Die Kölner Kämmerin Dörte Diemert erklärt die Gründe für die Haushaltssperre – und fordert eine kritische Prüfung aller Ausgaben bis Jahresende.
„Deutliches Signal“Kölns Kämmerin Diemert erklärt die Haushaltssperre

Die Kölner Kämmerin Dörte Diemert verhängte am Dienstag eine Haushaltssperre für die Stadt Köln (Archivbild).
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Frau Diemert, Sie haben am Dienstag eine Haushaltssperre bis Jahresende verhängt. Was erhoffen Sie sich, wie viel jetzt in den zwei Monaten eingespart wird?
Dörte Diemert: Es wäre nicht seriös, jetzt eine genaue Zahl zu benennen, weil das auch Ergebnis der jeweiligen Prüfungen in den Fachbereichen ist. Es gibt sicherlich unabweisbare Themen, das lässt sich derzeit aber noch nicht in genauen Beträgen beziffern. Uns war wichtig, dass wir jetzt keinesfalls einfach unverändert in der Haushaltsbewirtschaftung weiter voranschreiten, sondern ein ganz, ganz deutliches Signal setzen, mit dem die gesamte Verwaltung weiß: Sie muss alles, was jetzt noch passiert, bis Ende des Jahres sehr kritisch daraufhin überprüfen, ob es wirklich sein muss.
Welche Stellen sind das denn, die jetzt noch weiter sparen können?
Wir haben die gesamte Verwaltung dazu aufgefordert, ihre Notwendigkeiten zu betrachten und zu hinterfragen. Das betrifft sowohl den internen Bereich, also zum Beispiel die Fragen, welche Veranstaltungen werden durchgeführt, welche Dienstreisen werden gemacht, welche Fortbildungen, aber auch welche sonstigen Maßnahmen und Beschaffungen, die man sonst vielleicht gemacht hätte, wenn im jeweiligen Budget am Ende des Jahres noch etwas übrig ist. Wir haben in die Haushaltssperre aber die Bauinvestitionen im Moment nicht mit reingenommen, weil wir einen künstlichen Stopp der Bauprojekte verhindern wollten. Wir werden uns allerdings langfristig auch die Bauprojekte anschauen müssen, insbesondere im Rahmen des Haushaltsplans 2027, weil gerade große Investitionsprojekte auch Folgekosten nach sich ziehen.
Wie hoch ist die Summe der freiwilligen Leistung, die die Stadt Köln dieses Jahr finanziert hat, also etwa Zuschüsse an Vereine und die Kultur?
Die Abgrenzung ist in dieser Trennschärfe nicht möglich. Mir ist es wichtig, dass nicht diejenigen, die von komplett freiwilligen Leistungen profitieren, denken, wir fokussieren uns nur auf Einsparungen bei ihnen. Sondern wir müssen auch die Bereiche in den Blick nehmen, wo wir zwar pflichtig sind, die Standards der Aufgabenwahrnehmung aber mitgestalten können. Sonst lastet der Druck wirklich nur auf den rein freiwilligen Bereichen, und das ist nicht unser Ansatz. Das haben wir auch schon in der Vergangenheit bewusst vermieden.
Wird dann im Dezember auch der Haushalt 2026 nochmal aufgemacht?
Die Haushaltssperre betrifft die Bewirtschaftung eines beschlossenen Haushalts. Der Haushalt 2026 ist beschlossen und wirksam. Bei einer Haushaltssperre auch für 2026 dürften bestimmte Ermächtigungen, die im Haushalt enthalten sind, nur eingeschränkt genutzt werden. Nur wenn die Haushaltsentwicklung noch dramatischer als bisher verläuft, kann es uns tatsächlich passieren, dass wir den Haushalt 2026 noch einmal vollständig aufmachen und einen Nachtragshaushalt erlassen müssen. Das ist aber etwas, was wir in jedem Fall vermeiden wollen. Deswegen reagieren wir frühzeitig und versuchen damit, weiter gegenzusteuern.
Sie haben schon gesagt, Köln stehe stellvertretend für etliche Kommunen, die immer mehr Aufgaben mit immer weniger finanziellen Spielräumen bewältigen müssen. Sind die Regelungen, die die schwarz-grüne Landesregierung zur Entschuldung der Kommunen vorgelegt hat, ausreichend?
Die Altschuldenlösung, die das Land nun angekündigt hat, ist ein sehr wichtiger Schritt. Und es ist auch ein wichtiges Signal, dass die Landesregierung sich der Problematik der Kommunalfinanzlage bewusst ist. Gleichzeitig gilt aber: Das löst nicht die strukturelle Schieflage, die wir im Moment in den Haushalten vieler Städte und Gemeinden haben.
Sondern? Was würde Ihnen wirklich helfen?
Was wir benötigen, ist eine insgesamt verbesserte Finanzausstattung der Kommunen, insbesondere eine dauerhafte auskömmliche Finanzierung, die mit der Dynamik etwa bei der Entwicklung im Bereich der Sozialausgaben Schritt hält.
Die Unterstützung von Land und Bund entwickelt sich nämlich nicht so dynamisch, wie das notwendig wäre, um diese massiven Kostenzuwächse abzudecken. Ein Großteil des Problems, das wir im Moment bei uns im Haushalt erleben, ist durch bundesseitig geprägte Aufgaben geprägt. Wir können die Kostenentwicklung in diesen Bereichen nur sehr eingeschränkt beeinflussen. Das hat dann zur Folge, dass wir so reagieren müssen, wie wir im Moment reagieren. Und das bedeutet, dass es insbesondere in den weitgehend freiwilligen Bereichen eine hohe Unsicherheit und enormen Druck gibt.
Dörte Diemert (geb. 1974), ist seit 2019 Stadtkämmerin und somit Finanzchefin im Rathaus. Vorher war die parteilose Juristin unter anderem Hauptreferentin beim Deutschen Städtetag und Kämmerin in Duisburg. Seit 2016 ist sie Honorarprofessorin an der Universität in Münster. (red)


