Leverkusener BrückeUkraine-Krieg könnte Zeit- und Kostenplan gefährden

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Ein Spezialkran hebt die bis zu 230 Tonnen schweren Teile von einem Schiff auf die Brückenpfeiler.

  • An der Rheinbrücke der A1 in Leverkusen gehen die Arbeiten voran.
  • Per Schiff werden die ersten 230 Tonnen schweren Stahlteile eingesetzt.
  • Doch der Krieg könnte den Zeitplan für die Bauarbeiten stören. Eine Bestandsaufnahme.

Köln – Die neue Leverkusener Brücke der Autobahn 1 nimmt weiter Gestalt an. Nun werden die mächtigen Hohlkästen, auf denen später die Fahrbahn ruhen wird, angeliefert und montiert. Die jeweils bis zu 230 Tonnen schweren Einzelteile aus Stahl, aus denen die Hohlkästen zusammengesetzt werden, werden per Schiff angeliefert und mit einem großen Kran vorsichtig in Position gehoben. Es ist Millimeterarbeit mit Stahlkolossen. Bis 2023 soll die erste Hälfte des Brückenprojekts fertig sein, bis 2027 die zweite. Ob das gelingt, ist indes ungewiss. Das liegt auch am Krieg in der Ukraine.

Fünf Tage war das Schiff aus dem Stahlwerk im elsässischen Lauterbourg bis nach Köln unterwegs. Es hat zwei der 80 Teile geladen, die zu den Hohlkästen der ersten Hälfte der neuen Leverkusener Brücke zusammengeschweißt werden. Wenn das vollbracht ist und vermutlich im kommenden Jahr Autos das neue Bauwerk benutzen dürfen, passiert dasselbe daneben noch einmal: Dann wird die bestehende Brücke abgebrochen und dort der zweite Teil des Mammutprojekts realisiert. Pro Schiffsladung erreichen zwei der jeweils rund 25 Meter langen, vier Meter hohen und sechs Meter breiten Einzelteile die Baustelle, jede Woche kommen zwei Schiffe in Köln an.

Einsatz eines Spezialkrans

Ein Spezialkran, der bis zu 700 Tonnen heben kann und den eine Kölner Firma eigens für diesen Auftrag angeschafft hat, hebt jedes Teil aus dem Schiff. Dann werden Stahllaschen angeschweißt, die das Einpassen an die anderen Teile erleichtern. Erst dann schweben die tonnenschweren Module im Zeitlupentempo ihrer Endposition entgegen. Drei bis fünf Stunden dauert es, bis ein Stahlteil vom Schiff aus seinen Bestimmungsort auf den Betonpfeilern erreicht hat.

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Zwei bereits zusammengeschweißte Einzelteile des Hohlkastens liegen auf den Brückenpfeilern.

Zwischen den Hohlkästen müssen in einem nächsten Schritt noch Querträger installiert werden, die jedoch kleiner sind und per Lkw geliefert werden können. Im Laufe des kommenden Monats sollen die Hohlkästen auf der Kölner Seite montiert sein, danach sind jene in Leverkusen an der Reihe – und zunächst fast nur über Land, noch nicht über der Mitte des Rheins. Im August oder September werden die vier rund 57 Meter hohen Pylone errichtet, danach geht es mit den horizontalen Teilen über der Flussmitte weiter, erklärt Projektleiter Thomas Müller von der Autobahn GmbH.

Der Stahl der Riesenmodule stammt aus europäischer Produktion, unter anderem aus der Dillinger Hütte im Saarland. Vor etwa zwei Jahren hatte die Landesregierung dem Generalunternehmer Porr gekündigt, weil Prüfer eklatante Mängel bei Stahlbauteilen aus China festgestellt hatten.

Rohstahl kam aus Russland und der Ukraine

Die Probleme mit dem Stahl sind nun jedoch keineswegs ausgeräumt, auch wenn es diesmal nicht an der Qualität des Materials liegt. „Wir merken den Ukraine-Krieg. Es gibt Lieferschwierigkeiten, weil der Rohstahl aus Russland oder der Ukraine kam“, sagt Müller. Von dort könne vorerst kein Stahl importiert werden. Deshalb müssten, wenn der bereits gelieferte Stahl zur Neige geht, neue Quellen eröffnet werden.

Es gebe zudem weitere Rohstoff-Engpässe, etwa bei Holz oder Beton – zum Teil sind das Nachwehen der Corona-Pandemie, während der viele Unternehmen ihre Produktionen herunterfuhren oder gar stoppten. „Jede Firma“, die am Bau der Leverkusener Brücke beteiligt sei, „hat uns Lieferschwierigkeiten kommuniziert“, sagt Müller. Zwar halte die Autobahn GmbH am aktuell gesteckten Zeitrahmen fest. Bis Ende 2023 soll der erste Teil der Brücke in Betrieb gehen, bis 2027 der zweite. Doch ob das so eingehalten werden könne, stehe zumindest ein Stück weit „in den Sternen“, sagt Müller.

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Das gelte auch für die Kosten. Für das Gesamtprojekt, also den sechsstreifigen Ausbau der A1 zwischen der Anschlussstelle Niehl und dem Kreuz Leverkusen West, sind momentan 962 Millionen Euro veranschlagt. Die Leverkusener Brücke ist ein Teil des Projekts, hinzu kommen noch eine Reihe anderer Maßnahmen, etwa einige andere kleinere Brücken auf Leverkusener Seite oder Lärmschutzanlagen. Rohstoffknappheit und Zeitverzug könnten die Kosten steigen lassen.

Wann auch immer die Leverkusener Brücke fertig sein sollte, eines steht schon jetzt fest: Sie wird nicht wie die anderen großen Rheinquerungen der Stadt im berühmten Kölner Brückengrün gestrichen werden, sondern grau. Anders als etwa die grün strahlende Mülheimer, Deutzer, Severins- und Zoobrücke unterhält nicht die Stadt Köln die Leverkusener Brücke, sondern das Land NRW.

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