Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

StadtratAfD leitet neuen Kölner Wirtschaftsausschuss – Was das bedeutet

4 min
Wahlkampfstand der AfD vor der Kommunalwahl in Porz (Symbolbild).

Wahlkampfstand der AfD vor der Kommunalwahl in Köln-Porz (Symbolbild).

Die Bedeutung der Ausschussvorsitzenden wird von den Kölner Ratspolitikern unterschiedlich eingeschätzt.

Am Tag nach der ersten konstituierenden Ratssitzung, in der die AfD ihren ersten Ausschussvorsitz in Köln bekam, bereiten sich die anderen Fraktionen auf den Umgang damit vor. Brigitta von Bülow, Bürgermeisterin und Ratsmitglied (Grüne), sagt: „Es ist wichtig, dass die demokratischen Parteien die AfD und das, was im Ausschuss vor sich geht, ganz genau beobachten.“ Laut AfD-Fraktionsgeschäftsführer Matthias Büschges ist die Fraktion sich bewusst, dass es „kein einfacher Ausschussvorsitz“ werde.

Wie berichtet, leitet ein Vertreter oder eine Vertreterin aus der achtköpfigen AfD-Fraktion für die kommenden fünf Jahre den Ausschuss für Wirtschaft und Digitalisierung.

Ursprünglich hätte die AfD aufgrund ihres Wahlergebnisses im Stadtrat an Position acht einen Ausschussvorsitz auswählen dürfen. Doch Grüne (22 Sitze), CDU, SPD (jeweils 18 und nicht wie gestern fälschlicherweise berichtet 19 Sitze), Linke (10), Volt (5) und FDP/KSG (4) hatten sich auf einer gemeinsamen Liste zusammen geschlossen und sich so durch das zu Grunde liegende komplizierte Rechenverfahren, das sich an den Stimmanteilen im Rat orientiert, neun Ausschüsse gesichert.

Deshalb durfte die AfD erst an zehnter Position auswählen – und die Fraktion der in Teilen rechtsextremen Partei entschied sich für den Ausschuss für Wirtschaft und Digitalisierung. Der war offenbar keiner der anderen Fraktionen wichtig genug für eine frühere Wahl, auch der CDU nicht, die sich als Partei der Wirtschaft versteht. CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau sagte: „Wir bedauern das sehr, aber es ließ sich nicht verhindern angesichts der Vielzahl wichtiger Themen.“ Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer sagte: „Die Ausschussvorsitze werden nach der Gemeindeordnung verteilt. Es war absehbar, dass die AfD einen Vorsitz erhält.

Ein anderer sagt: „Wirtschaft und Digitalisierung sind Themen, die wenig mit dem Thema der AfD, den Ausländern, zu tun haben.“ Inhaltlich werde sich deshalb nicht so viel ändern, zumal die Ausschüsse für Digitalisierung und Wirtschaft häufig nur vorberaten und die finanziellen Entscheidungen über ein bestimmtes Budget später im Rat fallen. Ein Ratsmitglied sagt: „Im Wirtschaftsausschuss werden künftig nur noch die Pflichtvorlagen der Verwaltung bearbeitet, er wird an Bedeutung verlieren.“

Rest des Kölner Rates schloss sich für Ausschussverteilung zusammen

Aus der AfD-Fraktion ist zu hören, dass sie gerne den Rechnungsprüfungsausschuss bekommen hätte, der zuständig ist für die Vorlegung der Berichte über die Prüfung des Jahres- und Gesamtabschlusses der Stadt. Der zählte aber zu den Ausschüssen, den die anderen Fraktionen als zu relevant eingestuft hatten, um zu riskieren, dass die AfD ihn führen könnte. Zu den ersten neun Ausschüssen, die die anderen Fraktionen sich vorab sicherten, zählen zudem der für Verkehr, Soziales, Umwelt, Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen, Stadtentwicklung, Finanzen, Sport und Kultur. Übrig wäre zum Beispiel auch noch der Schulausschuss gewesen. Dem Vernehmen nach ist man im Rat froh, dass die AfD zumindest nicht diesen Ausschuss gewählt hat. 

Wer aus der AfD-Fraktion den Vorsitz des Wirtschaftsausschusses übernimmt, will sie Anfang kommender Woche mitteilen. In der Fraktion kursieren derzeit die Namen von Stefan Boyens als Fraktionsvorsitzender, der ehemaligen Landtagsabgeordneten (2017 bis 2022) Iris Dworeck-Danielowski wegen ihrer „parlamentarischen Erfahrung“ und des derzeitigen Kölner Parteichefs Christer Cremer.

Welche Rolle ein Ausschussvorsitzender hat

Der Ausschussvorsitzende hat vor allem drei Aufgaben. Erstens: Die Sitzung einzuberufen, die Tagesordnung festzustellen und die Sitzung zu leiten. Hört man sich unter bisherigen Ausschussvorsitzenden um, erhält man unterschiedliche Aussagen zur Wichtigkeit ihrer Aufgabe: „Die Macht wird allgemein überschätzt.“ Oder auch: „Man hat schon Einfluss auf die Gestaltung der Tagesordnung.“

„Ohne eine Mehrheit kann der Vorsitzende nicht viel ausrichten“, sagt ein Ratsmitglied. Teresa De Bellis-Olinger ist wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU, sie sagt: „Wir haben so starke Sprecher, dass ich mir keine Sorgen machen. Die Sprecher haben generell eine höhere Bedeutung als der Ausschussvorsitzende, der die Sitzung leitet.“ 

Wie blickt die AfD selbst auf die Funktion des Ausschussvorsitzes? Stephan Boyens, Vorsitzender der AfD-Fraktion, sagt: „Als Ausschussvorsitzender kann man keine großen politischen Akzente setzen, das kommt der Rolle nicht zu. Dafür sind die normalen Mitglieder zuständig.“ Im Wirtschaftsausschuss wird die AfD allerdings nur mit ihrem oder ihrer Vorsitzenden vertreten sein. Boyens nennt den oder die Ausschussvorsitzende „erst einmal einen Dienstleister“, der den Ausschuss „technisch führt und das effizient und gerecht.“ 

AfD sitzt auch Düsseldorfer Wirtschaftsausschuss vor

Köln ist mit dem Thema nicht alleine: Auch in Düsseldorf bildeten die anderen Fraktionen eine Gemeinschaft, sodass die AfD nur den Vorsitz im Wirtschaftsausschuss bekommt. Der unterlegene AfD-Oberbürgermeister-Kandidat Claus Henning Gahr leitet das Gremium. Und im Landtag hat Hartmut Beucker den Vorsitz des Wissenschaftsausschusses inne.

Ohnehin ändert sich die politische Arbeit in den Ausschüssen: Ab sofort hat die AfD, anders als in der Vergangenheit, in jedem Ausschuss ein stimmberechtigtes Mitglied sitzen. Zuletzt hatte die Fraktion beispielsweise im Hauptausschuss zwar einen Sitz, aber eben nur beratend und nicht mit Stimmrecht. Wollten die anderen Fraktionen sich etwa zu einem Vor-Ort-Termin oder zu einem Gespräch ohne die AfD treffen, konnten sie nur die stimmberechtigten Mitglieder einladen. Das geht nun nicht mehr.