Die Direktorenvilla des Kölner Zoos zeigt auch persönliche Schicksale und exzentrische Alltäglichkeit.
Klassizistisches GebäudeVom Gartenhäuschen zur schicken Direktorenvilla im Kölner Zoo

Die ehemalige Direktorenvilla von 1865 ist heute eine schmucke Tagungslocation, zusammen mit dem früheren Vogelhaus gehört sie zum ältesten Baubestand des Zoos.
Copyright: Tobias Christ
In der kargen Nachkriegszeit von einem Zwei-Zimmer-Gartenhäuschen in die Villa des Kölner Zoodirektors umzuziehen, klingt zunächst wie der Beginn eines märchenhaften Aufstiegs. Riele Freytag allerdings fühlte sich nicht sonderlich wohl, als sie 1950 das herrschaftliche Gebäude bezog, weil ihre Mutter in zweiter Ehe den Zoodirektor Werner Zahn geheiratet hatte: „Es war kalt und dunkel“, sagt die 89-Jährige, heute im Bergischen Land zu Hause.
Sie und ihre jüngere Schwester schliefen unter dem Dach, das Familienleben spielte sich im ersten Stock darunter ab. Dort hingen in jedem Zimmer große Kronleuchter aus Elchgeweihen. Die damals 14-jährige Riele gruselte sich ein wenig vor den sonderbaren Gebilden. Ein kleines Äffchen, das später unter dem Namen Petermann erst bekannt und dann verhaltensauffällig wurde, fand es lustig, daran zu schaukeln.
Zehn Direktoren lebten in der Nähe der Tiere
Die 1865 errichtete „Villa Bodinus“ ist eines der wenigen Wohnhäuser Kölns im klassizistischen Stil und gilt als das erste reine Wohnhaus Riehls. Der jüngst verstorbene Gunther Nogge, Direktor von 1981 bis 2007, hat die Geschichte des Direktorendomizils in einem Beitrag für die „Zeitschrift des Kölner Zoo“ aufgearbeitet und seine eigenen Erinnerungen als Bewohner aufgeschrieben. Trotz der aufwändigen Pflege des Anwesens, der ständigen Beobachtung durch Besucher und der unruhigen Wohnlage aufgrund der vierspurigen Riehler Straße auf der Rückseite seien ihm vor allem positive Erinnerungen an Begegnungen mit Gästen aus aller Welt geblieben.
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Zehn Zoodirektoren bewohnten das denkmalgeschützte Schmuckstück quasi Tür an Tür mit den ihnen anvertrauten Tieren. Erst Theo Pagel beendete vor einigen Jahren diese Tradition. Seit 2022 ist die nach Zoogründer Heinrich Bodinus benannte Villa ein schmucker Tagungsort. Die Sanierung des Gebäudes mit seinen Stuckdecken und -fassaden kostete rund drei Millionen Euro.
Aus den ersten sieben Jahrzehnten sei wenig bekannt über die Villa, schreibt Gunther Nogge. Das Heizen sei immer ein Problem gewesen, 1904 genehmigte deshalb der Aufsichtsrat des Zoos einen Kredit in Höhe von 1100 Mark, um die Türen im mittleren Zimmer an der Frontseite durch einen geschlossenen Erker zu ersetzen. Denn durch die Türen pfiff der Wind, „weswegen es im Winter nie richtig warm wurde“.
„Pittermännchen“ kam 1950 nach Köln
Nähere Informationen zur Gestaltung der Räume lieferte erst die Frau von Zoodirektor Friedrich Hauchecorne. Bevor sie auszog, weil ihr Mann 1938 bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen war, ließ sie alle Räume fotografieren. „In der Eingangshalle präsentierte Hauchecorne seine Jagdtrophäen“, schreibt Gunther Nogge. Das größte Zimmer des Erdgeschosses war das Esszimmer. Hier durfte Hauchecornes Tochter Amélie einmal mit einem weißen Pony um den Esstisch reiten. In der Zeit hätten zwei kleine Schimpansen und zwei Orang Utans in der Villa gelebt. Auf dem Speicher der Villa stellte Hauchecorne Volieren zur Eingewöhnung von Vögeln auf.

Riele Freytag hat als Kind kurze Zeit in der Direktorenvilla gewohnt, wo sie den noch jungen Affen Petermann erlebte.
Copyright: Tobias Christ
Direktor Werner Zahn brachte 1950 den Schimpansen „Pittermännchen“ mit in die Villa. Das erst ein Jahr alte Tier war von Holland aus nach Köln gebracht worden. Die Mutter von Pittermännchen war gestorben. In seiner neuen Heimat fremdelte der Schimpanse jedoch. Im Käfig habe er sich mit einem älteren Affen nicht verstanden, sagt Riele Freytag: „Er jammerte laut und schrie und weinte richtig.“ Petermann, so sein späterer Name, habe deshalb in der Direktorenwohnung ein eigenes Zimmer bekommen, halb Käfig, halb Klettergerüst. Riele wurde Pittermännchens Ersatzmutter, gab ihm zu essen, hielt ihn auf dem Arm und ging mit ihm spazieren. Ein Foto von ihr und dem Tier erschien sogar in der Zeitschrift „Die junge Dame“. Das Haus habe übel nach Affe gerochen. Ihre Freundinnen hätten sie trotzdem um das niedliche Schimpansen-Baby beneidet.
1951 zog Riele Freytag bereits wieder aus der Villa aus. Ihr Stiefvater war als Direktor ausgeschieden. Petermann indessen machte eine fragwürdige Karriere: Als Zoo-Maskottchen wurde er herumgereicht, entwickelte aufgrund seiner vermenschlichten Sozialisation Verhaltensstörungen und richtete Gunther Nogge bei einem Angriff 1985 übel zu. Ein Zoomitarbeiter erschoss das Tier nach dem Vorfall. Gunther Nogge indessen wartete in der Direktoren-Villa blutüberströmt auf den Krankenwagen.

Riele Freytag zusammen mit dem Affen Petermann in einer Zeitschrift aus den 1950-er Jahren.
Copyright: Tobias Christ
Ein pittoreskes Ensemble bildet die ehemalige Direktorenvilla zusammen mit dem früheren Vogelhaus, das 1899 im Stil einer russischen Kathedrale errichtet wurde. Beide Gebäude gehören zu den ältesten des Kölner Zoos. Das Vogelhaus, als Südamerikahaus heute Heimat für Faultiere, Vögel und Primaten, trägt mittlerweile den Namen der verstorbenen US-Amerikanerin Elizabeth Reichert und ihres Mannes Arnulf. Die gebürtige Kölnerin hatte dem Zoo rund 30 Millionen Dollar vererbt, die in eine Stiftung übertragen wurden. Auch mit Hilfe dieser Großspende konnte das Südamerikahaus vor Kurzem saniert werden.
Neben der Arnulf-und-Elizabeth-Reichert-Stiftung profitiert der Zoo von zwei weiteren Stiftungen. Das Grundvermögen der Korbmacher-Stiftung besteht aus Immobilienkapital im Rechtsrheinischen. Das Stiftungskapitel der Blumberg-Stiftung beträgt eine Million Euro und kommt dem Zoo und den SOS-Kinderdörfern zugute. Die Erträge aus allen Stiftungen beliefen sich zuletzt im Schnitt auf rund eine Million Euro pro Jahr.

