„Totalausfall“ des HauptzeugenVerfahren gegen zwei Sicherheitsmitarbeiter der Deutschen Bahn eingestellt

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Das Foto zeigt das Amtsgericht Köln.

Im Kölner Amtsgericht wurde über die mutmaßliche gefährliche Körperverletzung zweier DB-Sicherheitsmitarbeiter verhandelt.

Das Verhalten des mutmaßlichen Opfers vor Gericht bewahrte die beiden vor dem Verlust ihres Jobs. Sie waren wegen Körperverletzung angeklagt.

Gefährliche Körperverletzung wurde zwei Sicherheitsmitarbeitern der Deutschen Bahn zur Last gelegt, die sich am Mittwoch im Kölner Amtsgericht einzufinden hatten. Eine Verurteilung hätte sie wohl ihren Job gekostet. Davor bewahrte sie in erster Linie der sonderbare Auftritt des Zeugen, der ihr Opfer gewesen sein soll.

Die Angeklagten, 51 und 41 Jahre alt, waren an einem Vorfall beteiligt, der sich am 13. Dezember 2022 gegen 23 Uhr auf dem Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs ereignete. Laut Anklage ging der Ältere auf einen Mann an einem Standaschenbecher los, packte ihn am Kopf und brachte ihn zu Boden. Danach sollen beide Männer das „reg- und wehrlose Opfer“ am Oberkörper hinter sich her geschleift haben. Verletzungen trug es nach Aktenlage nicht davon.

Der Hauptangeklagte gab zu, dass er „möglicherweise überreagiert“ habe

Der Verteidiger des 51-Jährigen sagte, dieser und sein Kollege seien von anderen Mitarbeitern der DB gerufen worden, weil ein Mann sich im Bahnhof bedrohlich verhalten, gegen das Rauchverbot verstoßen und ein Hausverbot bekommen habe. Sein Mandant habe versucht, mit dem Mann – der sich inzwischen nicht mehr innerhalb des Hauptbahnhofs aufhielt – zu reden.

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Der habe sich „uneinsichtig“ gezeigt, eine Hand zur Faust geballt, Anstalten gemacht zuzuschlagen und Drohungen von sich gegeben. Darauf habe der Angeklagte ihn zu Boden gebracht und versucht, ihn zu fixieren.

„Er sieht ein, dass er möglicherweise überreagiert und sich nicht optimal verhalten hat.“ Der Verteidiger des zweiten Angeklagten äußerte sich in einer Weise, die den ersten belastete. Der Jüngere sei „baff“ gewesen, als er das rabiate Vorgehen seines Kollegen mitbekommen habe, sagte der Anwalt.

Der 41-Jährige selber stellte das Geschehen so dar, als habe er eingegriffen, um das Schlimmste zu verhüten. Er habe den Kopf des am Boden liegenden Mannes zur Seite drehen wollen, damit dieser Luft bekäme, und beim Wegschleifen habe er den Oberkörper des Mannes „hochgehoben“, um Verletzungen zu vermeiden.

Das mutmaßliche Opfer konnte sich nicht mehr an den Vorfall erinnern

Es sah schlecht aus für den Hauptbeschuldigten. Noch schlechter, als im Sitzungssaal Videos von Überwachungskameras abgespielt wurden. Nichts zu sehen von einer Bedrohung durch das Opfer. Vielmehr vermittelte sich der Eindruck, der Sicherheitsmitarbeiter sei ohne Not zum Angriff übergegangen. Dann der Auftritt des Hauptzeugen.

Zur Überraschung der anderen Prozessbeteiligten mochte sich der 24-Jährige aus Euskirchen, der eine verblüffende Gleichgültigkeit an den Tag legte, nicht an den Vorfall erinnern, nicht einmal dann, als ihm die Videos gezeigt wurden, auf denen er wegen der ins Gesicht gezogenen Kapuze allerdings kaum zu erkennen ist. Zu seiner Vergesslichkeit sagte er: „Ich erlebe viel, bin viel unterwegs, treffe viele Leute“ – unmöglich, alles im Gedächtnis zu behalten. Selbst nicht diesen Vorfall, der immerhin zur Anklage führte? Dazu bemerkte er, er habe schon „öfters“ Probleme in Bahnhöfen bekommen, weil er dort geraucht habe – nichts Besonders also.

Die Aussage des Zeugen, den einer der Verteidiger einen „Totalausfall“ nannte, spielte den Angeklagten und ihren Anwälten in die Hände. Der Amtsrichter stellte die Verfahren ein, im Fall des 51-Jährigen mit der Auflage, dass er 750 Euro an die Kölner Tafel zu zahlen hat. Die Jobs der beiden Männer sind nun nicht mehr in Gefahr.

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