Albert Politz ist mit 93 Jahren Kölns ältester Wahlhelfer. Besuch bei einem, der die Demokratie unterstützen und seiner Heimatstadt etwas zurückgeben will.
„Frieden um jeden Preis“93-Jähriger ist seit 1964 durchgehend Wahlhelfer in Köln

Besuch bei Albert Politz im Wahllokal Grundschule Lebensbaumweg in Heimersdorf
Copyright: Arton Krasniqi
Albert Politz erinnert sich an die Kölner Bombennächte während des Zweiten Weltkriegs. Der Lärm, das Licht, wie er in den Luftschutzkeller gelaufen ist, wie er später versuchte, Kameraden auszugraben, die vielen Toten. Politz ist 13, als der Krieg endet. Heute, mit 93, sagt er: „Man muss alles tun, um Krieg zu verhindern. Frieden um jeden Preis – so etwas darf nie wieder passieren.“ Politz ist an diesem Sonntag im September, an dem in Köln und ganz NRW Kommunalwahl ist, Wahlhelfer in der Grundschule Lebensbaumweg in Heimersdorf im Stadtbezirk Chorweiler – mal wieder. Es ist sein ganz persönlicher Beitrag für die Demokratie.
Keine Wahl seit 1964 versäumt
Seinen ersten Einsatz als Wahlhelfer hatte der Kölner, der am 11. August 1932 in Ehrenfeld geboren wurde, 1964. „Ich habe damals im Radio gehört, dass da Leute gesucht wurden, und dann hab ich im Wahlamt angerufen“, erzählt Politz, mit einer Hand auf die Urne gestützt, mit der anderen auf eine Krücke. Setzen will er sich nicht, wenn seine Gesprächspartnerin steht. Seither, seit 1964, hat er keine einzige Wahl versäumt, bei jeder einzelnen hat er sich freiwillig gemeldet und geholfen. Und das, obwohl das Leben es in mehr als neun Jahrzehnten nicht immer gut meint: Politz hatte zwei Schlaganfälle, nach denen er unter anderem das Sprechen wieder mühsam lernen musste. „Für mich ist jede Wahl, die ich schaffe, ein echtes Erfolgserlebnis“, sagt der Kölner, der im August seinen 93. Geburtstag gefeiert hat.

Stadtdirektorin und Wahlleiterin Andrea Blome besucht Albert Politz und übergibt ihm ein Präsent für seinen langjährigen Einsatz.
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Mehr als 800.000 Wahlberechtigte entscheiden in Köln an diesem Tag über den oder die neue OB, der oder die auf Henriette Reker folgt, über Stadtrat und Bezirksvertretungen. Rund 8500 Wahlhelferinnen und -helfer wie Albert Politz braucht es, um in der Millionenstadt alles ordentlich über die Bühne zu bekommen. Politz' Arbeitsplatz an diesem Morgen ist die Urne, in die die Menschen ihre Stimmzettel werfen. Er fragt ein Kind, ob es die Zettel für die Eltern abgeben will, ruft einem anderen Wähler zu, der Briefträger könne die verschiedenen bunten Zettel schon auseinanderhalten, lächelt. „Meinen Humor lasse ich mir niemals nehmen, und ich nehme immer auch ein bisschen Kontakt auf zu allen“, sagt der 93-Jährige.
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38 Jahre lang bei Ford beschäftigt
Politz hat Elektriker gelernt, war 38 Jahre lang bei Ford beschäftigt. Erst als Handwerker, später hat er sich dort um Arbeitssicherheit und Katastrophenschutz gekümmert. Seit 1964 lebt er mit seiner Frau in Heimersdorf. „Ich bin hier in Köln geboren, und ich möchte hier auch bleiben“, sagt Politz. Und schiebt den zweiten Grund für sein Engagement hinterher: „Ich liebe Köln.“ Ihm und seiner Frau würde hier so viel geboten, „so viele soziale Einrichtungen, und wenn dann meine Vaterstadt um Hilfe ruft, bin ich natürlich da“.
Weit hat Politz es nicht an diesem Wahlsonntag, 500 Meter liegen zwischen dem Wahllokal und seinem Zuhause am Palmenweg. Seine Frau bleibt in der Zeit zu Hause, aber alle zwei Stunden telefonieren die beiden, versichern sich, dass es dem anderen gut geht. „Man muss Rücksicht nehmen und immer aufeinander aufpassen“, sagt er. Die beiden machen das schon mehr als sieben Jahrzehnte, geheiratet haben sie am 18. Mai 1956. Ein weiterer Termin, der festgetackert ist in Politz' Kalender: „Ich habe noch keinen einzigen Hochzeitstag vergessen.“