Bei der Sanierung der Zimmer mit Dom-Blick wurde die nahezu unversehrte, fast 60 Jahre alte Ausgabe gefunden.
Fund im Excelsior„Kölner Stadt-Anzeiger“ von 1966 steckte in der Wand von Luxus-Hotel

Die lokale Titelseite vom 26. Januar 1966: Es ging um Kahlschlag im Königsforst und einen umgekippten Laster auf der Severinsbrücke.
Copyright: Arton Krasniqi
„Wenn Wände sprechen könnten“ ist ein altes Sprichwort. Im Excelsior Hotel Ernst haben sie es in gewisser Weise getan. Bei Umbauarbeiten in den Zimmern mit Dom-Blick fanden Handwerker in einer Wand eine unversehrte Ausgabe des „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom Mittwoch, 26. Januar 1966. Sie steckte zusammengerollt im lockeren Bimsstein. Damals war es üblich, das bröselige Baumaterial mit Papier als Füllmasse zu stabilisieren. Dank der großen Trockenheit in der Bimswand blieb die Zeitung fast 60 Jahre lang unbeschädigt.
Die Schlagzeilen im Kölner Lokalteil zeigen, dass bestimmte Themen schon immer aktuell waren. Die Überschrift des Aufmachers auf der Seite Eins ist: „100-jährige Eichen und Buchen gefällt: Die Axt wütet im Königsforst.“ Im Text empört sich Kölns ehemaliger Stadtdirektor Hans Berge: „Die Kahlschläge, die die staatliche Forstverwaltung im Königsforst betreibt, sind nicht zu vertreten.“
Severinstraße durch Straßensplitt zwei Stunden blockiert
Ebenfalls auf der Seite 1 wird mit zwei Fotos berichtet: „Zwei Stunden lang fehlte eine Brücke – Unfall brachte den Stadtverkehr durcheinander.“ Auf der Severinsbrücke herrschte Stillstand, nachdem ein mit Straßensplitt beladener Lastwagen umgekippt war.
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Auch damals schon waren die Spannungen zwischen Gastronomie und Nachbarschaft ein Thema. „Die Nachbarn atmen auf – Schankerlaubnis für zwei Gaststätten in der Wahlenstraße und der Severinstraße entzogen“ heißt es da. „Lärm, Anpöbeleien und Schmutz an den Hauswänden“ hätten immer wieder zu Beschwerden geführt. Und das Lokal in der Wahlenstraße wurde als „der größte Unruheherd in Ehrenfeld“ bezeichnet. „Das Amt für öffentliche Ordnung kam schließlich zu der Auffassung, daß Aufmachung und Führung des Betriebs ‚dem Verlangen verwahrloster Jugend nach primitivsten und frivolsten Amüsement‘ entgegen komme.“
Brötchen kosteten nur vier Pfennig
Weiter geht es mit einem Aufreger um Brötchenpreise. „Ein Späher im Brötchenkrieg – Kölner Bäcker-Innung legte Proben auf die Briefwaage“ wird getitelt. „Die Brötchen, die der Kölner Bäckermeister seinen Kunden seit gestern zum Schleuderpreis von vier Pfennig über die Theke reicht, liegen den Zunftgenossen schwer im Magen.“ Und ein Innungsmitglied wird zitiert: „Für so wenig Geld erstklassige Ware zu liefern, das dürfte unmöglich sein.“ Der übliche Preis lag damals bei zehn Pfennig. Der Obermeister erinnerte: „Im Krieg kostete ein Brötchen vier Pfennig.“ Inzwischen seien aber die Rohstoff- und Lohnkosten viel höher. Die Vier-Pfennig-Brötchen könne der Bäcker wohl nur anbieten, weil sein Brot- und Gebäcksortiment ansonsten preislich mit an der Spitze liege. Es sei ein „Lockartikel“.

