Wie geht es weiter mit dem geplanten FC-Ausbau am Geißbockheim? Der Klub hat jetzt klar gemacht: Er will die Gleueler Wiese bebauen.
„Sowas von gescheitert“1. FC Köln zieht sich aus Kompromiss zum Geißbockheim-Ausbau zurück

Diese Visualisierung präsentierte die ursprünglichen Pläne des FC. Links die vier Kleinspielfelder sowie die drei neuen Fußball-Plätze.
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Fußball-Erstligist 1. FC Köln hat sich aus dem Kompromiss mit Stadtverwaltung und einem Teil des Stadtrates zum Ausbau am Geißbockheim verabschiedet. Der Klub kehrt damit zurück zu den Plänen, die er seit 2014 verfolgt: Er will drei neue Fußball-Plätze auf der Gleueler Wiese bauen, um mehr Platz für seine Manschaften zu schaffen.
In den sozialen Medien postete der Klub: „Zwölf Jahre voller Prüfungen, Alternativen, Diskussionen, ohne Ergebnis. Heute ist klar: Es gibt nur eine Lösung: die Gleueler Wiese.“ Köln stecke fest in Symbolpolitik. „Statt Entscheidungen: endlose Verfahren. Statt Fortschritt: Stillstand.“
Türoff bezeichnet Kompromiss als gescheitert
Und FC-Geschäftsführer Philipp Türoff sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Freitag zum Kompromiss aus dem Oktober: „Der Kompromiss ist sowas von gescheitert.“
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Der Kompromiss sah vor, dass der Stadtrat den Bau eines neuen Leistungszentrums am Geißbockheim genehmigt und neue Trainingsmöglichkeiten für den Klub findet. Im Gegenzug verzichtete der FC auf seine Pläne, auf der Gleueler Wiese Fußball-Plätze zu bauen. Türoff betonte aber immer, der Verzicht auf die Wiese sei „vorläufig“, der Klub brauche zunächst alternative Trainingsplätze. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Das erscheint alles sehr komplex. Worum geht es?
Seit 2014 plant der Klub den Bau eines Leistungszentrums für 50 bis 60 Millionen Euro auf dem Gelände am Geißbockheim, das seit 1953 seine Heimat ist. Das Areal gehört der Stadt, der Klub pachtet es. Mehr oder weniger direkt nördlich angrenzend liegen die Gleueler Wiesen, sie sind ein Landschaftsschutzgebiet und gehören ebenfalls der Stadt. Deshalb sind immer Stadtrat und Verwaltung beteiligt. Auf den Gleueler Wiesen wollte der Klub drei Fußball-Plätze bauen, daran anschließend sollten vier Kleinspielfelder für die breite Bevölkerung entstehen, etwa zum Basketball spielen.

So soll das Leistungszentrum einmal aussehen.
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2014 ist lange her. Warum ist das noch nicht passiert?
Die Antwort auf diese Frage hat zwei Komponenten: eine politische und eine juristische. Zunächst zur politischen: Im Juni 2020 hat der Stadtrat mehrheitlich die Bebauungspläne beschlossen, damit der FC seine ursprünglichen Pläne umsetzen kann. Damals votierten SPD, FDP und die CDU dafür. Die Grünen waren dagegen. Das damalige Bündnis im Rat aus CDU und Grünen stimmte also unterschiedlich ab, damals hatte die CDU noch 25 Sitze, die Grünen hatten nur 16.
Dann kam wenig später die Kommunalwahl im September 2020: Die Grünen holten die meisten Stimmen und hatten damals plötzlich 26 Sitze, die CDU zunächst nur 19. Also konnten sie im Kooperationsvertrag bestimmte Punkte durchdrücken, unter anderem ein Stillhalteabkommen zur Gleueler Wiese. Es sollten zur Nutzung der Wiese keine Verträge abgeschlossen werden.
Denn wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ im November 2020 berichtet hatte, muss der Klub die Gleueler Wiese vom Eigentümer, der Stadt, pachten. Nur: Darüber entscheidet erneut der Rat. Und in dem gerade neu gewählten Rat gab es ab September 2020 keine umsetzbare Mehrheit mehr – anders als für den Bebauungsplan wenige Monate zuvor. Dieses Problem besteht bis heute.
Und was ist das juristische Problem?
Ausbaugegner hatten gegen die Bebauungspläne geklagt und vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) im November 2022 Recht bekommen. Das OVG bezeichnete den Plan aufgrund eines Formfehlers bezüglich der vier Kleinspielfelder als unwirksam, aber heilbar.
Es sind eben jene vier Kleinspielfelder für die Öffentlichkeit, die der Klub nie richtig wollte, die die Stadt Köln als Besänftigung für die Öffentlichkeit aber eingebracht hatte. Türoff sagte nach dem Urteil: „Die vier Kleinspielfelder haben mit dem ganzen Vorhaben, das der 1. FC Köln seit Jahren plant, gar nichts zu tun.“
Nun war ihre Bezeichnung im Bebauungsplan allein ausgerechnet das Problem für das OVG. Der Rest des Plans ist okay – und dieser Rest ist eben alles, was der Klub wollte. Das Bundesverwaltungsgericht hob das Urteil aber später auf und wies es zurück nach Münster. Einen neuen Termin gibt es laut einem OVG-Sprecher noch nicht.
Was passiert, wenn das OVG den Bebauungsplan nun doch als wirksam bezeichnet?
Das ist ziemlich kompliziert.
Warum?
Weil dadurch, dass sich die Klage bis heute fünf Jahre ohne Ergebnis gezogen hat, sich die Situation in Köln geändert hat. Von einem möglichen, von Stadt und Politik vorgeschlagenen Komplett-Umzug nach Marsdorf hat der Klub sich verabschiedet. Zu teuer. Einen Masterplan hatte der Verein aber schon vorbereitet (wir berichteten). Die Kosten waren aber mal mit 120 Millionen Euro angegeben.
Also gab es voriges Jahr einen Kompromiss, initiiert unter anderem vom Bündnis aus Grünen, CDU und Volt: Der FC darf auf einem Fußball-Platz auf dem Areal des Geißbockheims sein zweistöckiges Leistungszentrum bauen. Die Baugenehmigung liegt mittlerweile vor.
Als Bedingung wird erstens die Gleueler Wiese nicht bebaut und sie wird als „öffentliche Grünfläche“ in einem neuen Bebauungsplan geschützt. Und zweitens darf der FC zwar einen Ascheplatz am Fort Deckstein zum Kunstrasenplatz umbauen – aber auch alle anderen bisherigen Nutzer sollen ihn laut Grünen, CDU und Volt mitnutzen. Damit kann der FC diesen Platz zumindest teilweise nutzen, und einen weiteren gibt es in der Stadt Hürth, den er sich selbst organisiert hat.

