Liveticker zum Silvester-AusschussHannelore Kraft widerspricht Vertuschungsvorwürfen

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Der Silvesterabend vor dem Kölner Hauptbahnhof.

Düsseldorf – Am heutigen Freitag ab zehn Uhr muss Hannelore Kraft (SPD) als Zeugin vor dem Untersuchungsausschuss Silvester aussagen. Ihr Zeugenauftritt wird auch deshalb mit Spannung erwartet, weil eine amtierende Landeschefin selten in dieser Rolle ist.

Im Kern geht es darum, wann die Ministerpräsidentin von den massenhaften Übergriffen und Raubstraftaten in der Kölner Silvesternacht erfahren hat und ob sie angemessen und rechtzeitig darauf reagiert hat.

12.16 Uhr - Befragung beendet

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Nach knapp drei Stunden ist die Befragung von Hannelore Kraft beendet. "Sie haben es geschafft", sagt Peter Biesenbach an die Ministerpräsidentin gewandt. Die Ausschusssitzung ist bis 13 Uhr unterbrochen. Dann werden weitere Zeugen gehört.

11.30 Uhr - Keine Verheimlichungen, keine Vertuschungen

Kraft betont, im Umgang mit den Silvestereignissen „sei nichts vertuscht und nichts verheimlicht worden“. Innenminister Jäger habe zum Beispiel auch früh über die Herkunft der möglichen Täter gesprochen. Die „versuchte Skandalisierung“ könne sie absolut nicht nachvollziehen. Genau das wirft Kraft konkret vor allem FDP-Obmann Marc Lürbke vor, auf dessen Nachfragen sie zunehmend gereizt reagiert. „Aus welchem Grund sollten wir etwas vertuschen?“, fragt Kraft jetzt in die Runde. Kurz zuvor hatte Lürbke die Ministerpräsidentin schon einmal über seine Auffassung von den Rechten eines Ausschuss-Zeugen belehrt: „Als Zeugin sollten sie keine Fragen stellen.“

11.25 Uhr - Zwei Dutzend Zuschauer verfolgen Übertragung im Bürgerzentrum des Landtags

Die Befragung im Ausschusssaal E3-D01 verfolgen vor allem Mitarbeiter der Landesregierung und gut zwei Dutzend Journalisten. Die Aussage von Hannelore Kraft wird auch in das vor einigen Wochen neu eröffnete Besucherzentrums des Landtags übertragen. Das Interesse ist überschaubar: Etwa zwei Dutzend Zuschauer sitzen vor einer großen Leinwand - darunter Mitarbeiter von Krafts Staatskanzlei und der Parteien.

11.13 Uhr - Kraft bestellt Kaffee - "schwarz"

Beim Blick auf die Tische der Abgeordneten stellt die Ministerpräsidentin gefüllte Kaffeetassen fest. „Ich hätte auch gerne einen“, sagt sie mit einem Lächeln - „falls das nicht unangemessen ist“. Das sollte machbar sein, erwidert Ausschuss-Vorsitzender Peter Biesenbach. „Schwarz!“, ergänzt Kraft. Fünf Minuten später reicht eine Ausschuss-Assistentin der Landeschefin eine kleine Thermoskanne mit Kaffee. Schwarz.

10.50 Uhr - Regionale Medien nach Silvester nicht verfolgt

Die Online-Berichte regionaler und lokaler Zeitungen über die Ereignisse in den ersten drei Tagen nach Silvester seien in der Staatskanzlei nicht wahrgenommen worden, sagt Kraft. Es sei auch nicht möglich, „sämtliche Online-Medien, auch regionale Medien, laufend zu verfolgen.“ Darüber hinaus habe es in den ersten Tagen auch keine Anfragen von Medienvertretern gegeben. „Die Onlinemedien hätten ja auch die Chance gehabt, beim Regierungssprecher nachzufragen.“ Bei CDU-Obfrau Ina Scharrenbach sorgt diese Aussage für Erstaunen. Es sei doch Aufgabe der Staatskanzlei, sich anbahnende Ereignisse auch durch Medienauswertung zu erkennen, so Scharrenbach.

10.40 Uhr - Kein Kontakt zur Bundeskanzlerin

Am 5. Januar rief Bundeskanzlerin Angela Merkel die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker an und erkundigte sich nach dem Sachstand. Kraft dagegen, bestätigt sie vor dem Ausschuss, habe in den Tagen nach Silvester keinen Kontakt zur Bundeskanzlerin gehabt - übrigens auch nicht zu Bundesinnenminister Thomas de Maziére (CDU), der der Kölner Polizei in einem TV-Interview schlechte Arbeit bescheinigt hatte. Auch mit Reker habe sie sich nicht ausgetauscht, berichtet Kraft. Das habe Innenminister Jäger übernommen.

10.29 Uhr - Kritik aus der FDP

Auch FDP-Obmann Marc Lürbke will nun wissen, warum Hannelore Kraft bis heute nur mit einem einzigen Opfer gesprochen hat. Nach der Katastrophe bei der Loveparade und dem Absturz des Germanwings-Flugzeugs immerhin habe sie Opfern und Angehörigen früh Beistand geleistet und sich dadurch den Ruf der "Kümmerin" erarbeitet, sagt Lürbke und fragt: "Warum nicht auch hier?"

Kraft möchte diese Frage „als Frau“ beantworten, betont sie. Sie wisse, dass Opfer sexueller Gewalt sich in einer besonders schwierigen Situation befänden. Damit müsse man sensibel umgehen, damit man "nicht alles noch schlimmer" mache. Es sei eben etwas anderes, ob man Angehörigen Beistand leiste oder Betroffenen sexueller Gewalt. Letztes sei eine Aufgabe für speziell dafür ausgebildete Fachleute.

