang vom Keller des Ladens bis rüber zum Landsberger Hof auf der Landsbergstraße (heute ist dort der „100 Prozent Supermarkt“) gegeben, erzählt Mertes. Eine Fluchtroute für Ehemänner: „Wenn der Mann hier abends an der Theke am suffe wor und die Frau ihn am söke wor, hätt‘ der Wirt ihn jewarnt: ‚He Pitter, ding Frau kütt!‘ Dann ist der Mann runter in den Keller, durch den Stollen noh Huss und erop op die Couch.“ So konnte er ein Alibi vortäuschen und schwindelte: „Schatz, ich bin de janze Zick he“, sagt Mertes.

Schmitze Lang: Prominente Gäste und Wohnzimmer der Südstadt

Die blühendsten Zeiten bescherte Friedel Peitz dem Laden. „Der kommt auch mit 93 Jahren ab und zu hier rein. Isst `nen halve Hahn und trinkt ein paar lecker Mühlen-Kölsch“, sagt Mertes. 40 Jahre lang führte er das Schmitze Lang, lockte auch kölsche Prominenz her. Zu diesem Glanz wollen Mertes und Pereira den Laden wieder führen. Erst kürzlich habe er wieder die Bude vollgehabt, auch mit Promis: Musiker von BAP etwa, oder Kai Engel, und etwas verschwörerisch redet Mertes von einem roten Bus mit Fußballspielern, die sich durch den Hintereingang in die obere Etage schleichen, um dort in Ruhe zu feiern. „Also, nur zum Beispiel, rein theoretisch“, sagt er und grinst. Aber: „Hier kann jeder hinkumme. Das Schmitze Lang soll wieder das Wohnzimmer der Südstadt werden.“

Ein alte Grußkarte mit Schmitze-Lang-Motiv.

Ein alte Grußkarte mit Schmitze-Lang-Motiv.

Ich habe gehört, ich sei nur eine Marionette eines Motorradclubs.
Jürgen Mertes vom Schmitze Lang

Dafür haben er und das restliche Team den Laden umgekrempelt, nachdem sie ihn übernommen hatten. Die Küche, die Fassade, der Name – „mal anders“ kam als Zusatz hinzu. „Wir wollten uns von dem distanzieren, was mal war“, sagt Mertes. „Da sind die übelsten Geschichten erzählt worden.“ Gerüchte etwa, im Schmitze Lang herrsche eigentlich ein Rockerclub. „Da habe ich jetzt auch gehört, ich sei nur eine Marionette eines Motorradclubs.“ Dazu kann Jürgen Mertes nur eines sagen: „Nein.“

Aktuell seien sie nicht einmal in einem Bereich, in dem sie schwarze Zahlen schreiben. Investitionen und eine zeitweise Schließung im vergangenen Jahr hätten ein Minus eingefahren. „Aber ich denke, wir sind auf einem guten Weg“, sagt Mertes. Den bisherigen Weg des Schmitze Lang wollen er und Pereira an diesem Samstag, 14. Oktober, mit dem „kölschen Oktoberfess“ feiern. Schon ab 12 Uhr geht es mit der Jubiläumsparty mit Live-Acts los, das Ende ist offen.

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