Blick auf die Gleueler Wiese.
Copyright: Uwe Weiser
Das sind aber nur bestenfalls zwei statt drei neuer Plätze, die der FC braucht, um die einst geplanten drei Plätze auf der Gleueler Wiese zu ersetzen. Also sollte die Verwaltung laut Bündnis zusätzliche Trainingskapazitäten für den FC und die anderen Vereine schaffen.
Wie das schnell umgesetzt werden soll, ließ das Bündnis offen. Und das ist das Problem. Zuletzt teilte die Verwaltung mit, ein neuer Kunstrasenplatz rund 8,5 Kilometer vom Geißbockheim entfernt auf der Bezirkssportanlage Weiden könnte Teil der Lösung sein. Es gebe aber noch viele Fragen, etwa zum Planrecht und den Finanzen. Heißt: Es würde lange dauern.
Was heißt das für den Klub?
Dass der Kompromiss ihm im Alltag nicht hilft. Geschäftsführer Philipp Türoff hatte immer gesagt: Der FC bebaut erst seinen Trainingsplatz mit einem Leistungszentrum, wenn er drei neue Plätze bekommt. Der Verzicht auf die Gleueler Wiese sei deshalb nur „vorläufig“. Am Freitag sagte er: „Die wollen alle nur ihre Ruhe.“
Warum äußert der Verein sich gerade jetzt?
Türoff sagte: „Wir setzen damit ein Zeichen.“ Aber auch beim FC ist Wahlkampf, drei Teams wollen das neue Präsidententrio bilden, am 27. September findet die Wahl statt. Auf die Frage, wer gerade für den FC spricht, sagte Türoff, dass die Geschäftsführung für die Beiträge in den sozialen Medien verantwortlich ist.
Zurück zum juristischen. Wie geht es da weiter?
Im Zuge des Kompromisses hat der Rat 2024 beschlossen, die Gleueler Wiese in einem neuen Bebauungsplan als Grünfläche explizit zu schützen. Nun könnte das OVG urteilen, der „alte“ Bebauungsplan von 2020 sei doch wirksam. Für beide hat ironischerweise die CDU gestimmt.

Das Geißbockheim genannte Clubhaus des Fußballverein 1. FC Köln mit dem Trainingsplatz 1 (vorne) und dem Franz-Kremer-Stadion (hinten) im Äußeren Grüngürtel.
Copyright: Matthias Heinekamp
Und dann?
Sollte das OVG den Bebauungsplan mit den Trainingsplätzen auf der Gleueler Wiese für den FC für wirksam erklären und der FC einen Bauantrag stellen, „müsste die Verwaltung mit Rücksicht auf den Aufstellungsbeschluss für den neuen Bebauungsplan eine Veränderungssperre auf den Weg bringen“. Das erklärt eine Sprecherin der Stadt. Und das hätte negative Konsequenzen für den Verein: „Diese Veränderungssperre würde bewirken, dass schon vor Abschluss des Bebauungsplanverfahrens „Sicherung Gleueler Wiesen in Köln-Sülz“ zum Erhalt der öffentlichen Grünfläche keine genehmigungspflichtigen Veränderungen vorgenommen werden können.“
Wie ist die Meinung im aktuellen Stadtrat?
Sowohl die Grünen (mittlerweile durch Mandatswechsel 27 von 90 Sitzen im Rat) als auch die CDU (20 Sitze) lehnen den Ausbau ab, also zwei der drei großen Fraktionen im Rat – und die arbeiten seit 2015/2016 in einem Bündnis zusammen. Als Hoffnungsanker der großen Fraktion übrig für den FC blieb die SPD (19 Sitze), sie unterstützt die ursprünglichen Pläne des Vereins.
Allerdings: Wie wahrscheinlich ist ein rauschender Wahlsieg der SPD, damit die Partei in Bündnisverhandlungen mit anderen Parteien den FC-Ausbau auf der Gleueler Wiese forcieren kann? Alles hängt am Ende davon ab, welches Bündnis nach der Wahl zusammenarbeitet und wie das Verfahren vor dem OVG ausgeht.