„Körperverletzung und Zwangsprostitution“Wie es für die Bewohner der Obdachlosen-Unterkunft in Köln weitergeht

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An der Gummersbacher Straße hat das „OMZ“ keine Zukunft.

An der Gummersbacher Straße hat das „OMZ“ keine Zukunft.

Einen nahtlosen Übergang in ein neues Gebäude soll es für die Obdachlosen im „OMZ“ nicht geben. Die Stadt will so kriminelle Strukturen brechen.

Für die Bewohner geht es erst im Herbst weiter. Aber – hier liegt eine große Kontroverse – nicht für alle. In der Winterberger Straße in Merheim sollen zu Beginn rund 15 Personen Platz finden, aktuell wohnen mehr als 20 Personen in der Gummersbacher Straße. Auch mit der Selbstverwaltung ist es dann vorbei: In einem Bewerberverfahren sollen frühere obdachlose Menschen, die inzwischen bei dem neuen Projekträger arbeiten, bewerten, wer geeignet ist, um einzuziehen. Für den Übergang werden derzeit Wohnungen vorbereitet – doch das Interesse daran ist unter den Bewohnern bislang nicht groß.

Stadt Köln: „Körperverletzung und Zwangsprostitution“ im OMZ

Die Stadt sah sich aufgrund diverser Eskalationen gezwungen, die Selbstverwaltung zu beenden. In der Gummersbacher Straße hat es mehr als 100 Polizeieinsätze gegeben. Inzwischen hat die Stadt den Überblick darüber verloren, wer Bewohner ist – und wer sich ungebeten Zugang verschafft. Von „mafiösen Strukturen“ ist die Rede.

In den vergangenen Jahren sind Menschen dazugestoßen, die Schutzgeld-ähnliche Zahlungen einfordern. Wie zu hören ist, verhindere die Angst vor gewaltbereiten Bewohnern, die sich eingeschleust haben, dass Straftaten angezeigt werden.

„Mit jedem weiteren Tag, den das Projekt am jetzigen Ort und mit der jetzigen Kultur der Angst und Gewalt, droht für einige Bewohner eine Gefahr“, sagte Sozialdezernent Harald Rau dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Wir brauchen jetzt einen Schnitt, um die Situation, so wie sie jetzt ist, zu beenden. Ein nahtloser Übergang birgt die Gefahr, dass es weiterläuft wie bisher. Das Projekt jetzt auszusetzen, halte ich für die einzig zu verantwortende Entscheidung.“

Rau berichtet von „Körperverletzungen und Zwangsprostitution“, dies könne die Stadt nicht hinnehmen. „Die Begleitung durch einen professionellen Träger, die Aufnahme nach einer Bewerbungsprozedur und ein Regelwerk, das die Gruppenzusammensetzung steuert, schaffen die Möglichkeit für einen Neuanfang, der die guten Ideen des OMZ fortsetzt“, so Rau weiter.

Kölner OMZ-Unterstützer: „Obdachlose haben keine Lobby“

Innerhalb des Unterstützerkreises des OMZ ist die Rolle der Stadt umstritten. Einige halten das Vorgehen Raus für falsch und sehen die Stadt als Verhinderer einer echten Selbstverwaltung, die durchaus eine Perspektive habe. Bewohner, die sich illegal in Deutschland aufhalten und nicht aus der EU kommen, haben kein Recht auf eine Unterkunft in Trägerschaft – auch das sorgt für Kritik.

Kampf gegen Obdachlosigkeit muss Kölner Projekt werden

Sie müssen woanders unterkommen, etwa in der Einrichtung auf der Vorgebirgsstraße. Andere – wie etwa der frühere Pfarrer Hans Mörtter – sehen in der Stadt einen wichtigen Partner. „Obdachlose haben keine Lobby, ihnen wird immer noch die Schuld für ihre eigene Situation gegeben. Das muss sich in der Stadtgesellschaft ändern“, fordert er. „Der Kampf gegen Obdachlosigkeit muss ein Kölner Projekt werden.“

Er kritisiert, dass die Stadt zu spät Sozialarbeiter an die Gummersbacher Straße geschickt habe. Auch habe es an der Gummersbacher Straße keinen Versammlungsraum für alle Bewohner gegeben. Aus solchen Fehlern müsse man nun lernen.

Seine Forderung für diese Woche: Die Stadt solle keine Anzeigen stellen, solange nicht jeder Bewohner ein konkretes Angebot für eine Folgewohnung bekommen habe. „Wenn das geschehen ist, habe ich kein Problem damit, wenn die Gummersbacher Straße geräumt wird“, sagte er. Eine mögliche Räumung ist bislang nicht terminiert worden. Am Mittwoch sind Demonstrationen für den nahtlosen Übergang in das neue Gebäude geplant.

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