Der 36-jährige Tierpfleger schlief mit Pinguin Pinte im Wohnzimmer, um sofort reagieren zu können. Von der Aufzucht werde er noch seinen Enkelkindern erzählen, sagt er.
Pinguin-Nachwuchs im Kölner ZooSo zog Pfleger Julian Heck ein Küken in seinem Wohnzimmer auf

Tierpfleger Julian Heck (36) zog den kleinen Humboldt-Pinguin Pinte bei sich zu Hause auf.
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In dem Film „Der Pinguin meines Lebens“, der gerade in den Kinos läuft, findet ein Lehrer am Strand einen ölverschmierten Pinguin. Er nimmt ihn zur Pflege mit ins Internat und schließlich auch in den Unterricht: Mithilfe des Pinguins gewinnt er das Vertrauen der Schüler – und eine neue Perspektive aufs eigene Leben.
Julian Heck hat vor einigen Wochen auch einen Pinguin zur Pflege mit nach Hause genommen. „Pinte“ und „Pinti“ kreischten seine Kinder Elias (zweieinhalb) und Emilia (4) entzückt, als sie den winzigen Vogel in der großen Hand ihres Vaters sahen. „Pinguin“ kann der Kleine noch nicht aussprechen.
Julian Heck ist Bodybuilder, er wiegt 112 Kilo. Pinte, wie der Humboldtpinguin heißt, seit Hecks Kinder begeistert nach ihm riefen, wog 115 Gramm, als der Tierpfleger im Kölner Zoo ihn während einer Fütterung regungslos vor der Höhle fand. Heck dachte, das Jungtier sei tot – war es aber nicht. Es zitterte, weil es stark fror. „Hätten wir Pinte eine halbe Stunde später gefunden, hätte er wohl nicht überlebt.“
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Pinte und Boba lassen sich immer öfter vor der Nisthöhle sehen.
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Auch als Bodybuilder Perfektionist
Der Tierpfleger war nicht nur zur rechten Zeit am rechten Ort – Pinte kam auch zugute, dass Julian Heck immer sehr genau wissen will, was er tut. Nach dem Abitur entschied er sich gegen ein Studium und für eine Ausbildung zum Tierpfleger, weil er niemals im Büro sitzen wollte – und bildet sich seitdem beständig fort. Er hat die Falkner-Prüfung und die Jäger-Prüfung gemacht, um bei den Raubvögeln arbeiten zu können und im Notfall zu denen zu gehören, die auch Tiere erschießen dürfen. Die Ausbildung schloss er als NRW-Landesbester ab. Bis heute liest er ständig Fachbücher. Er kennt sich mit Terraristik aus und hat über Jahre zu Hause Warane gezüchtet. Im Zoo hat er schnell Führungsaufgaben übernommen. Viele Menschen kennen ihn von den Flugshows und der Fütterung der Seelöwen.
Auch sein Hobby als Bodybuilder zeugt von seinem Perfektionismus: Heck hält strenge Diät, er war mehrfach Westdeutscher Meister, Deutscher Meister und Dritter bei den Weltmeisterschaften. Auch als Fitnessinfluencer ist er erfolgreich.
Der Mensch ist zwar ein Mischwesen mit hoher Intelligenz, beutet seinen Lebensraum aber extrem aus
Von Tieren habe er gelernt, dass „sie sich perfekt an eine Umgebung anpassen und niemals zum Beispiel ihr Revier komplett ausbeuten“, sagt Heck. „Der Mensch ist zwar ein Mischwesen mit hoher Intelligenz, beutet seinen Lebensraum aber extrem aus.“ Demut vor der Natur habe er gelernt, seit er im Jahr 2009 seine Ausbildung im Kölner Zoo begann. „Manchmal wird man auch ein bisschen melancholisch, wenn man sieht, wie schlecht der Mensch sein kann und, dass die Welt ohne uns eine bessere wäre.“
Den fast erfrorenen winzigen Pinguin verfrachtete der 36-Jährige in ein Brutschränkchen und fuhr damit nach Hause. „Ich habe Pinte in den ersten Tagen sechs Mal am Tag gefüttert – jede Fütterung hat eine halbe Stunde gedauert.“ Dazu kam das Filettieren und Pürieren des Herings, das Aufziehen des Fischbreis in eine kleine Spritze, das Säubern des Brutschranks. „Ich hatte gut zu tun.“ Zumal niemand Erfahrung mit der Aufzucht eines so kleinen Pinguins hatte. Heck rief in anderen Zoos an, um sich Tipps zu holen, zog Literatur heran. „Vor allem musste ich genau darauf achten, dass Pinte keinen Brei in die Luftröhre bekommt, dann wäre er sofort gestorben“.
Der Tierpfleger blieb mit Pinte für zwei Tage im Wohnzimmer der Familie. Julian Heck schlief dort auf der Couch, um reagieren zu können, sobald Pinte sich quiekend meldete. Und das tat er oft: „In den Nächten haben wir beide wenig geschlafen.“
Erster Pinguin-Nachwuchs seit 15 Jahren
Der kleine Pinguin hat auch einen Bruder, Boba. Den hatten die Eltern vorbildlich versorgt, nachdem die Küken Ende April geschlüpft waren. Pinte aber hatte zu wenig Nahrung bekommen, womöglich sei er aus dem Nest gestoßen worden, weil er zu schwach war, vermutet Julian Heck. Boba und Pinte sind für den Kölner Zoo der erste Pinguin-Nachwuchs seit 15 Jahren.

Inzwischen wiegt Pinte 1400 Gramm.
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Als Pinte an Gewicht zugelegt und sich stabilisiert hatte, brachte Julian Heck den kleinen Vogel zurück in den Zoo. Der Pinguin sollte möglichst schnell zurück zu seinen Artgenossen. „Eine Fehlprägung lässt sich schon nach wenigen Tagen in menschlicher Aufzucht nicht aufschließen, aber wir wollten unbedingt verhindern, dass Pinte sich am Ende für einen Menschen hält – oder Menschen für Artgenossen“, sagt Heck.
Das dürfte bei dem Vogel aus dem Film „Der Pinguin meines Lebens“, der auf einer wahren Geschichte beruht, so gewesen sein. Er stirbt schließlich in der Wohnung des Lehrers im Internat. Pinte geht es dagegen blendend: Er wiegt inzwischen 1400 Gramm und lässt sich immer öfter mit seinem Bruder Boba vor der Nisthöhle blicken. Dreimal am Tag wird er von den Tierpflegern mit Heringsfilets gefüttert. Für Julian Heck ist Pintes Aufzucht „eine wunderbare Geschichte, die ich sicher noch meinen Enkelkindern erzählen werde“.