MillionenverlustPolitik fordert Regeln für Geldanlagen der Kölner Bühnen

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Oper Baustelle 1

Gebäude der Bühnen am Kölner Offenbachplatz

Köln – Im Zusammenhang mit dem wahrscheinlichen Verlust von 15 Millionen Euro durch eine Geldanlage der Bühnen bei der mittlerweile insolventen Greensill Bank zeigt sich eine Schwachstelle des städtischen Geldmanagements. Denn anders als etwa in München, Frankfurt und Düsseldorf gibt es in Köln für die kommunalen Eigenbetriebe keine Richtlinien für die Anlage von Vermögen.

Die Bühnen und auch die Gebäudewirtschaft können selber entscheiden, bei wem sie aktuell nicht benötigte Beträge verwahren. Besondere ethische Vorgaben und Risikoregeln, wie sie für herkömmliche Ämter gelten, brauchen sie dabei nicht zu beachten. Ansonsten wäre es nicht zulässig gewesen, dass Bühnen-Finanzchef Patrick Wasserbauer zeitglich mit dem Greensill-Geschäft rund 35 Millionen Euro bei der Bank of China parkt.

Die Gelegenheit wurde 2020 versäumt

Im vorigen Juni hat der Rat die seit 2004 bestehenden Anlagerichtlinien für die Stadt Köln überarbeitet. Zu dem Zeitpunkt kam niemand auf die Idee, die Regeln auf die ebenfalls mit Steuermillionen finanzierten Bühnen sowie ähnlich organisierte Betriebe der Verwaltung auszuweiten.

Alles zum Thema Bernd Petelkau

Ebenso wie Kämmerin Dörte Diemert richteten die Politiker ihren Blick verstärkt auf „die soziale und ökologische Gemeinwohlorientierung“ der Kapitalanlagen. Die zu wahren, bedürfe gerade vor dem Hintergrund des vom Rat beschlossenen „Klimanotstands“ höherer Aufmerksamkeit, hieß es in einem Papier der Kämmerin.

Das Geld aus der Stadtkasse soll beispielsweise keinen Unternehmen zugutekommen, die Waffen herstellen. Ebenfalls untersagt sind Anlagen in Staaten, die sich dem Pariser Klimaabkommen versperren, „grundlegende Menschenrechte“ nicht gewährleisten oder Korruption dulden.

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Politik und Verwaltung hätten im Vorjahr „einen Fehler begangen“, sagt der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, Jörg Detjen (Die Linke),  nicht ohne Selbstkritik. „Somit konnten die städtischen Bühnen machen, was sie wollten.“  Detjen sieht ein weiteres Versäumnis: „In Sachen Nachhaltigkeit wurden die Anlagenrichtlinien deutlich verbessert, aber der Sicherheitsstandard stand nicht im Fokus.“

Der drohende Verlust von 15 Millionen Euro bei der Greensill Bank und eine  mehr als doppelt so hohe Anlage bei der Bank of China haben die Fraktionen aufgeschreckt. Einstimmig folgte der Finanzausschuss Anfang der Woche einem Eilantrag der Grünen, der CDU und der Partei Volt, der eine „Verbesserung von Risikoerkennungssystemen“ bei Geldanlagen der Bühnen bezweckt. Zudem soll die Stadtverwaltung prüfen, ob ihre eigenen Richtlinien künftig auch für die Bühnen bindend sein sollen.

Es spricht alles dafür, dass es so kommen wird. „Ich würde mir eine Vereinheitlichung der Anlagerichtlinie wünschen und würde mich freuen, wenn sich die Betriebsausschüsse dafür aussprechen“, sagt die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Sandra Schneeloch. Die Finanzautonomie der eigenbetrieblichen Einrichtungen sei in der Vergangenheit durch die Wahl dieser Rechtsform entschieden worden. „Hier wäre noch einmal historisch zu betrachten, warum das zum damaligen Zeitpunkt jeweils so war.“

„Wir müssen das reparieren"

 SPD-Fraktionschef Christian Joisten fordert, den Bühnen, der Gebäudewirtschaft und den übrigen städtischen Betrieben schnellstmöglich einheitliche Regeln aufzuerlegen: „Wir müssen bei der Anlage städtischer Gelder einheitlich vorgehen, es kann nicht sei, dass jeder seine eigenen Maßstäbe ansetzt.“  Ähnlich äußert sich FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite: „Wir müssen jetzt handeln, um das zu das reparieren.“

CDU-Fraktionsvorsitzender Bernd Petelkau regt angesichts des Bühnendebakels an, zu überlegen, „welche Risikoklassen man bei städtischen Geldanlagen zulässt“.  Laut Gemeindeordnung müssen Kommunen „bei Geldanlagen auf eine ausreichende Sicherheit und einen angemessenen Ertrag“ achten.

Die städtischen  Richtlinien führen ergänzend dazu  auf: „Die Kapitalanlage hat mit der gebotenen Sachkenntnis und Sorgfalt zu erfolgen; die möglichen Risiken müssen bekannt, begrenzt und beherrschbar sein.“ Die Stadt gehe im Rahmen ihrer Vermögenslage „bewusst Marktpreisrisiken ein. Um diese so gering wie möglich zu halten, ist auf eine geeignete Mischung der gesamten Vermögensanlagen über unterschiedliche Anlageklassen zu achten.“

Selbstkritik: Zinsgewinn statt Sicherheit

In Frankfurt gilt die Sicherheit einer Geldanlage ausdrücklich als oberstes Gebot. In Münster besteht die Regel, „in der Abwägung zwischen den Aspekten Sicherheit und Ertrag wird der Sicherheit die höhere Priorität eingeräumt“. Linken-Ratsherr Detjen fragt sich, warum die Stadtverwaltung überhaupt langfristige Geldanlagen „mit Risiken“ tägigen sollte, wenn sie dringend kurzfristige Kredite abbauen müsse. Er spricht von einer „fatalen Richtlinie, die die Sicherheit nicht in den Mittelpunkt stellt, sondern den Zinsgewinn“.

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