Ruhestätte bei St. VitalisDer Friedhof in Köln-Müngersdorf ist 150 Jahre alt

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Zwei Männer und eine Frau stehen vor einem Grab.

Kurt Schlechtriemen, die Ehrenvorsitzende Hildegard Jahn-Schnelle und der Vorsitzende Harald Schäfer (v.l) vom Bürgerverein Müngersdorf vor dem Grab von Laurenz Thissen, einem der ersten Pfarrer von St. Vitalis.

Vor 150 Jahren wurde der Friedhof in Müngersdorf eingeweiht. Pünktlich zum Jubiläum wurde die Trauerhalle saniert. Hier haben sich besonders Müngersdorfer Wirte große Grabmäler gesetzt. 

Ein Wettbewerb kann auch den Tod überdauern. Die Frage, wer am Ende das größte und schönste Grab hat, trieb die Müngersdorfer Gastwirte um. Das ist laut Auskunft des Bürgervereins im Veedel der Grund für so manche prächtige Grabstätte auf dem Müngersdorfer Friedhof. Die Namen der Familien Schumacher, Röder und Nelles stehen auf großen Grabsteinen – in einer Reihe nebeneinander. „Nelles hieß früher gefühlt jede Gaststätte im Dorf“, erzählt Harald Schäfer, Vorsitzender des Bürgervereins. „Röders gehörte wohl das heutige Taco Loco an der Aachener Straße, Schumachers das heutige Aphrodite gegenüber.“

Päffgens stifteten das Hauptkreuz des Friedhofs in Köln-Müngersdorf

Der Konkurrenzkampf war wohl eher sportlich als feindselig. Immerhin liegen die Gräber nicht weit auseinander am zentralen Weg des Friedhofs. Am Ende des Weges hat sich eine andere Müngersdorfer Familie verewigt: Die Geschwister Päffgen, damalige Besitzer des großen Guts „Kirchenhof“ stifteten das dort stehende Hauptkreuz. Im Gegenzug erhielten die Stifter und ihre Nachkommen vier Gräber auf dem Friedhof. Dieses Jahr wird er 150 Jahre alt.

Ein prächtiges Grab mit Sockel und einer darauf stehenden Engelsfigur ist zu sehen.

Das Grabmal der Familien Schumacher, Zimmermann, Remagen

Der Bürgerverein Müngersdorf hat das dreistellige Jubiläum gerade gefeiert und Vereinsmitglied Kurt Schlechtriemen genau recherchiert, warum er einst am Kirchhofweg entstand: Ende des 19. Jahrhunderts war die Dorfbevölkerung explodiert und hatte sich in kurzer Zeit nahezu verdoppelt, auf etwa 1000 Bewohner. Die kleine Kirche Sankt Vitalis an der Hangkante im Dorf und der Kirchhof genannte Friedhof vor ihren Pforten platzten aus allen Nähten.“ 

Gemeinderat Müngersdorf kaufte für 3000 Taler einen Acker bei der Kirche 

So kaufte der Müngersdorfer Gemeinderat für 150 Taler einen 3000 Quadratmeter großen Acker in der Nähe der Kirche für einen neuen Begräbnisplatz und baute die neue große und schöne Kirche Sankt Vitalis. Der neue Friedhof mit der Adresse Am Kirchhof 4 wurde 1873 eingeweiht und später mehrfach erweitert. Im Jahr 1961 wurde auch die Friedhofs-eigene Trauerhalle gebaut, die der Bürgerverein geplant und für die er lange gesammelt hatte. Nachdem sie fertig war, schenkte der Verein sie der Stadt: Auf 31 Quadratmetern haben nur wenige Stühle Platz. Trotzdem erfüllte sie immer einen wichtigen Zweck: Sie bietet auch Familien, deren Verstorbene nicht katholisch sind, einen angemessenen Raum für eine Trauerfeier.

Ein Raum mit grauem Betonboden und einer getäfelten Decke ist zu sehen, lins ist eine Fensterfront, ein paar Stühle stehen an der Seite.

Die frisch sanierte Trauerhalle des Friedhofs

In den vergangenen Jahren war sie allerdings lange nicht nutzbar, weil das Gebäude mittlerweile marode war. Zum 150. Jubiläum des Friedhofs machte die Stadt dem Bürgerverein und den Müngersdorfern nun ein schönes Geschenk: Sie sanierte die Trauerhalle. Der Stadtteilfriedhof hat allerdings auch in vielerlei anderer Hinsicht einiges zu bieten. Er ist ein Spiegelbild dörflicher Strukturen. „Viele Namen der hier beerdigten Verstorbenen kennt man aus dem Viertel oder seiner Geschichte“, erzählt Harald Schäfer. 

So sind die ehemaligen Müngersdorfer Pfarrer auch auf dem Friedhof beerdigt, angefangen bei dem seit 1862 amtierenden Laurenz Thissen, über seinen Amtsnachfolger Peter Joseph Sauren, bis hin zu Nachfolger Leo Ditges, der 1955 verstarb. Ditges avancierte zu einer Müngersdorfer Berühmtheit. Bekannt ist, dass er mit anderen Bürgern im Zweiten Weltkrieg die Kirche bewachte, für den Fall, dass sie von einer Brandbombe getroffen würde. Als Dank gab es für die Wächter denn im Kirchturm immer noch einen Klaren. Aufgrund seiner Vorliebe für Hochprozentiges wurde später ein Schnaps nach dem Pfarrer benannt: der „Ahle Ditges“. 

Besonders schöne modernere Grabmäler sind ebenfalls zu sehen. Auf dem Grab des Architekten und ehemaligen Generalplaners für den Wiederaufbau der Stadt Köln Rudolph Schwarz und seiner Frau Maria thront ein massives, fast quadratisch anmutendes und mit einer Inschrift überzogenes Steinkreuz. Ein von Joseph Jaekel, ehemaliger Professor und stellvertretender Leiter der Kölner Werkschulen, selbst gefertigtes Kreuz mit einer kupfernen Christusfigur schmückt das Grab seiner Familie, wo er mittlerweile selbst ruht.

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