Kritik von Kölner HelfernFlüchtlingen fehlen Masken und Desinfektionsmittel

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Die Flüchtlingsunterkunft am Erbacher Weg

Köln – In mehreren Gemeinschaftsunterkünften für Flüchtlinge soll es zu Problemen bei den Hygienemaßnahmen zum Schutz vor der Corona-Pandemie kommen. Die Willkommensinitiative (Wiku) Mülheim kritisiert, dass zu wenige Masken an die Bewohner verteilt würden, Desinfektionsspender fehlten und Flächen nicht mit Desinfektionsmitteln gereinigt würden.

„Es gibt überhaupt keine Schutzmaßnahmen“, sagte Marianne Arndt von der Wiku Mülheim. Betroffen seien die Männer-Wohnheime an der Mündelstraße, Xantener Straße, Ostmerheimer Straße und an der Ankerstraße sowie das Corona-Zentrum für Flüchtlinge am Erbacher Weg.

Mangel in mehreren Unterkünften

Zudem soll es zu Unregelmäßigkeiten für Geflüchtete, die sich in Quarantäne befinden, bei der Verpflegung und bei der medizinischen Versorgung gekommen sein. Lunchpakete seien zu spät geliefert worden, und Arndt schildert einen Fall, bei dem ein an Covid-19 erkrankter Flüchtling vormittags über starken Juckreiz geklagt habe. Ein Arzt sei aber erst gegen Mitternacht ins Heim gekommen. Probleme gebe es auch, weil die Geflüchteten keine auf ihren Namen ausgestellten Ordnungsverfügungen erhielten. Diese benötigten sie aber, um sie ihrem Arbeitgeber vorzulegen. Weil die Papiere nicht ausgestellt würden, hätten Betroffene bereits ihren Job verloren.

Scharf kritisierte Arndt auch, dass es in der Corona-Zeit zu einer weiteren Abschiebung gekommen sei. In den Herbstferien seien Menschen nach Albanien ausgewiesen worden. Eine andere Familie sei am vergangenen Montag der Abschiebung nach Nordmazedonien nur entgangen, weil sie sich zur Zeit des Zugriffs nicht in der Wohnung befunden habe.

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Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats, teilt die Kritik. Die Unterkünfte müssten ausreichend mit Desinfektionsmitteln ausgestattet werden, die Flüchtlinge entsprechende Ordnungsverfügungen erhalten. Auch Abschiebungen in der Corona-Zeit lehnt Prölß ab. Sie seien moralisch fragwürdig und rechtlich umstritten. Flüchtlinge dürften nicht in Staaten ausgewiesen werden, in denen ihnen eine Gefahr drohe. Dies sei aber in den Balkan-Staaten derzeit der Fall. Dort seien die Corona-Infektionen ebenfalls in die Höhe geschnellt, die Gesundheitsversorgung aber schlecht.

Stadt weist Vorwürfe zurück

Die Stadt weist die Vorwürfe zurück. Der Soziale Dienst des Wohnungsamts bemühe sich, die Belastung für die Betroffenen gering zu halten. „Dennoch ist die Pandemie natürlich für alle Beteiligten eine außergewöhnliche Stresssituation, sodass die Verwaltung nach Dringlichkeit priorisieren muss“, teilt eine Stadtsprecherin mit. „So kann es sein, dass in Einzelfällen Verunsicherung in der Bewohnerschaft bezüglich der getroffenen und noch zu treffenden Maßnahmen aufkommt und Informationen missverständlich aufgenommen werden.“

Erneute Abschiebung

Generell gelte, dass Flüchtlinge, die an Covid-19 erkrankten, in die Unterkunft am Erbacher Weg verlegt würden, wenn die betroffene Person nicht in einer abgeschlossenen Unterkunftseinheit untergebracht ist. Sofern die Unterkunft, in der ein Verdachts- oder Infektionsfall auftritt, über Gemeinschaftsküchen oder gemeinsam genutzte sanitäre Anlagen besitzt, oder private Kontakte nicht ausgeschlossen werden können, werde per Allgemeinverfügung eine Quarantäne für den Standort angeordnet. „Diese ist rechtlich bindend und kann dem Arbeitgeber vorgelegt werden.“

Flüchtlinge, die sich in Quarantäne befinden, würden mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln und weiteren Produkten für den persönlichen Bedarf versorgt. Zu den ausgehändigten Hygieneartikeln gehörten Seife, eine Maske sowie Reinigungsmittel. „Nach den geltenden Erkenntnissen ist eine Desinfektion darüber hinaus nicht erforderlich.“

Derzeit leben 1151 der 6447 Flüchtlinge in 22 Gemeinschaftsunterkünften. Die meisten Flüchtlingen seien in Unterkünften untergebracht, in denen sie über eigene Räume verfügten, so die Verwaltung. Momentan seien 17 Geflüchtete an Covid-19 erkrankt, seit April seien es 60 Menschen gewesen. 1680 Flüchtlingen mussten sich seit April in Quarantäne begeben.

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