Ein Kölner Bäcker bot Brötchen für vier Pfennige an, das rief die Innung auf den Plan.
Copyright: Christiane Vielhaber
Und als Ausgleich zu all dem Ärger geht es in „Kußhändchen in der Klasse – Karneval gehört zum Unterricht“ um die Karnevalsvorbereitungen in der Katholischen Volksschule Zugweg – schließlich erschien die Zeitung kurz vor Fastelovend.
Excelsior hat nun die vielleicht größte Suite aller Kölner Hotels
„Die Handwerker sind sofort zu uns gekommen und haben uns den Fund gezeigt, das ist doch ein schönes Stück Geschichte“, sagt Hoteldirektor Georg Plesser. Die Zeitung sei auch Zeugnis der langen Historie des Hotels – und des ständigen Auftrages, die 162 Jahre „alte Dame“, wie Plesser das Hotel liebevoll nennt, in Schuss zu halten.

Hoteldirektor Georg Plesser mit dem fast 60 Jahre alten „Kölner Stadt-Anzeiger“
Copyright: Arton Krasniqi
Das Excelsior Hotel überstand im Gegensatz zum Dom-Hotel den Zweiten Weltkrieg nahezu unversehrt. Lediglich das fünfte Stockwerk brannte aus. Entsprechend alt ist die Bausubstanz. Die Sanierung der 23 Domblick-Zimmer war da irgendwann dringend notwendig geworden. „Das ist unser ältester Bauteil.“ Die Arbeiten liefen sukzessive über zwei Jahre. Zum Schutz der Gäste wurden unter anderem zusätzliche Schallschutztüren eingebaut und die Arbeiten begannen erst nach 9 Uhr.

Eine der neugestalteten Suiten mit Dom-Blick
Copyright: Excelsior Hotel Ernst
Nun sind die letzten acht Zimmer im dritten Stock, wo der „Kölner Stadt-Anzeiger“ gefunden wurde, kurz vor der Vollendung. Die Bäder wurden komplett erneuert, hier gab es teilweise noch Bleirohre. Moderne Klimatechnik wurde eingebaut, Teppiche gegen Parkett ausgetauscht und die Einrichtung und Farbgebung von einer Innendesignerin völlig neu gestaltet.
Stellenanzeigen richteten sich nur an Frauen
Teilweise wurde auch der Zuschnitt der Zimmer verändert. So können nun drei nebeneinander liegende Zimmer mit jeweils einem eigenen Bad bei Bedarf zu einer großen Suite zusammengefasst werden. „Mit rund 200 Quadratmetern ist das vielleicht die größte Suite Kölns“, sagt Plesser. Kosten wird sie zwischen 8000 und 10.000 Euro pro Nacht. Sie ist gedacht für Familien, die Nannys für die Kinder dabeihaben oder für Promis mit einer Entourage samt Security-Leuten. So etwas ist üblich in einem Luxus-Hotel.
Dieser Abschnitt ist nun fertig, aber die Arbeit hört nie auf. „Die alte Dame will gut gepflegt werden“, sagt Hoteldirektor Plesser. Die Maler und die Haustechnik seien jeden Tag irgendwo beschäftigt und in der Regel muss ein Hotelzimmer alle sieben bis zehn Jahre renoviert werden – wenn auch nicht immer gleich die Wand aufgeklopft werden muss.
Den gefundenen „Kölner Stadt-Anzeiger“ will Plesser in Ehren halten. Schließlich ist er auch ein Zeichen dafür, wie die Zeit voranschreitet, nicht nur im Hotel. Es gibt Werbung für längst verschwundene Geschäfte wie Hertie. Damals gab es eine Seite „Für die Frau“, in der unter der Überschrift „Mehr Stil in deutschen Stuben“ über die Möbelmesse berichtet wurde – die wegen der schlechten Lage der Branche 2025 ausfallen musste. Und damals erschienen noch Stellenanzeigen, die nur an Frauen gerichtet waren. Da wurde ausdrücklich eine „Mitarbeiterin für den Telefondienst“ gesucht oder eine „erfahrende Stenotypistin“, während Ford einen „Lehrling“ sucht. So etwas gibt es nicht mehr, genauso wie Bleirohre und Teppichböden in den Zimmern mit Dom-Blick.