10.18 Uhr - Bis heute nur mit einem Opfer gesprochen

Auf Nachfrage von CDU-Obfrau Ina Scharrenbach sagt Kraft, sie habe bis heute mit einem weiblichen Opfer der Silvesternacht gesprochen. Diese Frau habe sie beim gemeinsamen Auftritt in einer Talkshow getroffen. Schon allein aus Datenschutzgründen habe sie keinen Zugang zu Namen und Kontakten weiterer Opfer, so Kraft. Auch zu einer jungen Polizeibeamtin, die in der Nacht im Dienst vor dem Hauptbahnhof von Tätern begrapscht wurde, habe sie keinen Kontakt gesucht, berichtet Kraft auf erneute Nachfrage Scharrenbachs. Sie gehe aber davon aus, fügte die Ministerpräsidentin hinzu, dass Innenminister Jäger dies getan habe.

10.13 Uhr - Kraft empört über Äußerung von CDU-Politiker

SPD-Obmann Hans-Willi Körfges befragt die Ministerpräsidentin zu einem Zitat von CDU-Oppositionspolitiker Gregor Golland. Der hatte vor einer Woche in einer Zeitschrift geätzt, Kraft wäre wohl "tief betroffen" auf der Domplatte erschienen und in Tränen ausgebrochen, wenn es sich bei den Tätern nicht um mutmaßlich nordafrikanische Männer gehandelt hätte, sondern um einen "rechten Mob".

Es seien einfach "die falschen Täter" gewesen, so Golland. Kraft nennt seine Äußerung "erschütternd", sie sei durch nichts zu entschuldigen. Täter seien Täter, egal woher sie kämen. Bei der Lektüre der Golland-Zitate habe sie zunächst gedacht, sich verlesen zu haben. "Ich dachte, ich hätte Gauland gelesen" sagt Kraft in Anspielung auf den AFD-Politiker Alexander Gauland.

10.02 Uhr - Abberufung von Polizeipräsident Albers war „notwendig“

Kraft verteidigt die Entscheidung ihres Innenministers Ralf Jäger, der Kölns Polizeipräsidenten Wolfgang Albers am 8. Januar in den vorzeitigen Ruhestand entlassen hat. Dieser Schritt sei eine "notwendige Konsequenz" gewesen, sagt die Ministerpräsidentin.

9.55 Uhr - Keine Kommunikation mit Mitarbeitern vor Montag, 4. Januar, 13.41 Uhr

Vor dem ersten Telefonat mit Innenminister Jäger am 4. Januar um 13.41 Uhr habe sie mit keinem ihrer Mitarbeiter über die Silvesternacht geredet, sagt Kraft. Auf die verwunderte Nachfrage des Ausschussvorsitzenden Peter Biesenbach nach dem Grund, führt Kraft „persönliche Gründe“ und „persönliche Termine“ am Vormittag an. Sie sei am 4. Januar „wegen der Ereignisse“ vorzeitig aus dem Urlaub zurückgekehrt, hätte eigentlich noch einige Tage Urlaub gehabt.

9.50 Uhr - Kraft räumt „kommunikativen Fehler“ ein

Durch einen Artikel im „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Montag, 4. Januar, habe sie erstmals von den Ereignissen der Silvesternacht erfahren, sagt Hannelore Kraft. Am Mittag desselben Tages habe sie dazu mit NRW-Innenminister Ralf Jäger telefoniert. Am Dienstag, 5. Januar, sei sie aufgrund einer Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ erstmals „mit einem Statement nach draußen gegangen“. Im Nachhinein betrachtet sei es ein „kommunikativer Fehler“ gewesen, „nicht zeitgleich alle anderen Medien einzubeziehen und vor die Kameras zu treten“, räumt die Ministerpräsidentin ein.

9.45 Uhr - Kraft entschuldigt sich bei den Opfern

Die Ministerpräsidentin eröffnet ihre Aussage mit einer Erklärung: Sie entschuldigt sich bei den Frauen, die in der Nacht Opfer sexueller Übergriffe geworden sind. Sie bedaure zutiefst, was ihnen widerfahren sei, sagt Hannelore Kraft. Die Taten seien „schrecklich und zutiefst entwürdigend“. Kraft betont, bei der Aufarbeitung der Geschehnisse werde „nichts unter den Teppich gekehrt oder vertuscht“.

9.40 Uhr - Konsequentes Vorgehen angekündigt

Am 5. Januar nahm die Ministerpräsidentin im „Kölner Stadt-Anzeiger“ erstmals öffentlich Stellung und kündigte unter anderem ein „konsequentes Vorgehen“ gegen „Männer-Banden“ an. Nach Überzeugung so mancher Obleute im Ausschuss kam diese Reaktion zu spät.

9.30 Uhr - Vier Stunden für Vernehmung eingeplant

Mehr als vier Stunden hat der Ausschuss für die Vernehmung eingeplant. Vor allem die Abgeordneten der Oppositionsparteien werden wissen wollen, ob Kraft - wie sie betont – tatsächlich erst am Montag, 4. Januar, aus der Zeitung von den Vorkommnissen erfahren hat; immerhin hatten Onlinemedien seit dem 1. Januar zunehmend ausführlich berichtet. Und: Krafts Regierungssprecher und die Amtschefin der Staatskanzlei erhielten bereits am Mittag des Neujahrstages die polizeiinterne Meldung, in der von elf Übergriffen und einer Vergewaltigung die Rede ist. Hätten sie die Regierungschefin nicht darüber informieren müssen? 

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