Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ist der Redebedarf zum Thema Antisemitismus auch unter den Mitarbeitenden der Stadt groß.
Hohe NachfrageStadt Köln bietet Workshops zu Antisemitismus für Mitarbeiter an

Patrick Fels von der Kölner Fachstelle gegen Antisemitismus bei einem Workshop für Mitarbeitende der Stadt Köln im NS-Dokumentationszentrum
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„Wenn einem Antisemitismus begegnet, muss man reagieren. Das kann nicht stehen gelassen werden“, sagt Patrick Fels von der Fachstelle gegen Antisemitismus der Stadt Köln. Doch um zu reagieren, braucht es Vorwissen. Was bedeutet Antisemitismus, woher kommt die Feindlichkeit Juden gegenüber und wie gehe ich damit um?
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und dem andauernden Kriegsgeschehen in Nahost rücken diese Fragen wieder vermehrt ins Bewusstsein der Menschen, auch unter den Mitarbeitenden der Stadt. Zwei Workshop-Termine im November zum Thema Antisemitismus waren innerhalb weniger Stunden ausgebucht. Weitere Bildungsangebote sollen im nächsten Jahr folgen.
Antisemitismus auf Kölner Schulhöfen: „Du Jude“ als Schimpfwort
Der drastische Anstieg antisemitischer Vorfälle begründet den Redebedarf ebenfalls: Allein die Fachstelle gegen Antisemitismus der Stadt Köln, die auch als Meldestelle fungiert, dokumentierte in dem Monat nach Kriegsbeginn 33 judenfeindliche Taten, so viele wie noch nie zuvor. „Jüdische Institutionen in Köln sind Angriffspunkte. Sie waren schon immer gefährdet und sind es jetzt noch mehr.“ Dafür will Fels sensibilisieren. Er ist auch der Meinung: „Köln ist nicht ausschließlich der Ort für Respekt und Akzeptanz, so wie es gerne gesagt wird.“
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Das zeigt auch der Austausch beim Workshop. Viele städtische Mitarbeitende bekommen judenfeindliche Vorfälle aber eher indirekt mit, zum Beispiel, wenn sie antisemitische Graffitis entfernen lassen. Einige wenige erleben es aber auch ganz unmittelbar, etwa als Lehrkraft auf dem Schulhof. „Du Jude“ wird dort als Schimpfwort benutzt. Meistens entscheide der Einzelfall über den Umgang mit derartigen Äußerungen. „Haltung zeigen“ sei bei diskriminierendem Verhalten aber immer angemessen, das ergibt die Diskussion im Seminarraum des NS-Dokumentationszentrums, an das die Fachstelle für Antisemitismus angesiedelt ist.
Es ist ein symbolträchtiger Ort für einen Workshop dieser Art. Von 1935 bis 1945 war das El-De-Gebäude Am Appellhofplatz Sitz der Geheimen Staatspolizei. Die Deportation von Jüdinnen und Juden in Ghettos und Vernichtungslager wurde von hier organisiert. Heute ist die Gedenkstätte ein Ort der Aufklärung.
Köln ist nicht ausschließlich der Ort für Respekt und Akzeptanz, so wie es gerne gesagt wird.
Diese ist auch den Mitarbeitenden der Stadt wichtig. In erster Linie geht es darum, den Kern des Konflikts zu verstehen und Antisemitismus einordnen zu können. Auch kritische Fragen sind erlaubt. Am Arbeitsplatz und zwischen Kollegen sei das häufig schwierig, sagen die Teilnehmenden.
Auch aus diesem Grund wollte die Fachstelle gegen Antisemitismus nach der jüngsten Eskalation des Nahost-Konflikts stärker auftreten als zuvor. „Als Teil der Stadt möchten wir darauf aufmerksam machen, dass es uns gibt, dass Mitarbeitende Vorfälle melden können und dass der Austausch zum Thema Antisemitismus wichtig ist“, so Fels.
Die Arbeit der Fachstelle, die in die Bereiche Dokumentation, Beratung und Bildung unterteilt ist, richte sich auch an alle anderen Bürgerinnen und Bürger Kölns. Seminarangebote zum Thema Antisemitismus bietet zudem die Kölnische Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit an.