Polizei warnt vor Ablenk-TrickDiebe überrumpeln Kölnerin auf Parkplatz

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Ingrid Rieke

Ingrid Rieke wurde auf einem Supermarktparkplatz von den Tätern überrumpelt.

Köln – Ingrid Rieke fühlt sich ein wenig kraftlos, als sie an jenem Donnerstagmittag Ende Juli auf dem Lidl-Parkplatz an der Olpener Straße in Merheim in ihr Auto steigt. Erschöpft vom Einkaufen und zusätzlich geschwächt von einem Krankenhausaufenthalt, der erst ein paar Tage zurückliegt. Sie hat gerade hinter dem Steuer Platz genommen, da klopft ein Mann neben ihr an die Scheibe.

Der Fremde mit dem rundlichem Gesicht deutet mit seinem Zeigefinger auf den rechten Hinterreifen von Riekes Jaguar. Auch das noch, denkt die 72-Jährige. „Ich dachte, mein Reifen ist platt“, erinnert sie sich im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Rieke steigt aus, geht nach hinten und sieht ein paar Münzen, die neben dem Reifen liegen. Irritiert geht sie in die Hocke, um sich das Rad näher anzuschauen, sieht aber nichts Ungewöhnliches. Als sie sich aufrichtet, bemerkt sie, dass ihre Beifahrertür zugeschlagen wird, der vermeintlich freundliche Helfer und ein weiterer Mann laufen mit ihrer Handtasche davon, die auf dem Beifahrersitz lag.

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„Das war wie im Film“, sagt Rieke. „Ich wollte um Hilfe schreien, aber ich fühlte mich ganz steif, ich war zu nichts in der Lage.“ Erst als ein Zeuge ihr zur Hilfe eilt, der alles mitangesehen hat, kommt sie allmählich wieder zu sich.

Bisher ungefähr 100 Opfer der Ablenk-Masche in Köln

Die Rentnerin ist eines von ungefähr hundert Opfern in Köln, die schon auf die Trickdiebe mit der Ablenk-Masche hereingefallen sind. Ungefähr 70 Taten zählte die Kripo im Vorjahr, dieses Jahr sind es bisher um die 30. Die Täter sind vor allem in der Innenstadt unterwegs, aber auch in Deutz, in Kalk und eben in Merheim.

Die Polizei warnte schon kurz vor Weihnachten, als die Fallzahlen in Köln stark anstiegen: „Verriegeln Sie die Türen, wenn Sie im Fahrzeug sitzen, steigen Sie nicht überhastet aus. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie aus dem Fahrzeug gelockt werden sollen, bleiben Sie sitzen und verständigen Sie die Polizei.“ Aber Ingrid Rieke kannte die Masche nicht, für sie kommen die Tipps zu spät.

Auch heute noch, drei Wochen danach, hat sie das Geschehen nicht verarbeitet, sagt sie. „Ich bin jemand, der anderen immer gerne hilft, und nun bin ich auf so etwas reingefallen.“ In ihrer Handtasche waren ihre Haus- und Autoschlüssel, ihr Reisepass, Scheckkarten, 350 Euro und eine wertvolle Halskette, die ihr Mann ihr zum 50. Hochzeitstag geschenkt hat. Nur eine Stunde nach der Tat, während Rieke noch mit der Polizei auf dem Parkplatz stand und Strafanzeige stellte, hoben die Täter in Siegburg mit der erbeuteten EC-Karte 1000 Euro an einem Geldautomaten ab. Die 72-Jährige glaubt, dass die Männer sie bereits beim Bezahlen im Supermarkt beobachtet und ihre PIN ausgespäht haben könnten. Auf den Videobändern des Geschäfts seien die Verdächtigen allerdings nicht zu erkennen.

Münzen

Diese Münzen hatten die Trickbetrüger neben das Hinterrad von Riekes Auto gelegt, um die 72-Jährige zu verwirren.

Nun alles wieder zu beschaffen, kostet Zeit, Geld und Nerven. Um einen neuen Pass zu beantragen, muss die Schweizerin nach Frankfurt zum Generalkonsulat. „Zum Glück nimmt mein Sohn mir ganz viel ab“, sagt Rieke. Sie hat die Schließanlage im Haus austauschen lassen. Ihr Auto parkt sie seit der Tat weit von zu Hause weg, damit die Diebe es nicht finden und damit wegfahren, sollten sie es darauf anlegen. Die drei Tage nach der Tat seien die schlimmsten gewesen, schildert Ingrid Rieke. „Da hätte ich nur in der Ecke sitzen und heulen können.“ Inzwischen habe ihre Familie sie einigermaßen wieder aufgerichtet.

Von den Trickdieben fehlt bis heute jede Spur. Der Geldautomat in Siegburg ist nicht videoüberwacht, die Ermittlungsansätze für die Polizei sind rar – wie  in vielen ähnlich gelagerten Fällen auch. Die Kripo setzt neben ihren Ermittlungen auf Präventionshinweise wie: „Lassen Sie Ihre Wertsachen nicht offen im Fahrzeug liegen“ oder „Schauen Sie sich um, ob Sie verdächtige Personen sehen“.

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Auch Ingrid Rieke möchte andere vor den Betrügern warnen, sagt sie. Allein in ihrem engeren Umfeld seien in den vergangenen Wochen drei ältere Menschen auf dieselbe Weise bestohlen worden wie sie: zwei im Auto vor der Kirche, einer auf einem Supermarktparkplatz.

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