Komponist von „Ich bin 'ne kölsche Jung“Sänger nehmen Weber-Song neu auf

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Micky Brühl (l.) singt mit Jörg P. Weber.

Micky Brühl (l.) singt mit Jörg P. Weber.

Köln – Die Corona-bedingte Auszeit hat Sänger und Musiker Micky Brühl genutzt, um im Internet nach dem ein oder anderen musikalischen Schätzchen zu suchen. Fündig wurde er dabei bei unter anderem bei dem Lied „Mir sinn d'r janzen Daach am üvverläje, wie kumme m'r bloß an ander Lück ihr Jeld. Mir däten uns wie Künnije bewäje, uns alles kaufe wat uns joot jefällt“, das das Berliner Trio Die Drei Travellers im Jahr 1950 aufgenommen und beim Odeon-Label auf einer Schellack-Platte veröffentlicht hatten.

„Dieser Refrain passt doch wunderbar zur aktuellen Situation vieler Künstler, die aufgrund der Corona-Pandemie seit mehr als einem Jahr kaum Auftrittsmöglichkeiten und so gut wie keine Einnahmen mehr hatten.“ Mit seinem Musiker-Kollegen Jörg P. Weber („Mir hat das alte Lied gleich gut gefallen. Dieses Trio höre ich schon seit Jahren immer mal wieder.“) hatte sich Brühl hingesetzt und rund um den Refrain ein paar aktuelle Strophen geschrieben. Eine erste Rohfassung hat das Duo – jeder in seinem eigenen Home-Studio – inzwischen bereits aufgenommen.

Akkordeon-Spieler wird noch gesucht

„Bänker dat, mööht mer sinn. In de eijene Täsch erin un – loss keine Fiskus drahn“ heißt es da in einer Strophe oder auch „Politik, mäht mich jeck. Die han all Jeld wie Dreck. Mir jonn denne doch am Arsch vorbei.“ Musikalisch müsse das noch, so Brühl, ein bisschen aufgepeppt werden. Neben der markanten Flitsch von Weber soll auf jeden Fall noch ein Akkordeon erklingen. Brühl: „Wir suchen noch einen Kollegen, der das für uns einspielt.“ Gedacht ist an Pete Haaser, der häufig mit Gerd Köster und Frank Hocker zusammenspielt. Weber: „Dat is der Beste. Der ist am Akkordeon immer eine Bank.“

Denn ein Akkordeon war auch im Original der Travellers das tragende Instrument. Mit Akkordeonspieler Fred Oldörp Gitarrist Eddie Rothé und Mischa Andrejew am Kontrabass – eine ähnliche Besetzung hatten in Köln das Eilemann Trio sowie das Steingass Terzett – galten sie von 1946 bis in die 70er Jahre als „das wohl erfolgreichste deutsche Bar-Trio“. Zu deren Hits gehörten der „Zement-Mixer“ und „Hallo kleines Fräulein“ sowie „Eine Tüte Luft aus Berlin„ und „Heimweh nach dem Kurfürstendamm“. Auch das Vereinslied des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC („Blau-Weiße Hertha“) stammt von den Travellers.

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Wie die drei Berliner nun vor mehr als 70 Jahren an die Melodie aus Köln gekommen sind, ist bislang ungeklärt. Denn gestolpert war Brühl vor allem über den merkwürdigen kölschen Gesang. „Das hört sich schon recht eigenartig und ein wenig gruselig an, wenn drei Berliner versuchen, mehr gewollt als gekonnt in unserer Mundart zu singen“, sind sich Brühl und Weber einig.

Doch so abwegig war das damals gar nicht, denn die Ur-Version des Liedes hatte einen kölschen Text. Verse und Musik waren von Fritz Weber, übrigens nicht verwandt mit dem aus Bonn stammenden Jörg P. Weber. 1909 in Kalk geboren und 1984 im Alter von 75 Jahren verstorben, trug Fritz Weber den Beinamen „der singende Geiger“ und war eine Art Multitalent: Komponist und Liedtexter, Schlagersänger, Musiker und Kapellmeister. Seine erfolgreichsten Kompositionen waren „1900 Johr steiht uns Kölle am Rhing“, „Ach wär ich nur ein einzig Mal ein schmucker Prinz im Karneval“ sowie das unverwüstliche „Ich bin 'ne kölsche Jung“, das Willy Millowitsch und Hans Süper zum Hit machten.

Weber trat selbst auf Fastelovendsbühnen auf

Bis 1983 war Weber, der für seine Verdienste mit der „Goldenen Ostermann-Medaille“ ausgezeichnet und mehr als 30 Jahre Mitglied in der Karnevalistenvereinigung Muuzemändelcher war, selbst noch mit seinen Liedern auf den Fastelovendsbühnen aufgetreten. Doch das „Üvverläje“-Lied hat er dabei nicht gesungen. „Vermutlich hat er es selbst nie veröffentlicht“, glaubt Brühl. „Selbst Brauchtums-Experte Reinold Louis, der über eine der größten Sammlung des kölschen Liedguts verfügt, kannte den Titel nicht.“

Brühl und Weber dürfen ihre aktuelle Version nun veröffentlichen – vor einer Woche gab es hierfür die Freigabe vom Verlag „Melodie der Welt“. Brühl: „Wir werden die Nummer jetzt mal fertig machen und dann einem Label anbieten. Beim Texten und bei den bisherigen Aufnahmen stand für uns aber der Spaß an erster Stelle.“

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