Kölner Yoga-Lehrer„Online-Klassen sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein”

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Frank Schuler und seine Mitarbeiter hatten von einem auf den anderen Tag keine Einnahmen mehr.

  • Drei Monate nach dem Ausbruch der Corona-Krise in Deutschland haben wir Kölner, die außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt waren, gebeten, Bilanz zu ziehen.
  • Frank Schuler, Yogalehrer und Geschäftsführer von Lord Vishnus Couch in Köln, hatte von einem auf den anderen Tag keine Einnahmen mehr.
  • Im Gespräch erzählt er von dem gesellschaftlichen Beitrag, den Yoga leistet, der „Dürre-Periode” in seinen Studios trotz Lockerungen und wie er trotz innerer Unruhe versucht, positiv zu bleiben.
  • Lesen Sie hier auch weitere Erfahrungsberichte.

Köln – Uns als Geschäftsführer von einem Yoga-Studio mit vier Filialen hat die Pandemie kalt erwischt.

Wir sind Lehrer, Ausbilder und Dienstleister und haben viel Nähe und Kontakt zu den Teilnehmern. Der musste natürlich eingestellt werden. Durch die Schließungen gab es von einen auf den anderen Moment keine Einnahmen mehr, das bedroht die Existenz und beunruhigt einen innerlich sehr. Wir haben unsere zwanzig Angestellten vorübergehend in Kurzarbeit geschickt, über Mieten verhandelt und Soforthilfen beantragt.

Gleichzeitig suchten wir nach kreativen Lösungen. Wir haben Online-Kurse aus dem Boden gestampft. Angefangen haben wir mit einem kostenlosen Programm auf Instagram. Die Kurse haben über tausend Teilnehmer täglich erreicht. Mittlerweile bieten wir ein tägliches Kursprogramm online an. Dabei ist uns wichtig, dass das keine aufgezeichneten Konserven sind, sondern immer live stattfinden. Dadurch haben wir auch weiterhin Kontakt zu den Kunden. Die Online-Kurse wollen wir auf jeden Fall auch nach der Pandemie beibehalten. Denn damit erreichen wir auch Menschen außerhalb Kölns und haben sogar das Interesse von im Ausland lebenden Deutschen geweckt.

Die Nachfrage ist sehr hoch und das Feedback positiv. Teilnehmer sagen uns, dass ihnen sonst in der jetzigen Situation die Decke auf den Kopf gefallen wäre oder die Yoga-Klassen helfen, dass die Krise sie nicht aus der Bahn wirft. Allgemein ist vielen Teilnehmern und auch der Yoga-Szene in der Krise klar geworden, welch großen Beitrag Yoga gesellschaftlich leistet. Wir schaffen es gemeinsam, Lebensenergie zu finden, eine lebensbejahende und positive Haltung zu unterstützen und im Alltag sowie in Krisensituationen einen tieferen Halt zu bieten. Viele finden im Yoga etwas, das sie durch solche herausfordernde Zeiten trägt. Und die Yoga-Szene hat erfahren, dass sie durchaus etwas anbietet, was gesellschaftlich relevant ist.

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Dennoch sind die Online-Klassen wirtschaftlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn man bedenkt, dass wir sonst vier Studios mit sieben Kursen pro Tag im Angebot haben. Wir durften unsere Studios nun wieder öffnen, allerdings nur unter strengen Auflagen. Seitdem ist es allerdings leider noch eher ein verhaltenes „Hallo“.

Gerade in Yoga-Kursen suchen die Menschen eine besondere Atmosphäre – wenn man die Hände desinfizieren und mit Mundschutz zur Matte gehen muss, verunsichert das viele. Wir bieten derzeit täglich drei Kurse pro Studio an. Wir halten uns dabei natürlich strikt an alle Anforderungen, was auch bedeutet, die Teilnehmerzahl zu minimieren. Und trotzdem sind die Kurse nicht ausgebucht, wie auch die Gastronomie nur schleppend anläuft. Es bleibt also eine Dürre-Periode.

Aus der Not etwas Neues geboren

Die schließt auch die Yoga-Konferenz mit ein, die wir eigentlich für Ende Mai organisiert haben. Seit 16 Jahren kommen bei diesem Szene-Treff hier in Köln mehr als 400 Gäste zusammen, um zwei Tage von morgens bis abends gemeinsam Yoga zu machen. Um dies nicht ersatzlos zu streichen, haben wir versucht, auch dieses Angebot ins Internet zu verlegen.

Die Lehrer und Dozenten, die sonst angereist wären, haben Yoga-Sequenzen aufgenommen, die Teilnehmern nun für fünf Monate online zur Verfügung stehen. Auch hier ist aus der Not etwas Neues geboren, das wir in Zukunft in das Konferenz-Konzept integrieren wollen.

Wir haben die Pandemie als großen Wandel empfunden, dem wir mit möglichst positivem Bewusstsein standhalten und weiterverfolgen. Wir hoffen auf eine beruhigende Entwicklung der Zahlen. Denn vorher ist gewohntes Yoga mit tiefen Atemübungen von vielen Teilnehmern in einem Raum nicht denkbar. Wirtschaftlich bleibt die Situation für uns bis dahin existenzgefährdend.

Aufgezeichnet von Katharina Hensel

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