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Köln früher und heuteWarum die Deutzer Schiffbrücke schließlich abdanken musste

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Die Deutzer Schiffbrücke entwickelte sich zu einem Verkehrshindernis, 1908.

Die Deutzer Schiffbrücke entwickelte sich zu einem Verkehrshindernis, hier ein Bild von 1908.

1822 ging die Schiffbrücke in Betrieb. Sie verband das Deutzer Rheinufer mit dem Heumarkt, musste aber 1915 der Deutzer Hängebrücke weichen.

Sie war ein Arbeitstier mit fast 100 Jahren auf dem Buckel und wenig Zukunft. Doch am 22. Mai 1911 putzte sich die Deutzer Schiffbrücke noch einmal heraus. Kaiser Wilhelm II. weilte nebst Gattin in der Stadt, um die nagelneue Hohenzollernbrücke ihrer Bestimmung zu übergeben. Die Schiffbrücke, die nur auf schwimmenden Kähnen ruhte und nicht aus Stein und Stahl bestand wie das neue Bauwerk, sah nun noch ein bisschen älter aus.

Doch der Kaiser nutzte bei seiner Rundfahrt durch Köln mit viel Trara auch die schwimmende Alternative. Von hier aus setzte er seine Reise auf dem Wasser fort. „Durch das in silbernem Scheine vieler hundert Glühlämpchen glitzernde wuchtige Portal der Schiffbrücke betraten die Majestäten gegen 9 ¾ Uhr den Dampfer Kronprinzessin Cecilie“, berichtete die „Kölnische Zeitung“.

Die Schiffbrücke musste bei jeder Durchfahrt eines Schiffs umständlich geöffnet werden

Kaiser Wilhelm II. hatte an diesem Tag an der Hohenzollernbrücke ein Reiter-Standbild seines Vaters Kaiser Friedrich III. enthüllt. Die Schiffbrücke wiederum führte direkt auf ein Denkmal des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. zu, das noch heute auf dem Heumarkt steht. Der König war es auch, der den Bau der ersten (halbwegs) festen Verbindung zwischen dem links- und rechtsrheinischen Köln seit vielen Jahrhunderten angeordnet hatte. 1822 ging die Schiffbrücke in Betrieb. Sie war ein Fortschritt für die Kölner, musste aber bei jeder Schiffspassage umständlich geöffnet werden.

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Heute führt die Deutzer Brücke zum Heumarkt.

Heute führt die Deutzer Brücke zum Heumarkt.

In den 1820er Jahren entwickelte sich am linken Rheinufer auch ein Schwerpunkt der Kölner Gastronomie und Hotellerie. Der Kölner Tourismus nahm zügig Fahrt auf, vor allem am Leystapel richteten mehrere Unternehmen der Dampfschifffahrt ihre Landungsbrücken ein. Von hier aus hatten es die Gäste nicht weit zu ihren Unterkünften, die mit ihren klassizistischen Fronten eine prägnante Rheinfassade bildeten. Über die Bahngleise erreichten ebenfalls Touristen die Innenstadt, dazu kam ein reger Güterverkehr zur Versorgung der rapide steigenden Einwohnerzahlen und der Industrie.

Mit den Jahren wurde die Verkehrssituation am Altstadtufer schwieriger

„Eine immer größere Zahl von Pferdelastfuhrwerken, Handkarren, Kutschen und Passanten traf auf den Straßen am Ufer und in Ufernähe mit deren schwierigen Bedingungen aufeinander“, schreibt Ute Beatrix Sardemann in ihrer Dissertation über die Umgestaltung des Kölner Altstadtufers im 19. Jahrhundert. Vor allem, wenn die Schiffbrücke ausgefahren wurde, die Überfahrt also nicht möglich war, behinderten sich die Verkehrsströme. Ein Problem, das mit den Jahren zunahm.

Die Deutzer Hängebrücke folgte 1915 der Schiffbrücke. Für den Neubau wurde eine breite Schneise in die Altstadt geschlagen.

Die Deutzer Hängebrücke folgte 1915 der Schiffbrücke. Für den Neubau wurde eine breite Schneise in die Altstadt geschlagen.

Wegen seines Ausblicks auf das lebhafte Rheinpanorama besonders beliebt war das „Café Rheinberg“, dessen stattliches Gebäude auf dem historischen Foto direkt links neben der Schiffbrücke zu sehen ist. Kurz vor dem kaiserlichen Besuch warb das Haus mit der „herrlichen Aussicht auf den ganzen Rheinstrom“ und für seine „Tribünenplätze auf der Glasterrasse“. Doch die Tage des Gasthauses waren zu diesem Zeitpunkt schon gezählt.

1915 wurde die Schiffbrücke durch die Deutzer Hängebrücke ersetzt

Die Vorbereitungen für eine feste Straßenbrücke als Ersatz für die zum Verkehrshindernis gewordene Schiffbrücke hatten bereits begonnen. Schon für die Markthalle am Heumarkt waren viele Gebäude des alten Rheinviertels abgebrochen worden. Nun musste auch für die Rampe der „Deutzer Hängebrücke“ Platz geschaffen werden. Es habe sich um einen Einbruch gehandelt, der „städtebaulich nie bewältigt worden ist“, so der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings. Ende der 1920er Jahre stellte auch die Mülheimer Brücke ein ganzes Stadtbild auf den Kopf.

Die Deutzer Hängebrücke wurde später in Hindenburgbrücke umbenannt, an ihrer Stelle steht heute die Deutzer Brücke. Als die Nachfolgerin der Schiffbrücke 1915 in Betrieb ging, war kein Kaiser mehr zur Stelle. Mittlerweile hatte der Erste Weltkrieg begonnen, die Feierlaune war verflogen. Die erste Überfahrt einer elektrischen Straßenbahn begleitete die Kölnische Zeitung 1915 mit spärlichen Worten: „Die Probefahrt verlief gut.“